Montag, 24. September 2018
Wenn alte Frauen Sex haben
Candice Bergen, Jane Fonda, Mary Steenburgen und Diane Keaton spielen vier Freundinnen, die in ihrem Book Club "Fifty Shades Of Grey" lesen - so unglaubwürdig fängt der Film schon an und es wird noch schlimmer.
Jane Fonda gibt mit ihren 81 Jahren immer noch die Barbarella, sie hat sich mehr als dünn gehalten, perfekt frisiert und gekleidet, sie ist recht gut geliftet, dennoch kann die Kamera kaum verbergen, dass sie 81 ist - sie hält sich beneidenswert gerade, dennoch spürt man die Anstrengung, flüssig zu gehen und mit dem Kopf nicht allzusehr zu wackeln. Was ja völlig normal ist in dem Alter. Aber dass man sie dem Publikum als Sexbombe verkauft, der jeder Mann willenlos zu Füßen liegt, ist schmerzlich anzusehen. Sie spielt eine beziehungsunfähige Frau, die stets One Night Stands hat und bei keinem Mann einschlafen kann; deshalb verdrückt sie sich immer schnell.
Diane Keaton (72) ist ebenso klapperdürr, gibt aber seit Jahren die verhuschte und trottelige Frau, in die sich wie durch ein Wunder aber trotzdem alle Kerle verlieben, obwohl sie andauernd stolpert, und dämliche Hüte trägt und nervöse Kreischanfälle bekommt.
Mary Steenburgen (65), die früher mal fast so aussah wie Kate Bush, ist so schrecklich geliftet, dass sie aussieht wie der Formwandler aus Deep Space Nine. Sie spielt eine Ehefrau, deren Mann nicht mehr mit ihr schlafen möchte, seit sechs Monaten schon.
Candice Bergen (72) spielt eine resolute Bundesrichterin, die seit 18 Jahren keinen Sex mehr hatte und ich frage mich, wann dieser Übergang stattgefunden hat von dieser ebenfalls sehr dünnen Frau mit schönen Haaren, einem außergwöhnlich interessanten Gesicht hin zu dieser Matrone mit erkennbarem Hüftschaden und Fusselhaaren. Ich habe extra gegoogelt, aber es scheint eine Entwicklung über Nacht gewesen zu sein. Sie sieht entweder wunderschön aus und dann, schwupps, hüftkrank und untersetzt wie Monika Wulf-Matthies (auch bei Katherine Hepburn gab es keinen Übergang, eben noch wunderschön, plötzlich eine Greisin).
Jedenfalls setzt sich Diane Keaton in ein Flugzeug, um zu ihren minderbemittelten Töchtern zu fliegen, neben ihr sitzt Andy Garcia (62), und obwohl sie beim hinsetzen direkt auf ihn drauffällt und ihm gleich darauf in die Eier greift, wegen ihrer Flugangst, sich also insgesamt wie eine wunderliche Quartalsirre benimmt, wird sie beim Rückflug von der Stewardess nach vorne gerufen und um ihre vollständige Adresse gebeten, was bei Diane Keaton gleich wieder hysterische Anfälle auslöst, vor allem, weil dann Andy Garcia als Pilot aus dem Cockpit kommt und der Stewardess den Zettel wegnimmt und Diane vielversprechend anlächelt, "Ich hole Sie nächsten Freitag ab".
Natürlich wohnt er in einem Palast und ist Single. Wir sehen eine schreckliche Liebesszene, in der er auf ihr draufliegt und sie küsst - sie sieht derweil aus, wie die tote Mutter aus Psycho - weil sie nur 12 Kilo wiegt und das macht eine 72 Jährige nur viel älter als sie ist. Mich schaudert's. Dann kommen ihre bescheuerten Kinder angeflogen und erwischen die beiden Turteltäubchen und deshalb wird sie wieder hysterisch, kreischt und reist hampelnd ab, auf direktem Weg in die Kellerwohnung ihrer Töchter, weil sie dort gebraucht wird. Das hält sie aber nur zwei Tage aus, fährt wieder zu ihrem stinkereichen Palast-Piloten und der steht schon wartend an der Tür und muss sie schon wieder küssen.
Jane Fonda widerum, die Beziehungsunfähige, begegnet einer alten Jugendliebe, Don Johnson (69), der sich augenblicklich wieder in sie verliebt und natürlich kann sie beim ersten Date gleich in seinen Armen einschlafen, was ja in ihrem Fall viel wichtiger als Sex und praktisch der Durchbruch ist. Natürlich wehrt sie sich gegen ihre Gefühle, aber nach einem weiteren Gespräch mit Don Johnson will der gleich mit ihr leben, weil er mit jemandem reden will. Sie nimmt seine leidenschaftliche Ansprache kerzengerade und mit nur ganz leichtem Kopfwackeln zur Kenntnis und lässt ihn dann wortlos stehen. Tolles Gespräch. Einen Tag später besinnt sie sich mit Hilfe ihrer hysterischen Freundinnen eines Besseren und nimmt ihn nun doch.
Mary Steenburgen mischt ihrem lustlosen Ehemann Viagra ins Bier, der muss ca. 10 Minuten mit einem Stock in der Hose schauspielern, dann machen sie einen Tanzkurs, den sie wieder abbrechen und am Ende führt sie irgendeinen Stepptanz auf einer Schulaufführung auf und dann kommt er auch auf die Bühne und tanzt doch mit ihr und hinterher will er gleich mit ihr schlafen, weil er ihr endlich sagen kann, dass er seit der Pensionierung vor sechs Monaten leider nicht mehr wusste, wer er ist. Man kennt das.
