Kiepenheuer & Witsch Sommerfest im Literarischen Colloquium. Da bin ich natürlich dabei. Zum einen, weil die Auftragsmörderin dort liest und zum anderen ist Sven Regener auch da. Neben zig anderen Autoren, die ich auch ein bisschen anbete. Vieles, was Rang und Namen hat, versammelt am Wannsee an einem Sommerabend, der sich zwar als Vorgeschmack auf einen stürmischen Herbst entpuppt, aber was tut man nicht alles für die Kunst.
Die Anneliese Rothenberger der Haarkunst - Frank Schätzing - ist auch vor Ort und hat in Wirklichkeit gar nicht so viele Haare. Ich glaube, der sprüht sich Kunsthaare oben druff, wenn er ins Fernsehen muss. Zufrieden wie ein frisch gestilltes Baby saß er in der Gegend rum und machte kein Aufhebens um sich. Das nahm ihn für mich ein, wenn ich auch kein Buch von ihm gelesen habe, weil ich der Spiegel-Bestsellerliste grundsätzlich nicht über den Weg traue. Ich hatte mal ein Versuch gestartet mit "Der Schwarm", aber über 100 Seiten bin ich nicht hinausgekommen. Allein, dass Wale, die immer wieder an den selben Ort kommen (oder womöglich immer am selben Ort bleiben, so genau erinnere ich das nicht mehr), jedenfalls, dass diese Wale "Residents" genannt werden, habe ich mir gemerkt. Das erinnerte mich irgendwie an die Hells Angels. Die haben doch auch so innovative Funktionsbezeichungen. Prospect, Hangaround, Supporter und ganz besonders durchgeknallt: Sergeant of Arms. Toll.
Anyway, nicht nur, dass es sehr stürmisch war, es regnete auch häufig. Deshalb fielen die Lesungen draußen ins Wasser und alles quetschte sich in das beeindruckende Haus, ach was sage ich, in die Villa oder ist das schon ein Gutshaus oder ein Palais?
Jedem Autoren und jeder Autorin wurde eine verliebt agierende Lektorin zur Seite gesetzt, was dann Interviews ergab, die eher an Ergebenheitsadressen erinnerten. Aber ich kann das verstehen. Wenn man schon mit knapp unter oder über 30 Jahren ein Schwergewicht der Literaturszene verbessern darf, dann würde ich das auch einen richtig geilen Job nennen und nur noch strahlen. Man kommt sich bestimmt näher und ist sich zugetan. Ich beneide auch immer die Auftragsmörderin, wenn sie von "ihrer" Lektorin spricht. "Schau mal, da drüben, die blonde Frau da, die war meine erste Lektorin." Lektorinnen sind alle blond. So gesehen wäre das auch der passende Job für mich.
Obwohl ich auch gerne Synchronsprecherin wäre, spätestens als Christian Brückner an uns vorbeiläuft, den aber nur ich erkenne und als ich die anderen darauf aufmerksam mache, dass eben die deutsche Stimme von Robert de Niro an uns vorbeigelaufen ist, hören die Entzückensschreie überhaupt nicht mehr auf. Wir zählen unsere Lieblingssynchronstimmen auf und ich denke wieder, geiler Job. Wär was für mich.
Als es sonniger wird, verweilen wir eine ganze Weile direkt unten am Wasser und hören die Lesungen von mir gänzlich unbekannten Autorinnen, die aber sensationell gut schreiben, zum Beispiel diese hier
Dass ich sie nicht kenne, liegt nur an mir, ich bin wohl nicht mehr auf der Höhe der Zeit, seitdem ich die Verlagsbranche verlassen habe, um einen inzwischen gänzlich ungeliebten und zuschanden umstrukturierten Job mit einer Mischung aus Frust und Resignation, was wohl dasselbe ist, mit halbwegs Leben zu füllen. Was mir von Tag zu Tag weniger gelingt, aber das ist ein anderes Thema.
Oben am Haus stehen sich die Leute die Beine in den Bauch, um Maxim Biller und Karen Duve zu lauschen, was ich verpasse, weil ich lieber sitze und was ich mir später nicht verzeihe, vor allem wegen Karen Duve, die ich nur jedem empfehlen kann. Sie soll toll gewesen sein, was zweifellos stimmt.
Burkhard Klausener, dem Jörg Thadeusz zur Seite sitzt, verpasse ich auch und damit habe ich eigentlich schon jeden und jede verpasst, die ich un-be-dingt hören wollte, aber ich schwor mir, Sven Regener würe ich mich zu Füßen werfen, komme, was wolle. Ich bekam dann auch direkt einen Sitzplatz auf der sturmumtosten Terasse, weil nach Klausener und Thadeusz alle schnell nach drinnen flüchteten und da blieb ich sitzen, obwohl erst noch eine andere selbstverliebte Autorin mit einer weiteren schwerverliebten, blonden Lektorin dran war, aber diesen Sitzplatz würde mir niemand mehr streitig machen, so wahr mir Gott helfe.
Als Regener dann endlich kam, mit einem der Bosse von KiWi, war ich schon so durchgefroren, dass ich dachte, Oha, das wird hart jetzt, aber für Svenni mache ich das. Ich hielt fünf Minuten durch, denn das Gelobhudel vom Verlagsboss, von Regener vollkommen reglos retourniert (er gab den Prinz von Homburg), was ich auch einehmend fand, weil ich ja schlechtgelaunte Männer immer besonders reizvoll finde, jedenfalls das Gehuddel und die Kälte, ich bekam schon Halsschmerzen, ich gab auf und rettete mich nach drinnen, da wurde seine Lesung übertragen und ich kann euch sagen, besser und mitreißender hat noch nie jemand gelesen. Dann dachte ich, Sven Regener zu sein, muss auch ein guter Job sein.
Dienstag, 28. August 2018
Samstag, 25. August 2018
Der richtige Mann mit der falschen Passion
"Weißt du, es nützt überhaupt nichts, eine Spinne nach draußen zu tragen, außer du läufst mit ihr mindestens zwei Kilometer weit weg, die will nämlich unbedingt in deine Wohnung zurück und die findet sie auch, weil da nämlich ein Weibchen bei dir sitzt. Spinnen, die in deine Wohnung kommen, sind nur verwirrte Männchen auf der Suche nach dem Weibchen."
Aha.
