Mittwoch, 31. August 2016

Gott würfelt nicht. CEOs aber schon.

Im Auto höre ich Radio und da wird erzählt, dass vor allem DJs und Musiker unter Depressionen leiden. Wegen der Nachtarbeit undsoweiter. Der arme Moby hat sogar ein Lied drüber komponiert. Ich hing so meinen Gedanken nach.

Man sollte mal lieber erforschen, ob Tippsen unter Depressionen leiden. In Relation zur Weltbevölkerung. Von uns gibt's viel mehr. Aber wir haben nicht soviel Glamour. Ich vermute, dass es sich nicht so sehr um Depressionen handelt, unter denen wir leiden, sondern um Verbitterung. Genauer gesagt, leide ich aktuell unter einer ziemlich manifesten Verbitterung, seit sechs Wochen schon. Ich mache mir schon einige Sorgen, dass ich bald aussehe wie Angela Merkel, nur mit einer anderen Frisur halt.

Hat eigentlich schon mal jemand davon gehört, dass irgendjemand von einem sogenannten Change Mangement profitiert hat, außer den paar Hanseln, die alles ausgeheckt haben?

Die einzige Umstrukturierung, die ich bisher erlebt habe, war aus der Not geboren, diente dem Überleben und endete in einer Insolvenz, aber da hatte ich das sinkende Schiff längst verlassen. 

Jetzt erlebe ich das bei lebendigem Leib, ohne Exit Strategie und auch wenn ich als eher hysterischer Mensch durchaus Gefallen an ups and downs habe, ist mir das im Moment doch ein bissel zuviel Theater, vor allem, weil es keinen Grund gibt, außer dem sinnlosem Spieltrieb einiger Hardcore-Narzissten. No reason, just for fun. 

Und ich Dummerchen dachte immer, dass ich es zu einer gewissen Unersetzlichkeit in meinem Tanzbereich gebracht habe. Was ja auch eine Form des Narzissmus ist. Da hab ick mir aba jetäuscht. 

Ja, den Alten gibt's nicht mehr. Mich aber auch nicht; jedenfalls nicht mehr dort, wo ich sein will. Ich hab jetzt eine tolle Saftschubsen-Karriere vor mir. Der Spaß ist vorbei. 

Der poetische Auspacker in der vorherigen Firma war mir an Gelassenheit meilenweit voraus. Er hatte an die Wand ein Stück Pappe geklebt, auf dem stand:


Kisten.
Wo kommt ihr her? Wo geht ihr hin?
Wo ist der Sinn? 
Kisten.

Montag, 29. August 2016

Dumm gelaufen

Neulich habe ich angemerkt, dass ich noch auf den Beginn des Sommers warte. Mir werden aber auch immer die Wünsche erfüllt, an denen mir gar nicht so gelegen ist. Vor allem, wenn eine Hitzewelle mit zwei Seminartagen zusammenfällt.

Wenn ich im Büro bin, in dem ich aus Gründen nur noch in der innerlich gekündigten Version anwesend bin, denke ich immer, so ein Seminar, das wär's jetzt. Bloß weg hier. So spricht die frustrierte Arbeitsbiene, die an Fernreisen in kochendheiße Länder nicht interessiert ist und sich daher in Bildungszentren am Stadtrand herumtreiben muss.

Und mir war alles recht: Rhetorik Seminar. Mit Video Aufnahmen. Da sind dann alle gezwungen, den anderen Teilnehmern zu sagen, wie toll sie waren. Ich war auch mal auf einem Telefonseminar, zu dem wir alle gezwungen wurden, ich betone das extra, denn ich brauche kein Telefonseminar. Ich werde öfter mal für den Anrufbeantworter gehalten. Eigentlich brauche ich auch kein Rhetorikseminar, aber wie gesagt, ich musste mal raus. 

Jedenfalls sind all diese Seminar nutzlos, weil auch denen, die keinen Satz geradeaus sprechen können, immer nur bestätigt wird, wie gut sie das machen.

Als ich Freitag Nachmittag nach Hause fuhr, bekam ich eine ärgerliche Mail aus dem Büro und schon graute mir vor Montag. Ich kenne das nicht, dass mir vor dem Büro graut (also, vor Cheffe graut mir ab und an, aber nicht vor dem Büro). Daran muss ich mich noch gewöhnen. Also dachte ich ein bisschen an eine klitzekleine Krankheit, aber nur was ganz harmloses natürlich. 

Es war nur so ein kleiner Gedanke, der sich schnell verflüchtigte, denn ich musste noch auf den Geburtstag der spielsüchtigen Auftragsmörderin, die sich einen DoKo Abend wünschte. Bis 3 Uhr morgens saßen wir in der Kneipe, 40 Grad Innentemperatur, denn wegen der schlechten Beleuchtung müssen immer auch Kerzen angezündet werden. Ohne das 'Wasser Spray Aqua' von DM hätten wir nicht überlebt.