Candice Bergen muss sich online einen Freund suchen und findet gleich Richard Dreyfuss (71). Hier ist sehr schön, dass sie nicht nur gleichaltrig sind, sondern auch gleichaltrig aussehen. Allerdings haben auch sie gleich Sex im Auto, bevor sie sich angeregt unterhalten haben. Alles könnte so schön sein, aber aus unerfindlichen Gründen muss sie zunächst noch einen anderen Mann daten, Wallace Shawn (75), der ca. 30 cm kleiner ist als sie, und mit dem sie ihren Ex-Mann mit dessen neuer Frau (ca. 25) trifft. Sie will sterben, fasst aber neuen Mut, nachdem sie sich vom Online Dating zunächst abmeldet und einen Tag später wieder anmeldet. Gottseidank wartet immer noch der fabelhafte Richard Dreyfuss auf sie.
Ich finde, jede Frau jeden Alters sollte Sex haben, wenn sie es will. Das kann man auch verfilmen, nötigenfalls. Aber sie als unsympathische, tödlich nervende Knallchargen darzustellen, denen lauter Knallertypen hinterherrennen, ist ein Ärgernis.
Keaton war mal Woody Allens Muse (was in der Nachbetrachtung leider auch eine eher zweifelhafte Angelegenheit ist), Candice Bergen legte sich in ihrer Serie "Murphy Brown" tagesaktuell mit George Bush an, Jane Fonda demonstrierte gegen den Vietnam Krieg und galt als in ganz Amerika verhasst, Mary Steenburgen tja, (keine Ahnung, was die mal gemacht hat) - und am Ende müssen sie kreischende, unerträgliche Frauen spielen, die ihre "innere Göttin" finden?
Wirklich?
Ich kenne den Film nicht, doch scheinbar war er wirklich grausam.
AntwortenLöschenDie erfrischende Kritik dazu hat mich allerdings sehr zum Lachen gebracht.
Danke dafür
Sehr gerne;)
Löschen„Book Club“ heißt er
Ich hätte mich wieder wegschmeissen können. Ich mag alle genannten Schauspielerinnen, gut Jane Fonda - klar kenne ich sie aber selten was mit ihr gesehen- , aber deine Beschreibung löst in mir tatsächlich auch eher den Wunsch aus, DAS auch mal zu sehen...
LöschenDu bist einfach köstlich!!!
Ach, meine Liebe...
LöschenGeh ruhig in den Film, bin gespannt, wie du ihn findest.
Wegen dem Bericht überlege ich ernsthaft mir das auch irgendwann anzutun. Also den Film, nicht Sex im Alter.
AntwortenLöschenOder doch besser umgekehrt?
Jeder, wie er möchte.
LöschenIch frage mich, ob man das Drehbuch einem verarmten Autorenschlucker in einem Folterkeller oder ähnlichem entpresst hat?!?! Wobei es natürlich ein gekonnter Dreh des Geknechteten ist, wenn er widerum mit dem Buch uns alle foltern kann...
AntwortenLöschenIch hab mir auch schon mal überlegt, ob ich anfangen, Lore Romane zu schreiben, das soll sehr auskömmlich sein.
LöschenEinfach furchtbar, denn mit solchen Filmen wird das Narrativ verstärkt, dass es vor allem darauf ankommt, bis zum Grab fickbar zu bleiben!
AntwortenLöschenDabei nimmt mit den Wechseljahren das Östrogen derart stark ab, dass nach einer wilden Zeit des Übergangs mit verstärktem sexuellen Interesse (weil nun erstmal das Testosteron überwiegt) der Stellenwert von Sex drastisch in den Hintergrund tritt. Und das ist gut so! Fühlt sich toll an, ist Freiheit.
Wirklich schrecklich, dass man heutzutage auch mit 80 noch ONS haben muss
LöschenDen Zeichentrickfilm muss ich sehen.
AntwortenLöschenViel Spaß. Nimm die Gräfin mit. Danach macht ihr bestimmt einen Tanzkurs ;)
LöschenGuten Tag,
AntwortenLöschenLeider ist der Begriff "in Würde altern" in den USA seit Jahrzehnten verboten. Man West sagte vor gefühlten 100 Jahren: "Getting old is not for sissies."
Gruß
Jens
Und wie recht sie hatte
LöschenWenn du unbedingt was mit alten Frauen gucken willst: Georgie & Frankie. Serie auf Netflix. Lily Tomlinson und na klar: Jane Fonda. Beide werden gleichzeitig von ihren Männern verlassen, weil die eigentlich schwul und seit Jahren ein heimliches Paar sind. Wenig hysterisch, kaum Gekreische, und (eben deshalb?) recht langweilig. Zu gemächlich für mich, würde es aber unser Omma empfehlen, wenn sie Netflix hätte.
AntwortenLöschenDa ich ja ausschließlich Arte gucke, fiel mir dort neulich Brigitte Fossey auf. Die Mutter aus La Boum. Damals schöne Mutter, heute schöne Oma. Google mal. Zur Abwechslung mal keine operierte Visage, sondern in Würde... du weißt schon.
Georgie & Frankie kenne ich. Leider Sterbenslangweilig.
LöschenIch musste gerade dermaßen lachen. Und das will etwas heißen an einem Tag wie diesem. Danke dafür. I'll be back.
AntwortenLöschenSehr gerne. Ich schau auch gleich mal bei dir rein.
LöschenDisclaimer: Bei mir ist es total deprimierend. Anders kann man es nicht sagen.
LöschenDas muss ja nichts Schlechtes sein...
LöschenDas ist wahr. Ich nehme die ganze Malaise zumindest teilweise mit Humor. Anders geht's ja auch irgendwie gar nicht.
Löschen