"Und weißt du, wie die Sex haben? Jedes Spinnenmännchen hat zwei Penisse auf dem Kopf und das Weibchen hat ihre Vagina praktisch mitten auf dem Bauch. Und das Männchen muss das Weibchen erstmal fesseln, damit es mit seinem Kopf auf ihren Bauch kommt und dann wird er anschließend meist gefressen, wenn er sich nicht schnell vom Acker macht. Und wenn dann die Spiderlinge schlüpfen, werden sie von der Mutter gefressen, wenn sie Pech haben."
Unsympathische Familienverhältnisse.
"Lustig wird es immer, wenn ich Anrufe bekomme, weil die eine Spinne in einer Banane gefunden haben und ob sie die uns jetzt bringen können. Dann kommen da Männer in Schutzanzügen und Polizisten mit den Händen an der Waffe und dann geben die mir eine Tupperschüssel so vorsichtig, als ob eine Handgranate drin wäre und dann sind sie enttäuscht, weil ich ganz enttäuscht bin. Ist nämlich in 17 Jahren nicht vorgekommen, dass die was anderes als eine ganz normale heimische Spinne anschleppen."
Eine Frage habe ich dann doch noch.
"Stimmt es, das Spinnen in unsere Münder krabbeln, wenn wir schnarchen?"
"Sind Spinnen suizidal? Nein. Vielleicht krabbelt dir mal eine versehentlich über das Gesicht. Aber nur, weil sie das Weibchen sucht."
Gespräch am Ende eines Seminars, draußen im Gartencafé. Mit einem Mann, der wissenschaftlich mit Spinnen zu tun hat. Eine geschätzte Koryphäe. Eine engere Verbindung kann leider nicht entstehen, denn daheim hat er sechs Vogelspinnen, die manchmal auch ausbüxen. Da hilft auch nicht, dass er sagt, eine Vogelspinne warne ja Gottseidank vorher, wenn sie beißen will. Stellt die Vorderbeine in die Luft, reißt das Maul auf, da weiß man dann gleich Bescheid und streichelt sie lieber nicht weiter.
Er will gerne meine Spinnenphobie heilen. Ich soll ihn mal besuchen kommen, entweder im Museum, da sind dann alle tot (er katalogisiert sie), oder bei ihm zuhause, mit den echten Vogelspinnen, das sei noch besser.
Ich lehne dankend ab und denke, irgendwas ist immer.
Aha.
"Und weißt du, wie die Sex haben? Jedes Spinnenmännchen hat zwei Penisse auf dem Kopf und das Weibchen hat ihre Vagina praktisch mitten auf dem Bauch. Und das Männchen muss das Weibchen erstmal fesseln, damit es mit seinem Kopf auf ihren Bauch kommt und dann wird er anschließend meist gefressen, wenn er sich nicht schnell vom Acker macht. Und wenn dann die Spiderlinge schlüpfen, werden sie von der Mutter gefressen, wenn sie Pech haben."
Unsympathische Familienverhältnisse.
"Lustig wird es immer, wenn ich Anrufe bekomme, weil die eine Spinne in einer Banane gefunden haben und ob sie die uns jetzt bringen können. Dann kommen da Männer in Schutzanzügen und Polizisten mit den Händen an der Waffe und dann geben die mir eine Tupperschüssel so vorsichtig, als ob eine Handgranate drin wäre und dann sind sie enttäuscht, weil ich ganz enttäuscht bin. Ist nämlich in 17 Jahren nicht vorgekommen, dass die was anderes als eine ganz normale heimische Spinne anschleppen."
Eine Frage habe ich dann doch noch.
"Stimmt es, das Spinnen in unsere Münder krabbeln, wenn wir schnarchen?"
"Sind Spinnen suizidal? Nein. Vielleicht krabbelt dir mal eine versehentlich über das Gesicht. Aber nur, weil sie das Weibchen sucht."
Gespräch am Ende eines Seminars, draußen im Gartencafé. Mit einem Mann, der wissenschaftlich mit Spinnen zu tun hat. Eine geschätzte Koryphäe. Eine engere Verbindung kann leider nicht entstehen, denn daheim hat er sechs Vogelspinnen, die manchmal auch ausbüxen. Da hilft auch nicht, dass er sagt, eine Vogelspinne warne ja Gottseidank vorher, wenn sie beißen will. Stellt die Vorderbeine in die Luft, reißt das Maul auf, da weiß man dann gleich Bescheid und streichelt sie lieber nicht weiter.
Er will gerne meine Spinnenphobie heilen. Ich soll ihn mal besuchen kommen, entweder im Museum, da sind dann alle tot (er katalogisiert sie), oder bei ihm zuhause, mit den echten Vogelspinnen, das sei noch besser.
Ich lehne dankend ab und denke, irgendwas ist immer.
Samstag, 18. August 2018
Glumm macht mit
https://glumm.wordpress.com/2018/08/18/mein-blogger-huerdenlauf/
Und er hat interessante Dinge gefunden.
Und er hat interessante Dinge gefunden.
Mittwoch, 15. August 2018
Sommer in Berlin
Hätte nie gedacht... schon komisch...aber... ich friere.
War schon schön, diese Hitze, ich bar jedes Zipperleins, außer diesem Geschwitze, jeden Abend freute man sich, wenn es gegen 22 Uhr auf 32 Grad abkühlte und gegen Mitternacht sogar nur noch 30 Grad, da fuhr ich doch herrlich matt nach Hause. Hitze macht ja alles so endlos, im schlechten wie im guten. Man ist still, innen wie außen.
Ich hatte mir zwar wolkenverhangene, regnerische Tage gewünscht, aber das war natürlich Quatsch. Da war ich nicht ganz bei mir.
Wir treffen uns beinah jeden Abend zum DoKo, es ist eine richtige Manie draus geworden in diesem Sommer, wir müssen ja auch das hochschwangere Küken ablenken, das beschäftigungslos in der Wohnungshitze unterm Dach darbt, da konnten wir sie nicht allein lassen. Ich spielte zwar abenteuerlichen Scheiß zusammen, weil mir das Gehirn weggebrannt war, aber das machte nix. Es waren ja alle zu schlaff, um mich zu exmatrikulieren.
Gestern unterhielten wir uns darüber, dass in der Zeitung stand, dass bis 2022 alle Sommer so heiß werden.
Das werden völlig neue Zeiten auf dem Wohnungsmarkt. Souterrain-und Erdgeschosswohnungen werden ganz neue Mode und Dachgeschosswohnungen werden auf dem Markt nur noch'n Appel und'n Ei kosten, "Tausche DG gegen Kellerwohnung".
