Samstag, 19. August 2017

Hypochonderin beim Lungenarzt

Neulich saß ich bei meiner Freundin auf der Terasse. Sie erzählte mir, dass ihr Mann eine Thrombose im Bein hat. Ich erkundigte mich sofort nach den Anzeichen und der Prognose. 

Noch in derselben Nacht bekam ich auch eine Thrombose, glaube ich jedenfalls. Eine tiefe Venenthrombose, genau dieselbe Sache. Für ungefähr 15 Minuten hatte ich alle Symptome. Meine Wade tat weh, das Bein wurde heiß und ich erwartete minütlich eine Lungenembolie. Sicherheitshalber lief ich ein paar Schritte durch die Wohnung; wenn nun auch die Ferse beim auftreten weh getan hätte, wäre das Ende nah gewesen. 

Ich bin eine sehr empathische Hypochonderin. Alles, was man mir erzählt, bekomme ich ein paar Stunden später. Zur Not auch Dackelstaupe.

Neulich beim Lungenfacharzt musste ich mir so ein Gerät abholen, das über Nacht prüft, ob ich Atemaussetzer habe. Ich war schockiert, dass man mir das Ding nicht einfach an der Rezeption in die Hand gab. Nein, ich musste für meine Verhältnisse umfangreiche Untersuchungen über mich ergehen lassen, die mich in Todesangst versetzten. 

Nicht, weil die Untersuchungen selbst unangenehm gewesen sind. Nein, aber die Befunde und vor allem die Zufallsbefunde: schnell hat man da eine Diagnose am Hacken, die kein Mensch braucht.

Am nächsten Morgen brachte ich alles zurück und saß zitternd dem Arzt gegenüber, der aber nur sagte, es sei alles im grünen Bereich. Da wurde ich übermütig.

"Wissen Sie, ich hab so eine Angst vor Lungenkrebs."

"Dann hörnse halt auf zu rauchen."

"Gute Idee. Aber mal was anderes: würden Sie mir mal die Lunge röntgen?"

"Nö."

"Nö?"

"Nö. Weshalb sollte ich?"

"Naja, um mal zu gucken, ob ich Lungenkrebs habe."

"Nö."

"Wissen Sie, dass ich all meinen Mut zusammengenommen habe, um Ihnen diese Frage zu stellen?"

"Schön, aber was soll das bringen? Wenn ich Ihnen die heute röntge und alles ist okay, sagt das gar nichts, das kann in drei Wochen oder drei Monaten schon ganz anders aussehen. Wenn Sie plötzlich Gewicht verlieren, Blut husten und Fieber bekommen, dann kommen Sie wieder und ich röntge Ihre Lunge."

 "Also heute nicht?"

"Auf gar keinen Fall."

 Der hatte bestimmt schon sein Budget für Röntgenaufnahmen verballert. 

 

21 Kommentare:

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    1. Danke für den wunderbaren Link. Aber du weißt schon, dass ich das Drehbuch geschrieben habe.

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  2. seufz* Ich bin mit einem waschechten Hypochonder verheiratet. Nicht witzig, aber nobody is perfect. Um seine Hypochondrie auszugleichen, meide ich Ärzte wie der Teufel das Weihwasser. ;)

