Eine Chronik
Irgendwann Mitte August: Die Auftragsmörderin teilt mit, dass sie Mitte September aufhört zu rauchen. "Ich mach mit! 15.9. ist Deadline." proklamiere ich ekstatisch. Wir sind stolz auf uns und wissen, diesmal werden wir es schaffen.
6.9. Ich beschließe vorzeitig, Nichtraucherin zu werden. Eine Stunde später werde ich krank. Ich nehme das als Zeichen. Eigentlich ist es ein Lattenzaun direkt vor meine Birne, was mir meine geplagte Lunge beschert.
7.9. Ich rauche nicht und geh zum Arzt, der schreibt mich krank. Ich leg mich hin und schlafe für eine ganze Weile ein.
8.9. Als ich mal kurz wach werde, informiere ich die Auftragsmörderin, dass ich schon früher aufgehört habe. Sie teilt mir mit, dass sie auch schon aufgehört habe. Wir sind sehr stolz auf uns. Planerfüllung vor der Zeit.
9.9. Ich rauche nicht. Herr Capitano wünscht mir guten Appetit. Damit spricht er ein heikles Thema an. Ich kann überhaupt nicht aufhören zu essen.
10.9. Immer noch rauchfrei. Ich fühle mich fantastisch. Herr Glumm kommentiert, dass der 15.9. ein einschneidendes Datum für ihn sei und dass der 15.9. vielleicht ja auch für mich ein wichtiges Datum wird. Er selbst habe an einem 31.12. das Rauchen aufgegeben. Der Druck wird größer. Wie kann ich das ignorieren? Mit Herrn Glumm am selben Tag ein einschneidendes Datum zu haben? Ich fange spontan an, wieder zu rauchen und am 15.9. den Sack endgültig zu zu machen.
11.9. Ich habe einiges nachzuholen und rauche wie verrückt. Verrückt vor allem, weil ich schlimmen Husten und Schnupfen habe. Aber daran ist nur Herr Glumm schuld. Ich bin auch nur eine Frau. Nennt mir eine, die dieser Verlockung hätte widerstehen können. Ein gemeinsames einschneidendes Datum, hallo?
12.9. Exzessives rauchen den ganzen Tag bis in die Nacht. Ich habe natürlich auch viel Zeit, weil ich nicht ins Büro muss. Man sollte nicht aufhören zu rauchen, wenn man keiner sinnvollen Beschäftigung nachgeht. Das war eine wirklich bekloppte Idee. Das Scheitern war im Grunde vorprogrammiert.
13.9. Nachricht an die Auftragsmörderin, dass ich eingeknickt bin. Sie antwortet, dass sie heute schon den ganzen Tag nicht geraucht hat, bis auf eben. Wir einigen uns wieder auf den ursprünglichen Termin. Ich rauche Kette. Noch zwei Tage Karenzzeit.
14.9. Endlich wieder ins Büro. Abends hole ich mir schnell noch eine Schachtel und beschließe, dass ich sie aufrauchen muss, damit morgen, am 15.9. nichts mehr im Haus ist. Ich gebe alles, aber ich schaffe es nicht. 5 bleiben übrig.
15.9. Der große Tag. Ich beschließe, dass es der letzte Tag ist, an dem ich noch rauchen kann. Die Auftragsmörderin und ich haben das nie so genau definiert. Ist es der erste Tag ohne Zigaretten oder der letzte Tag mit Zigaretten? Ich rauche die 5 Zigaretten und hole mir abends noch eine Schachtel, denn heute ist der letzte Tag, an dem ich noch rauchen darf.
16.9. Ich habe wieder ein paar übrig. Ich kann sie nicht wegschmeißen. Beschließe, dass sie beruhigende Wirkung haben. Für den Fall, ist es gut, was im Haus zu haben. Wenn gar nichts da ist, ist es schlimmer. Besser ist, zu wissen, ich könnte, wenn ich wollte. Am Abend rauche ich die Beruhigungszigaretten. Immerhin sind es die einzigen 4 an diesem Tag, was in meinem Fall dem Nichtrauchen sehr nahe kommt. Bin schon ganz schön stolz. Auch wenn es mit dem Glummschen einschneidenden Datum jetzt nichts geworden ist, aber der 31.12. ginge ja auch noch.
17.9. Ich wache auf, nichts im Haus. Ich fahre gleichmütig ins Büro. Denke, wie toll wäre es, wenn ich jeden Tag nur fünf Zigaretten rauchen würde. Wenn ich wieder zu einer Genussraucherin werden könnte. Nur dann rauche, wenn ich wirklich will. Nicht nebenbei, nicht nebenher, nicht ohne Grund. Und nicht vor 18 Uhr. Auf dem Nachhauseweg beschließe ich, dass ich es für den Anfang als Genussraucherin versuche. Dafür brauche ich natürlich Zigaretten. Ich kaufe eine Schachtel und rauche mit Genuss 11 Stück.
