Donnerstag, 24. Januar 2019

Finally rauchfrei

Ich hab ja immer gesagt, dass ich nicht nikotinsüchtig bin. Die Handlung ist's. Irgendwas in den Fingern haben und vor mich hindampfen, wenn mir danach ist. 

Was soll ich sagen? Es stimmt. Seit 14 Tagen rauche ich nicht mehr. Nur E-Zigarette ohne Nikotin, dafür mit Eukalyptus-Geschmack. 

Ich mein', ich höre mich an wie Darth Vader, wenn ich an diesem Elektrodings sauge und es liegt auch recht schwer in der Hand und dass ich gaaaaanz lange daran ziehen muss, damit das Liquid das tun kann, was ein Liquid tun muss (fragt mich bitte nicht was, hat mir die Verkäuferin erklärt und ich hab's gleich wieder vergessen) und es auch eine gewisse Eingewöhnungsphase gab, weil ich Eukalyptus doch sehr mit Bonbons assoziiere und ihr wisst ja, was passiert, wenn man versehentlich einen Bonbon einatmet (genau, man braucht gute Bekannte in der Nähe, die den Heimlich-Griff beherrschen), naja, trotzalledem bin ich zufrieden, dass es diese Ersatzhandlungsdinger überhaupt gibt. Ich hätte sonst nie aufhören können. Kein Zucker und keine Zigaretten mehr, es gibt auch bei mir Grenzen des Machbaren. 

Überhaupt diese Läden, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, House of Vapes London, Tante Dampf, Capital Vapers, VapeOne, Dämpfchen, Lynden Vape Culture, Hello Vape und wie sie alle heißen: betritt man so einen Laden (ich war in zweien), wird man grundsätzlich geduzt. Zudem verdächtig freundlich und geduldig bedient. 

Kein Wunder die müssen ihre Klientel ja ganz neu züchten. Uns gibt's noch nicht wie Sand am Meer. Also gibt man uns das Gefühl, wir seien furchtbar jung, lässt uns an allen Geschmacksrichtungen nuckeln, um nach einstündiger Beratung ca. 30 € im Laden zu lassen, was sich meiner Meinung nach nicht rechnen kann, aber vielleicht machen die ihr Geld mit den Liquid-Junkies und wahrscheinlich bin ich auch bald einer. 

Irgendwas muss da drin sein, ich bin seit Tagen ganz früh müde und geh teilweise schon um 22 Uhr ins Bett, nach 10 Minuten bin ich schon in der ersten REM-Phase. 

Das nächste Projekt: ich habe einen Flug gebucht. Dazu ein anderes Mal mehr.

Sonntag, 20. Januar 2019

Erschleichung schwelgerischer Widmungen

Eine Wochenendreise in die Heide, zu einem der Hauptprotagonisten meiner kleinen Serie:

Männerbekanntschaften 1
Männerbekanntschaften 2
Männerbekanntschaften 3

Ich hätte diesen Post gerne "Männerbekanntschaften 4" genannt, aber die Frauen waren in der Überzahl (4:2)  und ich will niemanden in die Irre führen. Geplant ist ein heiteres Groupie-Treffen mit Besichtigung des Familien-Archivs, wegen dem der Autor das Leben seines Alter Egos Martin Schlosser minutiös nacherzählen kann. Martin Schlosser hat ebenso viel männliche wie weibliche Fans und bietet viel Anlass für Lob, Preis und Anbetung.

Aber zunächst mal bin ich heilfroh, dass ich meine Wärmflasche dabei habe, denn in des Großmeisters großzügiger Behausung wird die Benutzung der Heizung offenbar für überschätzt oder anderweitig überflüssig gehalten, dabei waren 6 Grad minus draußen. Ich fürchte, er hat es mit der Schildrüse, denn bei Über- (oder Unter)funktion haben diese Menschen keinerlei Kälteempfinden mehr.

Ein Spaziergang zum Elbe-Seitenkanal wurde anberaumt, den ich tagsüber auch sehr gerne gemacht hätte. Nun war es bereits stockdunkel, nur der Mond schien fahl auf die Felder. Wir stapften durch die totenstille Einöde, den Deich hoch, am spiegelglatten Wasser entlang und mir wurde und wurde nicht warm, denn dazu liefen wir zu langsam. 

Nach dem Essen wurde viel getrunken, ich war wie immer nüchtern und muss zugeben, dass es mir von Jahr zu Jahr schwerer fällt, immer die einzige zu sein, die die Ausfälle enthemmter Mitmenschen bei lebendigem Leib ertragen muss. 

Es gibt ja kaum was Schlimmeres, als traurigen betrunkenen Menschen zuzusehen. Eine der Frauen, vom Schicksal gebeutelt durch zeitgleichen Mann- und Jobverlust gab sich die Kante (möglicherweise vertrug sie auch einfach nichts) und wurde dann so anstrengend, dass ich gleichermaßen den Mann und den Verlag wegen des Abbruchs der Beziehungen zu verstehen begann.

