Freitag, 28. Oktober 2016

sucked

Habe ich schon erwähnt, wie gut ich organisiert bin? 

Ich organisiere im Job und privat auch. Jahrestreffen. Veteranen aus früherer Zeit. Ist ja ganz leicht. Ein Lokal angerufen, Tisch reserviert, ein Mail an alle, fertig ist die Laube.

Eben klingelt das Telefon. "Wo bist'n du? Wir warten auf dich."

Vergessen, total vergessen. Ich fass es nicht. Ich bin so durch. Verficktes Change Management, seit einer Woche habe ich die Hölle auf Erden, weil ich eine Karte aus dem Kartenhaus gezogen habe. Ich wusste, das wird nicht schön für mich. Aber so schlimm? Nee.

Ich weiß ja, weshalb alle schweigen. Dass niemand den Mund aufmacht, weil es einer Selbstopferung gleichkommt. Dass sich die Bestimmer wie die Hyänen auf den stürzen, der blöd genug ist, laut zu sagen, so klappt das nicht. 

Wenn einer der Bosse sich wie irre auf eine Tippse stürzt, dann weiß ich zwar, dass er es aus Angst macht, weil ich mittel- bis langfristig weitaus gefährlicher für ihn bin, als er für mich. Aber mein angelesenes Psychokackehalbwissen nützt mir gar nichts, denn das Exempel, das kurzfristig an mir statuiert wird, zeigt allen anderen, dass Fresse halten in jeder Hinsicht alternativlos ist. 

Ich bin zu müde, um auch nur einem Menschen zu erzählen, was mir da gerade passiert. Viel zu anstrengend. Die Hintergründe zu schildern, ohne die man das Vordergründige nicht verstehen kann. Es wäre eine ellenlange langweilige Geschichte. 

Neulich schleppte mich jemand ins Kino, Bridget Jones Teil 3, bloß nichts anspruchvolles. Dieses zerstörte Gesicht von Renée Zellweger traf mich bis ins Mark, du meine Güte, wer weiß denn, was Leute denken, die mich 15 Jahre nicht gesehen haben. Wann immer ich in den Spiegel schaue, sehe ich ein angestrengtes, um Fassung ringendes Gesicht, da kann ich noch soviel lächeln, Furcht und Erschöpfung springen mich an.

Ich habe zum ersten Mal Existenzängste. Nimmt mich Cheffe heute konspirativ zur Seite, schaut sanft auf mich runter: "Also, was ich dir mal sagen wollte, du bist so dermaßen gut in deinem Job, du würdest doch auch in einem anderen Laden einer super Karriere machen."

So so.

Mein Psychokackehalbwissen sagt mir, dass er keine Lust hat, sich für seine vorlaute Tippse zu verkämpfen. Da kann er mich noch so schätzen, mir in allen Punkten recht geben, aber der Chef einer unversehens an die Öffentlichkeit gezerrten und demontierten Mitarbeiterin zu sein, kann und will er sich nicht antun. Bei allem Einvernehmen, das ab jetzt keinen Pfifferling mehr wert ist. Ich kann mir allerdings nicht leisten, auf seine Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen.

Ich schau ebenso sanft zurück: "Du weißt schon, wie alt ich bin? Ich mach nirgendwo mehr Karriere." 

Kein Wunder, dass ich schlimmer aussehe als Renée Zellweger.

19 Kommentare:

  1. Meine persönliche Erfahrung ist, dass man sich einfach nicht von solchen Scheiß vor sich hertreiben lassen darf...

    Es geht immer weiter...

    Aber ich bin auch gerade enthemmt, weil angetrunken....

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    1. So einen Chef bräuchte ich jetzt auch. Ich geh wieder ins Bett und träum weiter...

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  3. Was ich jetzt schreibe wird Dir nicht weiterhelfen, weil Du vermutlich die Hoffnung hegst, das der Klech an Dir vorüberziehen wird.

    Mach Dir klar, das der Rest deines Arbeitslebens, wie lange das auch noch andauern muss, nur noch von solchen Kelchen, von solchen Bedrohungen bestimmt sein wird.

    Es wird dir auch nichts nutzen, tonnenweise Bewerbungen zu schreiben, vllt das Glück haben, eine neue Stelle zu finden, wo alles stimmt, Gehalt, Umfeld Kollegen etc.

    Das geht solange gut, bis der nächste Selbstdarsteller seinen Arsch retten muss, auf Kosten der Belegschaft.

    Mit "klar machen" meine ich nicht, die öberflächliche Bereitschaft, solches Denken, dann und wann hervor zu kramen, damit es dir für eine Weile besser geht.


    Du wirst diesem Dreck nicht mehr entgehen, nirgendwo in Deutschland, in Europa, nicht mal auf den Fidschis. Es sei denn du willst dich damit zufrieden geben, in einer Hütte auf Selbstversorger zu machen.

    Man wird dich auch nirgendwo auf der Welt, ohne nachweisbares Einkommen, Vermögen länger leben lassen. Diese Zeiten sind ebenfalls vorbei. Es sei denn, Du kennst hohe Beamte in deinem Ziel.

    Deine Taktik kann eigentlich nur derzeit sein, das elende Spiel mitzuspielen, nicht als Opfer, "kopf in den Sand", sondern wie deine Chefs es spielen.

    Das ist Scheiße, das ist verbiegen, wie es verlangt wird, geplant war.

    Du kannst diese Wichser aber nur mit ihren eigenen Waffen schlagen, mit deren eigenen Ideen und Vorstellungen von Arbeit, Mitarbeitern, usw.

