Samstag, 24. Juni 2017

Nordsee - gefährliches Pflaster

Ich hatte ein klein wenig zu früh frohlockt bezüglich der frischen Brise an der Küste. Es war drückend heiß und zwischendurch gab es Gewitter, die alles nur noch tropischer machten. Obwohl so ein Gewitter am Meer seinen eigenen Charme hat. Die Donner sind keine gewöhnlichen Donner, sondern ein nicht enden wollendes Grollen, ich glaub, es liegt an der Akustik, ein ganz satter Ton, der einem alle Haare zu Berge stehen lässt. Ich liebe das.

Auf der Hinfahrt sahen wir, nachdem wir den Elbtunnel ohne weitere Vorkomnisse passierten, dass auf der Gegenseite ein 6 km langer Stau war. Da beschloss ich, dass ich den Rückweg über Norwegen nehme. Für kein Geld der Welt warte ich stundenlang vor einem Tunnel, nur um weitere Stunden im Tunnel zu verharren. Ich bin doch nicht bekloppt. 

Als wir am Hafen ein Eis aßen, lernten wir eine Frau kennen, die neben uns saß. Beziehungsweise lernte ich sie nicht kennen, sondern meine Begleitung, die für jeden Menschen ein freundliches Wort übrig hat. Die alleinreisende Dame erzählte dann in einem merkwürdig schleppendem Singsang auch gleich ihr ganzes Leben: ihre zwei Scheidungen, ihr harter Job, ihre Töchter und dass sie sich nicht nehmen lässt, seit 30 Jahren an diesen Ort zu fahren, in die immer gleichen Pension, ihr Highlight des Jahres. 

Ich möchte mich hier nicht interessanter machen als ich bin: für letzteres habe ich sogar Verständnis; auch wenn ich gerne die Gemächer wechsle, um dem Ganzen wenigstens ein Hauch von Abenteuer zu geben.

Immerhin: mehrmals war ich im Watt, ziemlich weit draußen, über die Priele hinaus, bis dorthin, wo wieder Wasser ist, das darauf wartet, gemächlich zurückzufließen in Richtung Deich.





Ich drehte mich oft um zum Ufer um, also zum richtigen Ufer und dachte, wenn jetzt nur kein Unglück geschieht, weil wir den Ebbe-Flut-Kalender falsch verstanden haben. Im Grunde ist es wie auf dem Mond. Stille, winzig kleine Dünen unter den Füßen und ich versuchte mir in case of Seenebel einzuprägen, wie es sich unter den Füßen anzufühlen hat, um nicht weiter raus, sondern wieder zurück ans Ufer zu laufen. 

Plötzlich hielt ich inne, ein Brausen und Sausen kam über das Meer, der Himmel verdunkelte sich und mir war klar, jetzt ist er da, der Notfall. Aus dem Nichts kamen Wellen. In meiner kleinen Welt waren das Monsterwellen. 

Mir wurde schwindelig. Das musste ich natürlich verheimlichen. Man macht sich ja zum Obst als Vollblutneurotikerin, wenn man nicht nur retrospektiv und sich selbst verspottend von hirnrissigen Panikattacken berichtet, sondern die Peergroup live dabei ist. Aus der Schublade kommt man ja nie wieder raus.



Also behauptete ich, dass ich das Fischbrötchen nicht vertragen habe und jetzt ganz dringend wohin müsse. Niemandem ist aufgefallen, dass ich gar kein Fischbrötchen gegessen habe. Oder sie taten so. Was ja auch nett ist.

4 Kommentare:

  1. Super-Headline ;-)
    Habe angemessen mitgezittert bis zum Fischbrötchen.
    Aber wir kriegen noch Teil 2, ja? Die Flucht vor den Zehn-Meter-Wellen? Die Schritte in die Richtung, die sich unter den Füßen falsch anfühlt? Die Notrufe übers Handy, wobei eine auf die Schultern der anderen...
    Das geht jetzt nicht einfach mit Büro weiter, nein?

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    1. Die Headline! Ist dir eigentlich klar, dass es länger dauert, eine Überschrift zu finden, als den Text zu schreiben? Ich bin schon so verzweifelt, dass ich überlege, sie ab jetzt einfach durch zu nummerieren.

      Du willst also mehr? Dann muss ich natürlich auch von dem Tornado berichten.

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    2. Tornado!!! Ich will alles!
      Pro-Tipp wg. Headline: "Nordsee ist Mordsee" bzw. "Ohne Visum nach Büsum"

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    3. "Nordsee ist Mordsee" hatte ich, schien mir dann aber zu abgegriffen. Und dass ich in Büsum war, sollte natürlich ein Geheimnis bleiben.

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