Sie hatte nach oben geheiratet und konnte nun mit einem Eintrag im Gotha reüssieren und obwohl ihr Adels-Gatte auf der einen Seite wohl ein grausamer Armleuchter ersten Ranges zu sein scheint, ist sein Name auf der anderen Seite doch Grund genug, ihn zu behalten, denn die eigenen Kinder im Gotha, das wird einem heutzutage auch nicht allzuoft geboten. Die Trauer und der Alkohol sorgten allerdings daür, dass sie uns das in Endlosschleife erzählte, was uns wiederholt zwang, das Thema mehr oder weniger abrupt in andere Bahnen zu lenken.

Eine andere der anwesenden Frauen erzählte bereits in den ersten drei Minuten von der lange, lange zurückliegenden dreijährigen Beziehung zu einem weltbekannten 27 Jahre älteren britischen Punkrock-Musiker, der heute immer noch ein toller Mann sei. Das erinnerte mich an den Film "A Star is born", den ich neulich gesehen durchlitten habe. Wann immer ich auf einem Konzert war, hat mich nie der Sänger auf die Bühne geholt, um direkt im Anschluss eine langjährige Beziehung mit mir zu beginnen. Irgendwas ist schief gelaufen in meinem Leben. 

Jedenfalls war die Rockstar-Frau erfrischend natürlich, liebenswürdig und gutgelaunt. Und hat zudem eine bedeutende Position in einem bedeutendem Verlag inne - leider in denselben Verlag, der ihre adelige Freundin gerade gefeuert hatte. Man sah den beiden Frauen an, dass dieser Umstand eine Prüfung ist und für alle Zeiten sein wird.

Später in der Nacht sagte unser Gastgeber, wir sollten doch noch mal alle runter ins Archiv stiefeln, er habe da so einen Extra-Schrank, nur gefüllt mit Belegexemplaren seiner Bücher, da könnten wir uns alle aussuchen, was wir wollten. Es sei doch absurd, dass die Bücher in einem dunklen Keller versauern, anstatt gelesen zu werden. Ungläubigkeit in unseren Gesichtern. Ob er das wohl ernst meinte? Meinte er, und unter anderem deshalb muss man ihn lieben. 

Wir schleppten also ziemlich viele Bücher nach oben, die er uns alle geduldig signierte. Die Adelige befahl mit schwerer Zunge: "Jetzt schreib mir mal was schwelgerisches rein" und der anwesende Anwalt meinte: "Hier werden sich schwelgerische Widmungen erschlichen" und ich dachte, Zack, das ist doch mal ein Blogtitel.

Und ich möchte euch am Ende eins der Bücher unseres Gastgebers dringend ans Herz legen, denn wenn ihr das gelesen habt, werdet ihr automatisch alle Folgebände lesen wollen.

Der Kindheitsroman

Alle Babyboomer und deren Eltern werden es lieben. 
Und die anderen auch.







Dienstag, 15. Januar 2019

Führen und folgen (Tango für Anfänger)

Gewisse Umstände haben mich in ein Wochenend-Tango-Workshop gespült. Noch vor kurzem hätte ich die Hände für mich ins Feuer gelegt, dass ich dergleichen niemals zu berichten haben werde. 

Mich interessiert Paartanz nicht. Ich kann mich nicht führen lassen und bin sicher kein Quell der Freude, wenn man mich an der Backe hat. Und diese körperliche Nähe zu wildfremden Menschen - och nö. Um jemanden näher als die europäische Armlänge zu ertragen ist unabdingbar, dass ich ihn/sie sehr gerne habe. Alle anderen bleiben mir bitte vom Leib.

Leider es nützt nichts, mit vertrauter Begleitung zu erscheinen: alleweil müssen die Tanzpartner*innen gewechselt werden. 

Aber mal zum wesentlichen: Tango ist ein interessanter Tanz, der ein bisschen wie Bodenarbeit mit dem Pferd ist. Da muss ich auch nonverbal führen und das Pferd muss meine Signale so gut verstehen, dass es mir folgt.  Wenn es mir nicht folgt, bin ich nicht deutlich genug.

Führen und folgen, darum geht es beim Tango. Hört sich einfach an, ist sauschwer. 

  • Part 1: Arme im rechten Winkel ausstrecken, das Gegenüber legt seine spiegelgleich obenauf. Der untere Arm führt. (sehr schwer)
  • Part 2: Arme auf die Schultern des Gegenübers legen. Das Gegenüber führt und hat dabei seine eigenen Arme hinter seinem Rücken verschränkt. (sauschwer)
  • Part 3: Übliche Tanzhaltung (fast nicht zu schaffen)

Nun sah das alles eher aus wie Schränke schieben und meistens habe ich mich auch so gefühlt. Entweder war ich der Schrank oder ich schob einen, mit heiligem Ernst. Viel zu lachen hat man obendrein nicht, weil a) hat es nichts mit tanzen zu tun und b) soll man auch nicht schunkeln oder hüpfen, sondern statuengleich und schnörkellos geradeaus oder höchstens im rechten Winkel zur Seite gehen.