18.9. Ich rauche mit Genuss die restlichen 9 Zigaretten, über den Tag und Abend verteilt ist das ja so gut wie nichts. Im Schnitt alle zwei Stunden eine. Wenn ich sie über den Tag verteilt geraucht hätte. Ich will ja ehrlich sein. Selbstbetrug sieht mir gar nicht ähnlich. Ab 17 Uhr. Anderthalb pro Stunde. Das ist doch... immer noch ein guter Schnitt. Jetzt sind wieder keine da. Und ich habe mir keine neuen besorgt. Was vielleicht daran liegen mag, dass hier nicht mal mehr eine Tanke offen ist.
Ich finde, das hört sich doch alles recht vielversprechend an.
frau annika, bei mir sieht es mittlerweile so aus, dass ich seit über 2 1/2 jahren nicht mehr rauche, mir aber immer mal wieder wünsche, ich wäre noch raucher. das problem ist nämlich: wenn man einmal nichtraucher ist, möchte man diesen gesunden status nicht so schnell aufgeben. geniessen Sie also Ihre wunderbare unentschlossenheit. schöner wirds nimmer.
AntwortenLöschenZweieinhalb Jahre, eine Ewigkeit! Sehr tapfer. Ich bewundere das.
LöschenMeine Allerbeste,
AntwortenLöschenich hab gerade, zum gefühlten hundersten Mal dieses Jahr, meinen moralischen Montag, und nach dem Lesen deiner Zeilen könnte ich mich das erste Mal für diesen Tag, wegschmeissen....lach. VIelen Dank! Und da ich heute wirklich nix mehr hier auf der Arbeit zu tun habe, kann ich auch endlich nach Wochen mal wieder lesen, was ich alles bei dir verpasst habe, und das scheint mir eine Menge zu sein!
Und bytheway....die Vorstellung du mutierst zur absoluten Nichtraucherin, das macht mir Angst....wenn nicht dir selbst, mir schon !!!!
ganz liebe Grüße
Hedi
Ach, du Goldstück!
LöschenIch fürchte, du musst keine Angst haben :-)
Habe vor ca. 15 Jahren aufgehoert - nach recht starkem Konsum. Ging auch recht gut, nur, dass ich irgendwann merkte, in den Meetings werden die wirklich wichtigen Dinge in den Raucherpausen diskutiert...
AntwortenLöschenInzwischen kann ich prima nicht rauchen und hin und wieder zum Genuss oder bei wichtigen Meetings ein oder zwei, dann wieder Monate nix. Ist eigentlich optimal.
Druecke die Daumen, dass Du es schaffst... Denke nur mal an die dann viel grosser gewordene Auswahl an verfuegbaren Maennern...
Eine viel grösser gewordene Auswahl an verfügbaren Männern? Echt?
LöschenAnreiz: Mehr Geld für Wellness, gutes Essen, Sport, Kleider und gefüllte Schränke.
AntwortenLöschenUnd neue Schränke...
LöschenUnd noch ein paar Taler für heiße auf dem Küchentisch tanzende Escortboys... :-)
AntwortenLöschenÖrgs - wer will denn sowas?
LöschenMein letztes aufgebrochenes, aber ungerauchtes Päckchen Camel ohne Filter (noch mit Bumms!) wird dereinst wenn ich weltberühmt, verarmt aber glücklich verschieden bin für 20 Millionen Neodollars versteigert. Das Geld geht an pfälzische Tabakbauern, die damit Bio-Insektizide herstellen.
AntwortenLöschenMillionen Bio-Raucher werden dir dankbar sein.
LöschenAlkohol, Nikotin und Zucker. Die großen Endgegner ... Ich wünsche dir viel Erfolg! Ich habe vor 8 Jahren offiziell aufgehört und rauche nur noch, wenn ich betrunken bin. Also etwa einmal die Woche. Es ist reines Genussrauchen, am nächsten Morgen geht es mir dreckig genug, da denke ich gar nicht ans Weitermachen.
AntwortenLöschenIch sitze hier gerade bei einem Whiskey und einer Zigarette und denke mir: Super noch eine Sucht. Aber in diesem Fall mal eine gute ihr Blog ;)
AntwortenLöschenDanke für die Blumen ;)
Löschengroßartig
AntwortenLöschenEbenfalls danke :)
LöschenIst mein Lieblingspost.