Jetzt arbeitet dort Andy Garcia. Eine Augenweide, der Mann. Braungebrannt, kakifarbene Shorts samt passend farbiger Sneaker, dazu ein lachsrotes T-Shirt, auf dem "Rettungsschwimmer" steht. So sind jetzt alle Angestellten eingekleidet.
Wenn ich ehrlich bin, irritiert mich das mit den Sneakern. Wenn ich nun vor seinen Augen in Seenot geraten sollte, wäre er nicht so behende im Wasser, wie erforderlich. Alle anderen haben auch Flip Flops an, aus denen ist man ja schnell raus in case of absaufen.
Apropos absaufen: las ich doch vor ein paar Tagen im Tagesspiegel, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn man ein Kind vor dem ertrinken rettet. Weil? Ja, weil das Kind riesige Kräfte entwickelt und dem Retter an die Kehle geht. Ja, genau so stand das in dem Artikel. An die Kehle geht und dann keiner von beiden überlebt. Und dass man das Kind erst absaufen lassen und sich ihm erst dann nähern soll, wenn's also nicht mehr zappelt und dies auch möglichst nur von hinten, damit es einen nicht sieht und einem nicht vor Angst die Gurgel zudrückt. Ich habe das mehrmals gelesen und dachte, was soll das denn für ein komischer Reflex sein, von dem habe ich ja noch nie gehört?
Aber zurück zu Andy Garcia. Er ist ein Frauenbeglücker. Jede einzelne der um diese Zeit eintrudelnden alten Schachteln, inklusive mir, begrüßt er mit einem strahlendem Lächeln, so als ob er genau auf sie (und nur auf sie) gewartet hat. Und wenn mal um 7.20 Uhr auch eine jüngere Frau kommt, ist er nicht charmanter als sonst auch. Neutral wie die Schweiz, quasi.
Jede Frau steigt geschmeichelt in die Fluten, nachdem sie ihr Frühbucher-Ticket bei ihm bezahlt hat. Um die Zeit ist das Kassenhäuschen nämlich nicht besetzt, das macht er alles persönlich, direkt am Beckenrand.
Er verbreitet derart gute Stimmung, dass wir Frauen in der Dusche inzwischen dazu übergangen sind, uns herzlich zu begrüßen, zu verabschieden und gestern bat mich sogar eine Frau darum, ihr den BH schließen; was eine ungewöhnlich intime Angelegenheit ist, um die ich bisher im öffentlichen Raum noch nie gebeten wurde und ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass derlei nicht einreißt.
Heute sprachen wir sogar über unseren attraktiven Bademeister, und eine Frau wusste zu erzählen, dass er der neue Geschäftsführer ist (daher die Sneaker) und sehr glücklich verheiratet ist, ein sehr schönes Paar sei das, tja, das glaubten wir alle sofort. Falls seine Gattin mal an seinen Qualitäten zweifelt, muss sie einfach nur morgens schwimmen gehen und dann weiß sie gleich, dass sie ein begehrtes Goldstück zuhause hat.
Und obwohl während der zurückliegenden Jahre um 7 Uhr das Freibad menschenleer war, ist jetzt Hochbetrieb mit erbitterten Machtkämpfen um die Wasserbahn-Hoheit. Ob die Überfüllung nun an Andy Garcia liegt oder an der Klimakatastrophe oder an den immer fitter werdenen Rentner*innen, die den hitzebedingt zu erwartenden Kinderhorden frühmorgens auszuweichen versuchen - Fakt ist, ich muss mir einen neuen Badeanzug kaufen. Und womöglich über Permanent-Make up nachdenken. Man wird als Frau nicht schöner im Chlorbecken.