"Aber", sagte ich, "wir haben einen sicheren Ort. Ich hab jetzt die Klimaanlage und wir können uns immer bei mir treffen, da sind wir safe."
Die Auftragsmörderin, von Gefühlen überwältigt, weil sie gerade mal wieder das Rauchen aufgibt (nur noch 5 pro Tag) erklärt uns kollektiv ihre Liebe und dabei schimmern doch glatt ihre Augen. Wir hatten ja schon Sonntag alle geweint, als wir im Kino waren, Mamma Mia Teil 2, thematisch geht's da um abwesende Mütter, tolle Mütter, grausige Mütter, Mütter, die als Geist erscheinen und Großmütter, die wie Lady Gaga aussehen - da kann jede Fraumitreden mitheulen.
Das hochschwangere Küken bekommt auch feuchte Augen, dabei hatte sie schon ein paar Stunden zuvor bei IKEA weinen müssen, weil der Kindsvater grummelig neben ihr hertrottete. Sie hält sich tapfer und an dem Tag, als sie zu ihrer Baby-Überraschungsparty zu Fuß den ganzen Mehringdamm hoch bis tief hinein ins Fliegerviertel latschte (zum Babysitten, wie sie dachte), trug sei einen selbstgebackenen Kuchen dabei, bei 38 Grad im Schatten - da kann mal auch bei IKEA heulen, finde ich.
Anyway, ich habe jetzt noch mal Urlaub genommen, ich verprasse den, das Wetter ist zu schön. Es könnt' nur ein bisschen wärmer sein.
War schon schön, diese Hitze, ich bar jedes Zipperleins, außer diesem Geschwitze, jeden Abend freute man sich, wenn es gegen 22 Uhr auf 32 Grad abkühlte und gegen Mitternacht sogar nur noch 30 Grad, da fuhr ich doch herrlich matt nach Hause. Hitze macht ja alles so endlos, im schlechten wie im guten. Man ist still, innen wie außen.
Ich hatte mir zwar wolkenverhangene, regnerische Tage gewünscht, aber das war natürlich Quatsch. Da war ich nicht ganz bei mir.
Wir treffen uns beinah jeden Abend zum DoKo, es ist eine richtige Manie draus geworden in diesem Sommer, wir müssen ja auch das hochschwangere Küken ablenken, das beschäftigungslos in der Wohnungshitze unterm Dach darbt, da konnten wir sie nicht allein lassen. Ich spielte zwar abenteuerlichen Scheiß zusammen, weil mir das Gehirn weggebrannt war, aber das machte nix. Es waren ja alle zu schlaff, um mich zu exmatrikulieren.
Gestern unterhielten wir uns darüber, dass in der Zeitung stand, dass bis 2022 alle Sommer so heiß werden.
Das werden völlig neue Zeiten auf dem Wohnungsmarkt. Souterrain-und Erdgeschosswohnungen werden ganz neue Mode und Dachgeschosswohnungen werden auf dem Markt nur noch'n Appel und'n Ei kosten, "Tausche DG gegen Kellerwohnung".
"Aber", sagte ich, "wir haben einen sicheren Ort. Ich hab jetzt die Klimaanlage und wir können uns immer bei mir treffen, da sind wir safe."
Die Auftragsmörderin, von Gefühlen überwältigt, weil sie gerade mal wieder das Rauchen aufgibt (nur noch 5 pro Tag) erklärt uns kollektiv ihre Liebe und dabei schimmern doch glatt ihre Augen. Wir hatten ja schon Sonntag alle geweint, als wir im Kino waren, Mamma Mia Teil 2, thematisch geht's da um abwesende Mütter, tolle Mütter, grausige Mütter, Mütter, die als Geist erscheinen und Großmütter, die wie Lady Gaga aussehen - da kann jede Frau
Das hochschwangere Küken bekommt auch feuchte Augen, dabei hatte sie schon ein paar Stunden zuvor bei IKEA weinen müssen, weil der Kindsvater grummelig neben ihr hertrottete. Sie hält sich tapfer und an dem Tag, als sie zu ihrer Baby-Überraschungsparty zu Fuß den ganzen Mehringdamm hoch bis tief hinein ins Fliegerviertel latschte (zum Babysitten, wie sie dachte), trug sei einen selbstgebackenen Kuchen dabei, bei 38 Grad im Schatten - da kann mal auch bei IKEA heulen, finde ich.
Anyway, ich habe jetzt noch mal Urlaub genommen, ich verprasse den, das Wetter ist zu schön. Es könnt' nur ein bisschen wärmer sein.
Montag, 13. August 2018
Schönes Blog entdeckt
Onkel Maike
Bericht von einer Hochzeit:
"Der Bräutigam musste seine Ansprache kurz unterbrechen, weil er auch nach dreizehn Jahren Beziehung immer noch begeistert, fasziniert und verliebt ist und ihm vor lauter Liebe und Aufregung die Stimme wegblieb. Das war romantisch.
Sogar so innerlich Tote wie ich waren ergriffen. Die seelisch Gesünderen weinten mit. „Hm, dass das jetzt dermaßen rührend ist, hätte ich vielleicht doch öfter mal auf Hochzeiten gehen sollen“, grübelte ich kurz.
Aber für Gram über die verpassten Gelegenheiten des Lebens war kein Raum. Denn nach der Trauung war schon Snack-Zeit. In den kühlen Gewölben des Schlösschens wurden Champagner sowie exquisiteste kleine Leckereien kredenzt. Mini-Pasteten, feiner Fisch, Gänseleber und ich weiß nicht was noch.
Niemals hätte ich gedacht, man könne mich durch Essen korrumpieren. Aber auf einmal, so im fröhlichen Champagner/niedliche Pastetchen-Rausch dachte ich, ach so funktioniert das und erklärt dann auch Phänomene wie die SPD. Ich halte es von nun an nicht mehr für ausgeschlossen, dass ich mit den richtigen Petit Fours und Aperitifs doch von der Notwendigkeit von Braunkohletagebau, Dieselmotoren, völkerrechtswidrigen Angriffskriegen oder Thomas Oppermann überzeugt werden könnte."
Dabei:
„Meine Liebe, Du weißt, ich bin kommunistischer Zottelhippie, ich kann eigentlich nicht mit Leuten verkehren, die Weddingplannerinnen beschäftigen oder auf deren Hochzeiten gehen"
Bericht von einer Hochzeit:
"Der Bräutigam musste seine Ansprache kurz unterbrechen, weil er auch nach dreizehn Jahren Beziehung immer noch begeistert, fasziniert und verliebt ist und ihm vor lauter Liebe und Aufregung die Stimme wegblieb. Das war romantisch.