Dennoch geht es soviel um Kommunikation, Missverständnisse, Fehlannahmen, Neubeginn (=Milchtritt), Anlehnung, etc. - wie ich schon immer über diesen Tanz dachte: ein jeder birgt in drei Minuten eine zehnjährige Beziehung von Anfang bis Ende. 

So wie ich also monatelang versucht habe, ein Pferd wort-und berührungslos von links nach rechts zu bewegen, so mühte ich mich jetzt mit verschiedenen Menschen ab. Und die waren aber auch verschieden! 

Ein schwuler Mann beschwerte sich bei mir, dass er tags zuvor auf einer Milonga war, wo "leider" auch Heterosexuelle waren. Dabei schürzte er leicht angewidert die Lippen. Ich sah ihn schuldbewusst an. 

Das Küken, höchstens 22, tanzte mit geschlossenen Augen; egal, ob sie führte oder folgte. Sagenhaft intuitiv war sie, als ob sie in einem früheren Leben schon einmal Schleiertämze aufgeführt hätte. 

Eine Frau sah alle ihre anderen Tanzpartner beim tanzen unverwandt an, bis auf den Seelengrund starrte sie und korrigierte immer in so einem leichten Domina-Ton, der merkwürdig konterkarierte mit ihrem goldbelockten Engelsgesicht: "Du haust mir schon wieder ab". Dann kam die Tanzlehrerin und bestätigte, dass ich stets mit dem Oberkörper zurückweiche. Ich fand das nur logisch. Wenn ich mit Blicken so aufgespießt werde, ich bitt' euch! Ich will selbst entscheiden, mit wem ich ernstgemeint und unmissverständlich Augenkontakt aufnehme. Ich kann gucken, da wächst kein Gras mehr. Wenn ich will. 

Fazit: ich empfehle es jedem, aber werde das nicht weiter verfolgen. Bis das mal gut aussieht, vergehen Jahre. Ich schau lieber zu, im Sommer, im Mon Bijou Park.

Donnerstag, 3. Januar 2019

Wenn Frauen spazierengehen

In meiner Straße steht ein Haus, an dem ich im Winter besonders gerne vorbeigehe. Es ist fast vollständig verglast und an einer Wand hängt ein riesiges, goldenes Buddha-Relief. Dieses wird angestrahlt, was widerum für eine warm-goldene indirekte Beleuchtung des ganzen Raumes sorgt. Es sitzen fast immer zwei Menschen, ein Paar, in Sesseln und lesen. Ich stell die mir sehr glücklich vor und obwohl ich mit Buddhismus nix am Hut habe, wie überhaupt die großen Weltreligionen spurlos an mir vorbeigehen, liebäugel ich mit etwas großlächig Goldenem an der Wand, wegen der schummrigen Illumination.

Ein anderes Haus, das vom umfassend halbgebildeten Prekariat wie mir gerne "Architektenhaus" genannt wird, weil es erkennbar nicht von einer der üblichen Fertighausfirmen hingestellt wurde, sondern neugierig machende Einblicke bei gleichzeitiger Undurchdringlichkeit in die interessanten Räume bietet, hat offenbar auch glückliche Besitzer, denn als ich vorbeigehe, steht ein ein riesiger weißer SUV mit puristischer Hochzeitsverkleidung vor der Einfahrt und vor der Haustür stehen Batterien von Champagnerflaschen. Eine Dezemberbraut muss nicht schwitzen, eine vorteilhafte Terminierung der Eheschließung, wie ich meine. Wie schade, dass unsereiner immer nur auf Sommerhochzeiten geladen wird, im vergangenem August waren wir mehr tot als lebendig und die kochendheißen Speisen wurden nur verzweifelt betrachtet denn gegessen.

Um die Ecke steht ein Haus, das einen manische Besitzer hat, der offenbar von niemandem gestoppt werden kann. Es wurde ein riesiger Anbau aus Glas ans Haus gedübelt, der über alle Etagen geht. Offenbar wurde dieser Raum jedoch geplant, ohne auf eine mögliche Nutzung Wert zu legen oder tatsächlich nur, um einen riesigen Kronleuchter an die Decke zu hängen, von dem aber nur Flaneure etwas haben, denn der Extra-Raum wurde nach kurzer Zeit mit Stoffbahnen zur Innenseite abgehängt. Manchmal werden im Erdgeschoss Wäscheständer aufgestellt, die pompös vom Kronleuchter ins Szene gesetzt werden. Zudem würde über der Eingangstür ein Balkon angepappt mit einem kunstvollen Geländer, direkt vor ein Fenster. Allerdings kann niemand kann diesen Balkon betreten, denn eine Tür hat man nicht in die Wand gehauen. 

Man stelle sich vor, man lebt mit so einem Mann, der alle Tage mit unsinnigen Anbauplänen nach Hause kommt und diese auch noch in die Tat umsetzt. Dann doch lieber den mit dem goldenen Buddha, der versteht was von gütigem Licht und ließe mich im Winter 10 Jahre jünger aussehen.