Am Samstagabend fiel ich dann bei Freunden die Treppe runter, mit einer Gartenliege unterm linken Arm. Ich ließ sie nicht los und nun bin ich demoliert von oben bis unten. Meine Knie sahen auf einen Schlag 40 Jahre jünger aus. Nachts wachte ich auf und diagnostizierte innere Blutungen und Wundstarrkrampf, aber es war wohl nur zu heiß. 

Ein Schnupfen wäre mir lieber gewesen. 

Donnerstag, 25. August 2016

Zwei Minuten Porno


Gina Lisa. 

Ich habe mir die zwei Minuten angesehen, nachdem ich eine Menge gelesen hatte zum Thema.

Ich weiß natürlich nicht, wie es ist, ein Mädchen zu sein, dass unbedingt zu Heidi Klum will. Ich habe auch keine Ahnung, in welche Gesellschaft man dann gerät, in welchen Sog, ob man mit Günther Klum schlafen muss, welche Drogen man gereicht bekommt und wie man drauf sein muss, wenn man all dem nichts entgegenzusetzen hat, außer sich Titten und Lippen aufspritzen zu lassen. Ich weiß nicht, ob Semi-Prominenz damit einhergeht, hernach mit maximal bescheuerten Typen ins Hotel zu gehen, in der Hoffnung, dass die freundlich bleiben.


Nun zum Video. Da ist viel drüber gesprochen worden. Ob das nun eine Vergewaltigung ist oder nicht. Es wurde gesagt, dass die Männer sich nicht gerade als Gentleman erwiesen haben.

Tja, ich dachte, möge der liebe Himmel verhüten, dass ich jemals so beschissenen Sex haben werde. Zwei Typen, die nicht nur keine Gentlemen sind, sondern auch völlig talentfreie Liebhaber, die keinen ihrer gestammelten dirty talk Fragmente unfallfrei über die Lippen bekommen, die also von kaum zu überbietenden Blöd- und Dämlichkeit sind und so lächerlich anzuschauen, dass man lachen möchte, wenn's nicht zum heulen wäre. 

Drei hirnbefreite Menschen aus offenkundig bildungsfernen Herkunftsfamilien hatten in jeder Hinsicht unterirdischen Sex. Zuviel Pornos geguckt und sich gedacht, so geht's. Den Schwanz in jede Körperöffnung stecken, so grob es eben geht, Handy draufhalten, hochladen und fertig ist der Fick-Weltmeister.

Man kann denken was man will, dass sie das wegen der Publicity macht, oder weil sie nüchtern einen Schreck bekommen hat und sich nicht nur vergewaltigt fühlt, sondern auch vergewaltigt wurde, und dass sie deshalb jetzt ins Dschungel-Camp gehen muss, wegen der Anwaltskosten, und, und, und...aber.... 

....abseits von all dem Elend: so beschissene und strunzdoofe Liebhaber hat keine Frau dieser Welt verdient. Nicht mal so eine grottenarme Seele wie Gina Lisa.

Mittwoch, 24. August 2016

Diva



Im Café.

Neben uns sitzt ein Paar nebst imposanter belle-mère, die nicht genug von ihrer Smartphone-Spiegel-App bekommen kann. Immer wieder hält sie sich das Handy vor's Gesicht und prüft, ob was derangiert und daher zu richten ist.

Sie hat volles Theater Make up aufgelegt, big hair, ihre Augenbrauen sind schwarz nachgezeichnet, der Mund dunkelrot angemalt und insgesamt macht sie einen dramatisch schlechtgelaunten Eindruck. Das einzig Schöne in ihrem Leben - scheint sie beschlossen zu haben - ist sie selbst.

Von der blässlichen Schwiegertochter wird sie unverhohlen verächtlich beobachtet; auch am Gespräch beteiligt sich diese nicht, das ohnehin nur plätschert. Der Sohn muss es richten. Viel zu sagen gibt es nicht. Wann immer er das Wort an seine Mutter richtet, antwortet sie einsilbig, zückt schnell das Handy und bewundert sich wieder selbst.

Er ist sicher eine Enttäuschung, weil er sich keine Alexis Carrington zur Ehefrau gewählt hat, sondern diese sträflich ungeschminkte Frau, mit der sie nun gezwungen ist, den Sonntagnachmittag zu verbringen und der sie gewiss schon unzählige Tipps zur Selbstoptimierung gegeben hat, leider für die Katz.

Immer, wenn ich solche Szenen sehe, denke ich, dass Menschen sich täuschen, wenn sie glauben, dass es vor allem für das Alter wichtig ist, Kinder zu haben. Wenn alles schiefgeht, wird man am Ende widerwillig zu irgendeinem Kuchenbuffet gekarrt, für das man sich extra eine Rosen-Jacke aus Vollplastik bei QVC bestellt hat und alle sind froh, wenn der Nachmittag vorüber ist.

"Altes West-Berlin, hm?" fragt meine Begleitung, "Geht noch schlimmer. Nächsten Sonntag gehen wir ins Café Roseneck und warten auf Rolf Eden."

Der Himmel zieht sich zu.