Montag, 2. Februar 2015
Olli allein zuhaus
Olli ist vor zwei Jahren direkt gegenüber eingezogen. Wieder eingezogen. Es ist sein Elternhaus, er hat nur sechs Jahre seines knapp 50jährigen Lebens außerhalb des Dunstkreises seiner Eltern gelebt. Er kam jeden Tag nach der Arbeit vorbei, denn Mutti kochte für ihn und quartierte ihn anschließend auf der Terasse ein, hüllte ihn in eine Decke und befahl ein Nickerchen.
Vatti schnitt derweilen den Rasen mit der Nagelschere. Zweimal im Jahr fuhren die drei einträchtig in den Urlaub und Sonntags machten sie Ausflüge in die nähere Umgebung. Sie tragen alle drei grudegraue Gesichter und schlammfarbene Kleidung, nur manchmal schleicht sich ein verwegener schlamm-lila Ton in die diversen Ensembles.
Von uns allen unbemerkt zogen die Eltern eines Tages aus, in die Wohnung ihres Kronensohns und Olli zog in das Elternhaus. Große Ereignisse warfen ihre Schatten voraus. Riesiges Gerät parkte vor dem Haus auf der Straße, über die Länge des Gartenzauns und direkt vor meinem Haus wurden Halteverbotsschilder aufgestellt. Kein Stein blieb auf dem anderen. Vatti bewachte tagein, tagaus die Handwerker. Er ließ es sich nicht nehmen, ein großes Schild am Zaun aufzustellen, das jederman informierte, dass er der Bauherr ist.
Zusätzlich wurden Kameras aufgestellt, um die Gewerke lückenlos zu überwachen. Das brachte die direkten Nachbarn auf den Plan, denn dass auf den Hammergrundstücken nichts mehr unbemerkt blieb, erschien pathologisch. Die Kameras wurden neu justiert und fokussiert, Kopfschütteln blieb.
Als alles fertig war und wir wieder unsere Ruhe hatten, sah man fortan Olli den Rasen mit der Nagelschere schneiden, tagsüber patroullierten weiterhin seine Eltern übers Grundstück und schnippelten beflissen alles weg, was Olli übersehen hatte.
Kein Blatt passt zwischen die Drei. Auch keine Frau für Olli. Er hat furchtbare Angst vor Frauen, was bei den Erfahrungen mit seiner energisch zupackenden Mutter auch kein Wunder ist. Letzten Sommer parkte plötzlich ein Mercedes Cabrio vor seinem Gartentor und ein Traum von Frau stieg aus. Sie klingelte, beide stiegen in ihr Auto und fuhren weg.
Später am Abend kamen sie zurück, beide stiegen aus und er zeigte ihr irgendwas Weltbewegendes in seiner Garage. Sie tänzelte um ihn herum, er wich immer wieder zurück, sie blieb ihm auf den Fersen - wir fragten uns, was will sie von dem schlammfarbenen Olli und wo hatte sie ihn aufgetan?
Ist es sein mit Erdwärme beheiztes Haus? Kann Olli Kunststückchen, die außerhalb unserer Vorstellungskraft liegen? Jedenfalls wiederholte sich dieser Tanz vor seiner Garage einige Wochen. Es war nichts zu machen. Sie rückte ihm auf die Pelle, er wich panisch zurück. Sie gurrte, er stammelte. Ins Haus durfte sie nie und dann gab sie auf.
Olli fand nach diesem Ausflug in die Welt der Beziehungsanbahnung wieder zurück zu seiner einzigen Leidenschaft, dem vertikutieren. Er kaufte sich einen Rasenmäher-Roboter und der nervte uns den Rest des Sommers mit leisem Gebrumme, Tag und Nacht, bis wir uns durchsetzten "Olli, nicht nach 20 Uhr, das geht wirklich nicht."
Zu seiner Entschuldigung klingelte er ein paar Tage später bei allen umliegenden Nachbarn und schenkte jedem strahlend ein Foto. Er hatte sich nämlich eine Drohne bestellt, mit der er Luftaufnahmen seines Grundstückes und auch gleich der Nachbargrundstücke hatte machen lassen. Er sah allenthalben in betretene Gesichter, seine Begeisterung konnte niemand teilen. "Ich mein, wenn man schon mal eine Drohne hat", erklärte er. "Und wo ist die Drohne jetzt?" - "Wieder weg." Wir glaubten ihm nicht.
Außerdem hat er auf einen abgeschnittenen Baum eine riesige, lebensechte Eule installiert. Wir fühlen uns von dem Viech beobachtet. Die Richtmikrofone müssen wir noch finden.
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Manchmal frage ich mich, ob diese Art zu leben nicht die wirklich glücklich machende ist... ;-) Wenn man es denn kann... Oder macht er bei all dem einen unglücklichen Eindruck?
AntwortenLöschenHmm... Er macht im großen und ganzen einen schlammfarbenen Eindruck. Er ist freundlich und schüchtern, mehr kann ich nicht erkennen. Ich wär unglücklich an seiner Stelle. Immer die Eltern an der Backe, die sich andauernd in meiner Wohnung aufhielten, das wär nicht meins.
AntwortenLöschen... die Drohne ist weg, die Frau ist verschwunden ... die Eltern auch? Und fehlt sonst noch jemand aus eurer Straße? Ob man auf den Luftaufnahmen seines Grundstücks leichte bis hügelige Unebenheiten im Gras sieht? Oder in den Blumenbeeten? Das Weltbewegende in seiner Garage - war das seine Schaufelsammlung? Sperr deine Tür ab, heute Nacht. Und schlaf gut :-)
AntwortenLöschenWir vermuten, dass er eine Frau im Keller hat. Seit Jahren schon, keiner ahnt was. Er wäre der typische Kandidat. Mutti erlaubt ihm kein Weibchen, also hält er sich heimlich eins, so in der Richtung.
AntwortenLöschenGlücklich ist er bestimmt nicht. Alles weitere würde ich Dinah überlassen und die Lösung siehst du dann im ihrem nächsten Tatort. :-)
AntwortenLöschenUnd dann weiß ich gleich, wer der Mörder ist.
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