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  4. Obwohl ich immer über deine Einträge lachen muss, wenn sie von Hypochondrie etc. handeln, muss ich doch zugeben...breitet sich in meiner Umgebung eine Krankheit aus - hier sehr beliebt Magen-Darm, verspüre ich garantiert kurz danach ebenfalls leichte Übelkeit......eine Freundin von mir hat die Diagnose Darmkrebs bekommen, seither habe ich zwar keine Darmprobleme aber oft abends krampfartige Magenschmerzen bzw. Schmerzen in der Bauchgegend..mal rechts, mal links...so ganz immun gegenüber andermans Krankheiten bin ich wohl auch nicht. Eine wieder andere Freundin hat garantiert schon alle Krankheiten gehabt. Plagte mich im Frühjahr die Gürtelrose und musste wegen der Schmerzen tatsächlich und eigentlich gegen meinen Willen 2 Wochen zu Hause bleiben, erzählte besagte Dame, dass sie die vorher gehabt hätte (allerdings war sie relativ quitschfidel). Sie hatte alles, was eine von uns haben könnte. Ohrstürze bis zum Umfallen, Bandscheibenvorfälle, Venenveränderungen, sie trägt seit Monaten Tapes an der Wade um Schmerzen zu lindern.......bei ihr scheint es sich aber nicht um einen Fall von Hypochondrie zu handeln, was ich zumindest bei dir als sehr sympathisch empfinde - nein bei ihr liegt der Fall anders. Sie muss im Vordergrund stehen und hat irgendjemand etwas, hatte sie das auch oder sie hat gerade just jetzt etwas weit schlimmeres, damit sie wieder im Fokus der Unterhaltung steht. Das ist auf Dauer weder unterhaltsam, noch fördert es mein "Mitleid". Es ist schlichtweg anstrengend.

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    1. Letztendlich haben wir alle Angst davor, six feet under zu landen, womöglich noch vor der Zeit... ich glaube, Hypochonder können das nur schwerer verdrängen ;)
      Deine Kollegin allerdings hat aber wohl ein anderes Defizit. Würde mir auch schwer auf die Murmel gehen...

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  5. Finger tief in die Lunge stecken, feste umrühren, rausziehen: wenn Teer dran ist, zum Doc. Ansonsten weiterqualmen.

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  6. Gestern sah ich einen Beitrag im Fernsehen...da hab ich zum ersten mal gesehen, wie die Asche eines Verstorbenen als Rakete in den Himmel geschossen wurde...ein schönes Ende........ich als leuchtende Rakete im Nachthimmel....evtl. müsste man dafür in der nähe von Berlin bzw. Tchechien sterben...seufz....

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    1. Man kann sich sogar zum Diamanten verarbeiten lassen. Auch wenn ich das Sterben grundsätzlich anprangere, ist das eine weitaus schönere Vorstellung, als unter der Erde... naja, du weisst schon.

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  7. Seitdem mein Schwager mir davon erzählte, dass sein bester Freund ihm nach dem Volleyballtraining in der Umkleide erzählte, er habe gerade Blut in seinem Urin entdeckt, und dieser beste freund keine drei Monate später tot war (nierenkrebs), seitdem gucke ich mir nach jedem Pinkeln genau an, was ich da gepinkelt habe. Und wehe, ich habe vorher Rote Bete gegessen.

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    1. Es gibt einfach viel zu viel, das man an sich beobachten können. Wenn man da einmal mit anfängt, kann man nie wieder damit aufhören. Schlimme Sache.

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  8. Rote Bete ist der Horror. Rote Horrorbete.

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    1. Ich liebe Rote Bete. Man darf halt nur nicht vergessen, dass man sie gegessen hat, sonst hat man ein paar unangenehme Momente.

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    2. Oh ja. Die hat man. Und ich beobachte mich seit einigen Tagen sehr genau, registriere jedes Zwicken und werfe immer einen Kontrollblick ins Klo. Dein Post ist ansteckend. Die Kommentare auch. Setz da mal nen Warnhinweis drüber. 😖

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    3. Dein Mann hat dich wohl angesteckt? Ich stell mir ja ein Leben mit einem Hypochonder ganz lustig vor. Dann hat sich immer was zu erzählen. Ich stell mir ja ein Leben mit einem Hypochonder ganz lustig vor. Dann hat sich immer was zu erzählen. ;)

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    4. Ups. Keine Ahnung, weshalb der Satz zweimal erscheint. Worauf deutet das nun wieder hin?

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    5. Darauf, dass hier ein Virus drin ist?

      Und wenn du ein sehr mütterlicher Typ bist (also so ganz anders als ich), dann ist ein Hypochonder bestimmt eine gute Wahl. Egal. Ich liebe ihn trotzdem und er mich auch und DAS macht ihn zum Alltagshelden. ;))

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    6. Ich hoffe bei Gott, dass ich kein mütterlicher Typ bin. Meine Freunde nennen mich Frau Gräfin. Was zugegeben, auch nicht viel besser ist.

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