Sogar so innerlich Tote wie ich waren ergriffen. Die seelisch Gesünderen weinten mit. „Hm, dass das jetzt dermaßen rührend ist, hätte ich vielleicht doch öfter mal auf Hochzeiten gehen sollen“, grübelte ich kurz.
Aber für Gram über die verpassten Gelegenheiten des Lebens war kein Raum. Denn nach der Trauung war schon Snack-Zeit. In den kühlen Gewölben des Schlösschens wurden Champagner sowie exquisiteste kleine Leckereien kredenzt. Mini-Pasteten, feiner Fisch, Gänseleber und ich weiß nicht was noch.
Niemals hätte ich gedacht, man könne mich durch Essen korrumpieren. Aber auf einmal, so im fröhlichen Champagner/niedliche Pastetchen-Rausch dachte ich, ach so funktioniert das und erklärt dann auch Phänomene wie die SPD. Ich halte es von nun an nicht mehr für ausgeschlossen, dass ich mit den richtigen Petit Fours und Aperitifs doch von der Notwendigkeit von Braunkohletagebau, Dieselmotoren, völkerrechtswidrigen Angriffskriegen oder Thomas Oppermann überzeugt werden könnte."
Dabei:
„Meine Liebe, Du weißt, ich bin kommunistischer Zottelhippie, ich kann eigentlich nicht mit Leuten verkehren, die Weddingplannerinnen beschäftigen oder auf deren Hochzeiten gehen"
Sonntag, 12. August 2018
Ruhe in Frieden, lieber W.
Nun hat er es doch nicht geschafft, the grumpy old man on his grumpy old horse.
Er hat sich seine Beerdigung in einem Friedwald gewünscht, unter irgendeinem Baum, der nicht markiert ist, ohne einen Gedenkstein, weil er nicht wollte, dass "aktiv" an ihn erinnert wird. Er hing keinem Glauben an, was seinem nüchternen Charakter entsprach, also übernahm der Förster das Procedere.
Wir versammelten uns auf dem Parkplatz am Waldrand und warteten, bis alle vollzählig waren. Der halbe Reiterhof war gekommen und als besondere Geste hatte seine Witwe eine Sondergenehmigung erwirkt.
Sein Pferd durfte dabei sein.
Es wurde gebracht und geführt von der Reiterhofbesitzerin, die im wahren Leben the grumpiest woman of the world ist, aber ihm die Ehre zu erweisen, war selbst ihr wichtig.
Mir jagte es Tränen in die Augen, als wir uns - das Pferd mitten unter uns - in einer langen Prozession durch den Wald zum Andachtsplatz machten.
Es war meine erste Beerdigung in einem Friedwald. Wir wurden vorab gebeten, unsere Bekleidung "den Gegebenheiten des Waldes" anzupassen. Ich dachte natürlich an festes Schuhwerk und überlegte ernsthaft, meine potthässlichen aber superbequemen Schreckenssandalen anzuziehen, aber da ich die nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit trage, sah ich davon ab und passte mein Schuhwerk lieber den Gegebenheiten einer Beerdigung an.
Der Andachtsplatz selbst bestand aus einem Halbrund von Baumstämmen, die als Sitzfläche fungierten, einem Pult aus Holzstämmen gezimmert und einem Baumstamm, auf dem die Urne stand. Die Szene hatte etwas Unwirkliches und dem Pferd, das etwas versteckt hinter den Bäumen stand, wuchs ein Einhorn, ich schwöre es.
Enge Verwandte und Freunde hatten Reden vorbereitet, aber da der Verblichene ebenso bestimmt hatte, nicht über ihn zu reden, näherte man sich ihm mit Texten, die seiner Frau Trost geben sollten. Eine junge Frau mit Querflöte spielte Stücke von Telemann und Debussy, was sich träumerisch verloren anhörte so mitten im Wald.
Danach verbeugte sich der Förster knapp vor der Urne und sagte, dass wir ihm nun alle folgen sollen zur letzten Ruhestätte. Wir gingen und gingen und gingen und ich dachte, du meine Güte, er wollte wohl auch wirklich ausschließen, dass ihn jemals jemand besucht, so tief rein ging es in den Wald.
Aber es gab auch lustige Momente: einer hochschwangeren Frau, seit zwei Tagen über den Termin, wurde von einem anwesenden Gynäkologen gesagt, das "Macht gar nix, machen wir halt eine Waldgeburt."
Angekommen stellten wir uns im Kreis auf und der Förster ließ, wiederum mit einer knappen Verbeugung, die Urne in die Erde. Keine Kränze, keine Reden, kein Asche zu Staub, nur Blütenblätter, anderes ist nicht erlaubt im Wald. Ganz nach meinem Geschmack.
Das Pferd schnaubte, wusste aber mit Sicherheit nicht, weshalb es zur Unzeit nicht etwa auf die Weide durfte, sondern in den Transporter geladen wurde, um mit einem Haufen Menschen durch den Wald zu spazieren. Auf dem Rückweg hatte das Pferd es zunehmend eilig, es hatte langsam die Nase voll.
Als es Abend wurde und dunkel, dachte ich an ihn, wie er da jetzt ganz allein mitten im Wald liegt, unfindbar für jeden von uns, mürrisch und weltabgewandt, wie er wohl auch im Leben war, obwohl ich das nur aus Erzählungen weiß, denn zu mir war er immer entzückend charmant, wohl weil ich ihm stets begeistert begegnete über die Jahre nach unserem "Wochenendreitkurs für Ängstliche", an dem er sich als völlig angstfrei entpuppte und schon vier Wochen später wie ein Bekloppter über die Felder galoppierte - etwas, was ich in diesem Leben nicht mehr schaffen werde.
Er hat sich seine Beerdigung in einem Friedwald gewünscht, unter irgendeinem Baum, der nicht markiert ist, ohne einen Gedenkstein, weil er nicht wollte, dass "aktiv" an ihn erinnert wird. Er hing keinem Glauben an, was seinem nüchternen Charakter entsprach, also übernahm der Förster das Procedere.
Wir versammelten uns auf dem Parkplatz am Waldrand und warteten, bis alle vollzählig waren. Der halbe Reiterhof war gekommen und als besondere Geste hatte seine Witwe eine Sondergenehmigung erwirkt.
Sein Pferd durfte dabei sein.
