Da die Landsberger Allee sehr weit weg von meinem Grab im Grünen liegt, schloss ich mich dem anschließendem Besäufnis nicht an, sondern fahndete nach einem Drive-now Mini. Fand auch einen, 600 Meter entfernt. Ich reservierte und lief los, keine zwei Minuten später machte der Akku schlapp und ich stand im Nirgendwo und versuchte mich angestrengt zu erinnern, wo das Auto steht. Von der Conrad-Blenkle-Straße links auf die Landsberger Allee, dann die nächste rechts - meinte ich. Als ich in die Hausburgstraße einbog, wurde mir schwummrig. Ganz schön duster da.
Ich lief und lief, kein Auto da. Jedenfalls keins, an dem ein grünes Lämpchen brennt. Meine Schritte hallten durch die Dunkelheit und lange konnte es nicht mehr dauern, bis mich ein Kettensägenmörder wittert. Der Mensch hat nachts draußen nichts zu suchen. Es wurde immer gruseliger und ich drehte um. Wieder zurück auf die Landsberger Allee, links in die Ebertystraße, da war Leben auf der Straße, aber kein grünes Lämpchen.
Ich lief weiter, links in die Kochhannsstraße und schwupps war ich wieder in der scheißgruseligen Hausburgstraße. Ich versuchte es mit der Hermann-Blankenstein-Straße, in der es noch schlimmer wurde und dann bog ich nach links auf eine Art Feldweg ab, links neben mir eine Wiese, rechts eine Industriebrache - ich verzweifelte und sehnte mich nach meinen Kollegen, die jetzt alle traulich im "Leibarzt" sitzen und keine Gefahr liefen, abgemurkst zu werden. Ich war von Gott, der Welt und meinem Handy verlassen. Mich hatten sie vorhin das letzte Mal gesehen und am Sonntag wird in der Zeitung über meine mundgerechte Zerstückelung zu lesen sein; ob das dann auch in den Pressespiegel kommt?
Ich verfluchte, dass ich kein Auto habe und kein Handy, dass sich nicht gleich leersaugen lässt vom Navi und versprach mir, gleich morgen beides zu kaufen, falls ich diesen suizidalen Spaziergang überleben sollte.
Endlich wieder auf der Landsberger Allee angekommen, schien sie mir wie der vertrauenerweckendste Ort der Welt. Ich schaute mich suchend nach der S-Bahn um und hielt einen Radfahrer an, der mir freundlich alle Möglichkeiten erklärte, wie ich hier weg komme.
Eine Stunde später war ich zuhause. Wie durch ein Wunder habe ich überlebt. Und ein Foto von mir und Werner Otto. Ein übrigens ganz feiner Mann.