Es wurde gebracht und geführt von der Reiterhofbesitzerin, die im wahren Leben the grumpiest woman of the world ist, aber ihm die Ehre zu erweisen, war selbst ihr wichtig.
Mir jagte es Tränen in die Augen, als wir uns - das Pferd mitten unter uns - in einer langen Prozession durch den Wald zum Andachtsplatz machten.
Es war meine erste Beerdigung in einem Friedwald. Wir wurden vorab gebeten, unsere Bekleidung "den Gegebenheiten des Waldes" anzupassen. Ich dachte natürlich an festes Schuhwerk und überlegte ernsthaft, meine potthässlichen aber superbequemen Schreckenssandalen anzuziehen, aber da ich die nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit trage, sah ich davon ab und passte mein Schuhwerk lieber den Gegebenheiten einer Beerdigung an.
Der Andachtsplatz selbst bestand aus einem Halbrund von Baumstämmen, die als Sitzfläche fungierten, einem Pult aus Holzstämmen gezimmert und einem Baumstamm, auf dem die Urne stand. Die Szene hatte etwas Unwirkliches und dem Pferd, das etwas versteckt hinter den Bäumen stand, wuchs ein Einhorn, ich schwöre es.
Enge Verwandte und Freunde hatten Reden vorbereitet, aber da der Verblichene ebenso bestimmt hatte, nicht über ihn zu reden, näherte man sich ihm mit Texten, die seiner Frau Trost geben sollten. Eine junge Frau mit Querflöte spielte Stücke von Telemann und Debussy, was sich träumerisch verloren anhörte so mitten im Wald.
Danach verbeugte sich der Förster knapp vor der Urne und sagte, dass wir ihm nun alle folgen sollen zur letzten Ruhestätte. Wir gingen und gingen und gingen und ich dachte, du meine Güte, er wollte wohl auch wirklich ausschließen, dass ihn jemals jemand besucht, so tief rein ging es in den Wald.
Aber es gab auch lustige Momente: einer hochschwangeren Frau, seit zwei Tagen über den Termin, wurde von einem anwesenden Gynäkologen gesagt, das "Macht gar nix, machen wir halt eine Waldgeburt."
Angekommen stellten wir uns im Kreis auf und der Förster ließ, wiederum mit einer knappen Verbeugung, die Urne in die Erde. Keine Kränze, keine Reden, kein Asche zu Staub, nur Blütenblätter, anderes ist nicht erlaubt im Wald. Ganz nach meinem Geschmack.
Das Pferd schnaubte, wusste aber mit Sicherheit nicht, weshalb es zur Unzeit nicht etwa auf die Weide durfte, sondern in den Transporter geladen wurde, um mit einem Haufen Menschen durch den Wald zu spazieren. Auf dem Rückweg hatte das Pferd es zunehmend eilig, es hatte langsam die Nase voll.
Als es Abend wurde und dunkel, dachte ich an ihn, wie er da jetzt ganz allein mitten im Wald liegt, unfindbar für jeden von uns, mürrisch und weltabgewandt, wie er wohl auch im Leben war, obwohl ich das nur aus Erzählungen weiß, denn zu mir war er immer entzückend charmant, wohl weil ich ihm stets begeistert begegnete über die Jahre nach unserem "Wochenendreitkurs für Ängstliche", an dem er sich als völlig angstfrei entpuppte und schon vier Wochen später wie ein Bekloppter über die Felder galoppierte - etwas, was ich in diesem Leben nicht mehr schaffen werde.
Donnerstag, 9. August 2018
Lucky eight
Heute bin ich die glücklichste Frau der Welt. Ich habe seit sieben Stunden eine mobile Klimaanlage.
Ruft mich meine Ex-Nachbarin an. Die, die neulich mit Mann, Maus und Kegel ausgezogen ist, zu meiner Bekümmerung. Da trifft mich ein Blitz. Die hatten doch so eine AC. Die sie nie benutzt haben, weil sie ihm zu laut war. Frag ich nach, habt ihr die noch? Klar, willst du sie haben? Eine halbe Stunde später brachten sie sie mir vorbei. Für einen Freundschaftspreis. Gott liebt mich.
Weitere 30 Minuten später war mein Schlafzimmer runtergekühlt. Und ich im Glück. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal so glücklich war.
Keine Frage, ab jetzt ist die Hitzeperiode vorbei. Weil ich ja immer zu spät mit technischen Erungenschaften bin. Aber ich habe jetzt eine und das ist die Hauptsache. Ich werde nie wieder Angst vor Hitze haben. Ich werde sie auch fast nie benutzen, weil allein der Gedanke hilft, dass da jetzt R2D2 in meiner Wohnung steht.
Später saßen wir auf der Terasse drüben bei den Nachbarn, die hoffentlich nie wegziehen werden. Wir klebten vor Hitze. Mir wollte glatt ein bissel blümerant werden. Aber das hat mir nichts ausgemacht. R2D2 wartete auf mich, still und geduldig, für den Fall der Fälle. Alles gut.
Ruft mich meine Ex-Nachbarin an. Die, die neulich mit Mann, Maus und Kegel ausgezogen ist, zu meiner Bekümmerung. Da trifft mich ein Blitz. Die hatten doch so eine AC. Die sie nie benutzt haben, weil sie ihm zu laut war. Frag ich nach, habt ihr die noch? Klar, willst du sie haben? Eine halbe Stunde später brachten sie sie mir vorbei. Für einen Freundschaftspreis. Gott liebt mich.
Weitere 30 Minuten später war mein Schlafzimmer runtergekühlt. Und ich im Glück. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal so glücklich war.
Keine Frage, ab jetzt ist die Hitzeperiode vorbei. Weil ich ja immer zu spät mit technischen Erungenschaften bin. Aber ich habe jetzt eine und das ist die Hauptsache. Ich werde nie wieder Angst vor Hitze haben. Ich werde sie auch fast nie benutzen, weil allein der Gedanke hilft, dass da jetzt R2D2 in meiner Wohnung steht.
Später saßen wir auf der Terasse drüben bei den Nachbarn, die hoffentlich nie wegziehen werden. Wir klebten vor Hitze. Mir wollte glatt ein bissel blümerant werden. Aber das hat mir nichts ausgemacht. R2D2 wartete auf mich, still und geduldig, für den Fall der Fälle. Alles gut.
Dienstag, 7. August 2018
Blogger-Hürdenlauf
Ich greife mal die Idee von Zeilensturm auf: Hier könnt ihr mehr darüber lesen.
Da er in meiner Blogroll angefangen hat, spinne ich das mal weiter. Bei der Hitze kann ich sowieso nicht schlafen.
Angefangen habe ich bei Tikerscherks Blogroll. Von dort bin ich hier gelandet: Wildgans: Relativ kurze, an manchen Tagen sogar nur Ein-Wort-Posts. Zitat:
"Ich ertappe mich dabei, den alten Herrn mit seinem Elektrorollstuhl kurz
zu beneiden. Ich sah ihn aus den Fluren des Missionsaltenheims fliehen
und nun an der Eisdiele zum harschen Hassan stehen bleiben, um mit den
Eisessrentnern zu plaudern. Oh, dachte ich, der muss sich um nichts
kümmern, nicht Wäsche waschen, nicht kochen, überhaupt nichts muss der
tun. Menschenskinder, wie weit ist es mit mir gekommen. Ich wollte doch
bei „Mit 85 um die Welt“ mitmachen, oder beim Isabell Allende-Fan-Club,
wo man sich mit 76 neu verliebt."
Gefällt mir.
Frau Wildgans hat eine üppige Blogroll, Gottseidank. Das haben leider die wenigsten. Gefunden habe ich dies hier: Hausfrau Hanna. Leseprobe:
"Am Abend spät, wenn die grösste Hitze vorbei ist, machen wir immer einen
Spaziergang durchs Dorf und gehen dann weiter über einen der
umliegenden, sanften Hügel. Wenn die Sonne am Horizont untergeht, stellt sich ein Gefühl des Friedens ein. Ich brauche diese abendliche Bewegung."
Und weiter geht die wilde Fahrt: Geschichten und Meer
"An einem Tag wie heute ist er gestorben, einer, über den ich im Vorgängerblog einmal geschrieben habe, wobei ich wohl den Eindruck erweckt habe, er sei so eine Art freundlicher Gartenzwerg gewesen. Aber das war er ganz und gar nicht. Vielmehr war er einer, der das Gewicht eines Ochsen aufs Pfund genau schätzen konnte"Fängt gut an und hört ebenso gut auf. Muss ich mir merken.
Und weiter gehts: Wortschnittchen. Lest selbst:
"Die Luft steht zwischen den Häuserschluchten, einzig der Weg am Friedhof entlang ist kühler. Die Toten ziehen die stille Kühle vor, unter ihren schattenspendenden Bäumen weht ein leiser Hauch und flüstert mir ins Ohr: „Sei dir nicht zu sicher.“
Bekanntlich bin ich mir auch nie zu sicher. So gesehen könnte das interessant sein.
Dort der Hinweis zu Gaga Nielsen, offenkundig eine Berlinerin:
"Vorhin auf dem Weg zur S-Bahn auf dem Gehweg in der Sophienstraße ein
würfelförmiger offener Karton mit Zeug und rundum laufendem Klebeband
"VORSICHT URNE". War aber keine drin. Habe nur einen kurzen Blick im
Vorbeigehen daraufgeworfen. Da man ja nicht ohne weiteres Urnen mit
Asche ausgehändigt bekommt, hat sich vielleicht jemand bei Amazon oder
Sargladen.com ein hübsches Modell für später bestellt."
Das liest sich doch hübsch.
Und dann noch ein Blog off topic, hat bei mir kommentiert. A life less ordinary. Leseprobe:
"Fahr niemals mehr an die See, während dort tropischer Sommer ist. Nimm
keine Aufträge an wenn Du absehen kannst Du wirst sie abwickeln müssen
in der allergrößten Hitze. Und nein, heimzufahren aus der Vorhölle in
‚kalte‘ 25 Grad hilft nicht, denn irgendwann musst Du aus dem
klimatisierten Raumschiff ja auch wieder mal rausklettern … weil es
darin nämlich keine Badewanne gibt, auch keine Eistonne, und der
Kühlschrank viel zu klein ist um rein zu klettern. Ich hab nachgeschaut,
außer zwei Wasserpullen die well done waren hab ich aber nix gefunden."
Ein hitzegeplagter Mensch, der über leidvoll Berufliches schreibt. Blogroll habe ich nicht gefunden
So funktioniert der Blogger-Hürdenauf (Copy and Paste, please):
Dein Beitrag startet, wo dieser hier
endet. Nimm dir die Blogroll/Blogliste des fünften von mir kommentierten
Blogs vor. Von dieser Liste klicke eines an. Das ist nun deine Station
1. (Aber nur, falls es selbst eine Blogroll hat, sonst ein anderes Blog
der aktuellen Blogroll auswählen! Diese Bedingung gilt logischerweise
immer.)
Lese im Blog 1 einen Beitrag, den du auch
verlinkst, und schreibe nur drei Zeilen darüber: Lob, Kritik,
Erstaunen, Fassungslosigkeit, Dank, whatever.
Nun klicke auf ein Blog der Blogroll von
Station 1. Hat dieses seinerseits eine Blogroll? Sehr gut, dann ist es
Station 2. Lese einen Beitrag … verlinke … schreibe drei Zeilen …
Und so noch drei Mal. Bis einschließlich
Station 5. Deine Arbeit ist fast getan: fünf Reisenotizen zu fünf
Blogbeiträgen. Nur noch diese Regeln hier anhängen – fertig!
Nun muss jemand anderes den Staffelstab
(und vielleicht sogar mehrere) bei der Blogroll des letzten in deinem
Beitrag kommentierten Blogs übernehmen – und fünf weitere kommentieren.
Vielen Dank für den gemeinsamen Streifzug durch die Meinungsvielfalt!
Montag, 6. August 2018
Frau Nessy parshipt
Alle 262.000 Minuten verliebt sich kein Single über Parship
Der Text ist schon im Juni geschrieben, aber ich habe ihn erst heute entdeckt. Unbedingt lesenswert (auch die 188 Kommentare)
Der Text ist schon im Juni geschrieben, aber ich habe ihn erst heute entdeckt. Unbedingt lesenswert (auch die 188 Kommentare)
Samstag, 4. August 2018
Hochzeit im Backofen
Was soll ich sagen? Ich wachse über mich hinaus.
Ich glaube nicht, dass nach diesem Sommer noch irgendjemand eine Hochzeit im August plant. Es ist dringend davon abzuraten.
Bewaffnet mit dem kleinen Miniventilator und der Powerbank losgefahren. Die Auftragsmörderin eingesammelt und dann zum Standesamt. Im Wartezimmer lösten sich bereits alle auf, inklusive der Braut. Als wir dann ins Trauzimmer gebeten wurden, Suprise, Surprise: so eisig wie am Nordpol. Eine Klimaanlage sorgte umgehend dafür, dass wir mit Lungen- und Rippenfellentzündung laborierten. Sie blies mit voller Kraft in unsere Rücken, aber schön war's doch. Ich drückte mich solange wie möglich in dem Raum, aber als die nächste Braut kam, musste ich raus. Sie glaubte mir nicht, dass ich zu ihren Gästen gehöre.
Im marokkanischen Restaurant wurde kochendheißes, noch brodelndes Essen serviert, nach der Vorsuppe. Es schmeckte köstlich, aber wir stocherten nur auf den Tellern herum, es waren riesige Portionen und andauernd wurden weitere Speisen gebracht. Die brodelten auch und wir waren auf dem Siedepunkt.
Ich dachte, Kinder, wenn ich diesen Tag überstehe, dann überstehe ich auch die Gartenparty am Dienstag und die Beerdigung nächsten Samsatg. Und dann muss diese Hitze doch endlich mal zuende gehen. Oder wenigstens kühle Nächte, dann wäre ich schon gerettet.
Abseits dessen war es die entspannteste Hochzeit, auf der ich je gewesen bin. All dieser unsägliche Fifi-Kram mit Tischordnung und Reden halten und dämlichen Spielen fand nicht statt. Die anderen Gäste waren 1a-Menschen, mit denen man relaxt gemeinsam schwitzen und parlieren konnte.
Später kam die Rede auf mobile Klimaanlagen und Ventilatoren, die ja nun alle ausverkauft sind. Sagt einer der Gäste, doch, bei Yes in der Oranienstraße, da gibt es noch haufenweise Ventilatoren. Ich rief dort an und ein sehr freundlicher Mensch bestätigte, dass es noch ganz viele Standventilatoren für 25 € gibt. 800 Meter von unserer Feier entfernt.
Ich sagte der Braut, ich verschaffe ihr jetzt neuen Lebensmut und besorge rasch einen. "Bitte zwei!" hauchte sie. Die Auftragsmörderin wollte auch einen und sprang mit ins Auto und keine 10 Minuten später kamen wir mit vier aufgebauten Standventilatoren zurück. Zur Sicherheit habe ich mir auch einen gekauft. In einer Woche verkaufe ich den über Ebay für 1.000 €.
Um 18 Uhr gingen alle, und das war weit später als geplant. Wir bekamen alle tonnenschwere Doggybags inklusive Hochzeitstorte mit.
Jetzt hatten wir schon soviel überlebt, der Abend noch jung, da konnten wir auch gleich noch DoKo spielen. Im Grunde bin ich Superwoman. Und der Miniventilator blies immer noch mit voller Kraft. Ich spielte zwar den letzten Scheiß zusammen und konnte mich weder erinnern, wer die Kreuz Damen hatte, noch, ob ich selbst eine ausgespielt hatte. Hitze-Demenz. Als ich weit nach Mitternacht heimkam, hatte ich das erste Mal Hunger an diesem Tag und war froh, dass ich Rinderbällchen und Safranreis zur Hand hatte.
Einziger Minuspunkt: mein Kleid. Gestern war mir das vollkommen gleich, aber als ich heute die Fotos bekam, herrje... und das bleibt jetzt für immer in den Alben. Man kauft keine Kleider, die zwei Nummern zu groß sind, egal wie heiß es ist und wie sehr man mit dem Leben abgeschlossen hat. Wieder was gelernt.
Ich glaube nicht, dass nach diesem Sommer noch irgendjemand eine Hochzeit im August plant. Es ist dringend davon abzuraten.
Bewaffnet mit dem kleinen Miniventilator und der Powerbank losgefahren. Die Auftragsmörderin eingesammelt und dann zum Standesamt. Im Wartezimmer lösten sich bereits alle auf, inklusive der Braut. Als wir dann ins Trauzimmer gebeten wurden, Suprise, Surprise: so eisig wie am Nordpol. Eine Klimaanlage sorgte umgehend dafür, dass wir mit Lungen- und Rippenfellentzündung laborierten. Sie blies mit voller Kraft in unsere Rücken, aber schön war's doch. Ich drückte mich solange wie möglich in dem Raum, aber als die nächste Braut kam, musste ich raus. Sie glaubte mir nicht, dass ich zu ihren Gästen gehöre.
Im marokkanischen Restaurant wurde kochendheißes, noch brodelndes Essen serviert, nach der Vorsuppe. Es schmeckte köstlich, aber wir stocherten nur auf den Tellern herum, es waren riesige Portionen und andauernd wurden weitere Speisen gebracht. Die brodelten auch und wir waren auf dem Siedepunkt.
Ich dachte, Kinder, wenn ich diesen Tag überstehe, dann überstehe ich auch die Gartenparty am Dienstag und die Beerdigung nächsten Samsatg. Und dann muss diese Hitze doch endlich mal zuende gehen. Oder wenigstens kühle Nächte, dann wäre ich schon gerettet.
Abseits dessen war es die entspannteste Hochzeit, auf der ich je gewesen bin. All dieser unsägliche Fifi-Kram mit Tischordnung und Reden halten und dämlichen Spielen fand nicht statt. Die anderen Gäste waren 1a-Menschen, mit denen man relaxt gemeinsam schwitzen und parlieren konnte.
Später kam die Rede auf mobile Klimaanlagen und Ventilatoren, die ja nun alle ausverkauft sind. Sagt einer der Gäste, doch, bei Yes in der Oranienstraße, da gibt es noch haufenweise Ventilatoren. Ich rief dort an und ein sehr freundlicher Mensch bestätigte, dass es noch ganz viele Standventilatoren für 25 € gibt. 800 Meter von unserer Feier entfernt.
Ich sagte der Braut, ich verschaffe ihr jetzt neuen Lebensmut und besorge rasch einen. "Bitte zwei!" hauchte sie. Die Auftragsmörderin wollte auch einen und sprang mit ins Auto und keine 10 Minuten später kamen wir mit vier aufgebauten Standventilatoren zurück. Zur Sicherheit habe ich mir auch einen gekauft. In einer Woche verkaufe ich den über Ebay für 1.000 €.
Um 18 Uhr gingen alle, und das war weit später als geplant. Wir bekamen alle tonnenschwere Doggybags inklusive Hochzeitstorte mit.
Jetzt hatten wir schon soviel überlebt, der Abend noch jung, da konnten wir auch gleich noch DoKo spielen. Im Grunde bin ich Superwoman. Und der Miniventilator blies immer noch mit voller Kraft. Ich spielte zwar den letzten Scheiß zusammen und konnte mich weder erinnern, wer die Kreuz Damen hatte, noch, ob ich selbst eine ausgespielt hatte. Hitze-Demenz. Als ich weit nach Mitternacht heimkam, hatte ich das erste Mal Hunger an diesem Tag und war froh, dass ich Rinderbällchen und Safranreis zur Hand hatte.
Einziger Minuspunkt: mein Kleid. Gestern war mir das vollkommen gleich, aber als ich heute die Fotos bekam, herrje... und das bleibt jetzt für immer in den Alben. Man kauft keine Kleider, die zwei Nummern zu groß sind, egal wie heiß es ist und wie sehr man mit dem Leben abgeschlossen hat. Wieder was gelernt.
Freitag, 3. August 2018
Im Hochzeitsfieber
Morgen ist nun die Hochzeit. Ich breche zusammen, wenn ich nur daran denke. In einem überhitzten Standesamt die Trauung, anschließend Essen in einem Restaurant. Mehr ist Gottseidank nicht geplant. Mehr würde ich auch nicht überstehen.
Ich erinnere mich an eine Rubin-Hochzeit an einem 1. August vor bestimmt 25 Jahren. Es herrschten 39 Grad. Es gab Schweinebraten, Rollbraten und Gulasch. Hinterher Buttercremetorten. Alte Schule. Nix vegan oder so'n Scheiß. Zwischendurch Polonaise. Das greise Paar ließ sich nichts anmerken. Ich mir schon. Ich war schon immer schlecht in sowas. Ich halte mich für eine unkomplizierte Frau, für einen Quell der Freude, bin aber die reinste Nervensäge, jedenfalls außerhalb meiner Komfortzone.
Auf den letzten Drücker habe ich mir ein Kleid geschossen. Rein ins Geschäft, das erste Kleid auf der Stange gesehen, ab zur Kasse, ohne es anzuprobieren, daheim gewaschen, in der Hoffnung, dass es einläuft, denn es war ein paar Nummern zu groß, was mir beim Kauf restlos egal war.
Nach 20 Minuten war das Kleid trocken; morgen werde ich als pinkfarbene Senioren-Barbie im Zweimannzelt reüssieren, egal, ist mir alles egal. Der Tag wird grauenhaft, so oder so.
Dann noch eine Powerbank gekauft, da werde ich mir einen kleinen Ventilator einstöpseln und mich damit befeudeln. Die Braut beneidet mich schon jetzt darum, sie ist ähnlich gelagert in der Hitze-Resistenz. Sie bringt ihren großen Ventilator mit und stellt den dort auf. Der hat natürlich mehr Wumms als mein kleines Dingelchen. Womöglich setze ich mich neben sie. Ihr Mann hat bestimmt nichts dagegen. Er hört ja auch in der zweiten Reihe, was der Standesbeante sagt.
Meine Freundin von gegenüber sagte heute zu mir, dass sie Angst hat. Anfang des Jahres hat sie mit ihrem Kamderaden eine Reise nach Kreta gebucht. In drei Wochen geht es los. Da ist es ja noch heißer als hier. Ja, sagte ich, hättste mal lieber die Hurtigruten gebucht. Aber es konnte ja auch keiner ahnen, was auf uns zukommt.
Die Wettervorhersage ist ein Lügenbold. Immerzu kündigt sie für drei Tage später 28 Grad an. Immerzu denke ich, nur noch drei Tage durchhalten, dann ist das Schlimmste vorbei. Und dann doch wieder 36 Grad. In Wirklichkeit meint sie nämlich, dass in drei Tagen nachts um 3 Uhr nur noch 28 Grad sind. Das wird jetzt bis Weihnachten so weiter gehen. Und keine einzige mobile Klimaanlage mehr weit und breit...
Ich erinnere mich an eine Rubin-Hochzeit an einem 1. August vor bestimmt 25 Jahren. Es herrschten 39 Grad. Es gab Schweinebraten, Rollbraten und Gulasch. Hinterher Buttercremetorten. Alte Schule. Nix vegan oder so'n Scheiß. Zwischendurch Polonaise. Das greise Paar ließ sich nichts anmerken. Ich mir schon. Ich war schon immer schlecht in sowas. Ich halte mich für eine unkomplizierte Frau, für einen Quell der Freude, bin aber die reinste Nervensäge, jedenfalls außerhalb meiner Komfortzone.
Auf den letzten Drücker habe ich mir ein Kleid geschossen. Rein ins Geschäft, das erste Kleid auf der Stange gesehen, ab zur Kasse, ohne es anzuprobieren, daheim gewaschen, in der Hoffnung, dass es einläuft, denn es war ein paar Nummern zu groß, was mir beim Kauf restlos egal war.
Nach 20 Minuten war das Kleid trocken; morgen werde ich als pinkfarbene Senioren-Barbie im Zweimannzelt reüssieren, egal, ist mir alles egal. Der Tag wird grauenhaft, so oder so.
Dann noch eine Powerbank gekauft, da werde ich mir einen kleinen Ventilator einstöpseln und mich damit befeudeln. Die Braut beneidet mich schon jetzt darum, sie ist ähnlich gelagert in der Hitze-Resistenz. Sie bringt ihren großen Ventilator mit und stellt den dort auf. Der hat natürlich mehr Wumms als mein kleines Dingelchen. Womöglich setze ich mich neben sie. Ihr Mann hat bestimmt nichts dagegen. Er hört ja auch in der zweiten Reihe, was der Standesbeante sagt.
Meine Freundin von gegenüber sagte heute zu mir, dass sie Angst hat. Anfang des Jahres hat sie mit ihrem Kamderaden eine Reise nach Kreta gebucht. In drei Wochen geht es los. Da ist es ja noch heißer als hier. Ja, sagte ich, hättste mal lieber die Hurtigruten gebucht. Aber es konnte ja auch keiner ahnen, was auf uns zukommt.
Die Wettervorhersage ist ein Lügenbold. Immerzu kündigt sie für drei Tage später 28 Grad an. Immerzu denke ich, nur noch drei Tage durchhalten, dann ist das Schlimmste vorbei. Und dann doch wieder 36 Grad. In Wirklichkeit meint sie nämlich, dass in drei Tagen nachts um 3 Uhr nur noch 28 Grad sind. Das wird jetzt bis Weihnachten so weiter gehen. Und keine einzige mobile Klimaanlage mehr weit und breit...