    Versetze dich in deren Gedankenwelt und mach dir klar, das es auch denen nur um ihren eigenen Arsch geht, dafür opfern sie andere Existenzen, bedenkenlos. Du kennst die Standardrechtfertigungen.

    Und so musst Du selbst, für Dich, "gegen" die Chefs handeln, aber so, das die glauben, du würdest das "Spiel" zu 100% "für sie" und "auf ihrer Welle" mitmachen.

    Mich kotzt so etwas, das alles, die heutige Arbeitswelt, der gewollte Druck, der Umgang mit Menschen ebenfalls an.

    Nur, es geht um Dich.

    Diese Gesellschaft ist total verkorkst, entsolidarisiert. Sie hat das mit sich machen lassen.

    Für dich wird niemand aufstehen und sagen: "OK, schmeisst mich raus, aber Annika soll bleiben."

    Viel Glück, sehr viel Kraft und Durchhaltevermögen

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    1. Vielen vielen Dank für deine Antwort. Ich dachte nämlich schon, dass ich womöglich zu dünnhäutig bin oder übertreibe. Aber es ist so und noch schlimmer, denn ich habe das Thema nur sehr oberflächlich geschildert. Es passieren ungeheure Sauereien.

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  4. Glaub mir, es geht wirklich überall so zu.
    Ich kündige eigentlich jeden Freitag(so im Geiste).
    Aber dann halte ich es doch wieder `ne Woche aus.
    Mach Dir das Leben drumrum schön.

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    1. Früher, das waren noch Zeiten (so vor ungefähr einem halben Jahr), da bin ich aus dem Büro und habe augenblicklich vergessen, wo ich überhaupt arbeite. Jetzt denke ich an nichts anderes mehr. Das drumrum ist demzufolge auch nicht mehr schön.
      Ich möchte geblitzdingst werden, jeden Tag um 18 Uhr.

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  5. Schwein sein oder arm sein, das ist die einzige Wahl die man heute noch hat. Wobei Schwein sein gar nicht so einfach ist, angesichts erdrückender Konkurrenz.
    Ich bin ja schon vor längerem unter die Räder gekommen und lebe jetzt ein ganz einfaches Leben. Da ist keine Hoffnung und kein Glück mehr, aber wenigstens kann ich sagen dass ich nicht mitgemacht habe.

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    1. Ich bin noch nicht bereit, alle Hoffnung fahren zu lassen. Einfach zu gehen, würde den Rest meines Lebens auch in die Tonne kloppen und das werde ich (versuchen) denen nicht erlauben.

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  6. Geh davon aus, dass die Menschen ein kurzes Gedächtnis haben, wenn du ihnen keinen Anlass gibst, sich zu erinnern. Mach deine Arbeit so gut wie immer, in der Gewissheit, dass irgendwann irgendetwas geschehen wird, das interessanter ist als das, was dir gerade passiert.
    Offensichtlich kannst du die Sauereien nur aushalten, ändern kannst du sie nicht. Du kannst nur versuchen, dich unmerklich wieder aus der Schusslinie zu bringen.
    Und: halte die Augen und die Ohren offen. Es gibt irgendwo und irgendwann auch "in deinem Alter" eine Stelle, die für dich passt und die dir erlaubt, mit triumphierender Gelassenheit deinem Bürostuhl einen kleinen Schubs zu geben und deinen Arbeitsplatz mit einem leisen Lächeln zu verlassen. Nicht heute und nicht morgen aber vielleicht nächstes Jahr. Denn glaube den Pessimisten kein Wort. Es ist nicht überall gleich miserabel.
    Solange musst du durchhalten, denn an diesem Ort wirst du nie wieder glücklich sein. Und bis es soweit ist: suche Orte und Menschen auf, die die Theorie der Pessimisten widerlegen und dir den Glauben an die Menscheheit wiedergeben.

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    1. Ich fürchte nur, die Pessimisten sind Realisten. Hab eine Freundin, die erlebt noch weit Schlimmeres. Soweit kann man gar nicht um die Ecke denken, was die sich alles vornehmen, an Irrsinn umzusetzen. Und jeder, der nicht hurra schreit, kriegt seine Papiere. Oder wird dazu gebracht, dass er seine Papiere nimmt.

      Trotzdem hast du Recht, nächste Woche wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben.

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    2. alles leichter gesagt als getan, dennoch:
      1. immer cool und sachlich bleiben.
      2. nichts persönlich nehmen
      3. "change" wenn dann nur fundiert kritisieren. ansonsten einfach machen.
      4. wenn sie deine kompetenzen in abrede stellen wollen: vorbereitet (!) das gegenteil beweisen.
      5. wenn die meinen, dass der change für dich kompetenzmäßig zuviel (neues?) ist: DAS ist DEREN problem, was DIE lösen müssen. denn ansonsten haben SIE den change verkackt.

      Toitoitoi!

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    3. Danke, Mordred.
      Nichts persönlich nehmen, obwohl es mehr als persönlich gemeint ist - wie mach ich das?
      Zu 5: wir werden es nicht schaffen, aber sie werden uns die Schuld geben, so oder so.

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    4. bzgl. persönlich nehmen: real von außen betrachtet hast du die rolle arbeitnehmerin gem. arbeitsvertrag, stellenprofil etc. real geht es hier "nur" um diese arbeitnehmerinnenrolle und nicht um dich privat und selbst. kollegen und chefs sind per definition erstmal grundsätzlich keine freunde. du musst und solltest dir also nix jenseits der rolle annehmen. wenn der typ im rahmen der rolle bockmist erzählt: bereite dich auf sachliche (!) widerlegung vor. falls er jenseits der rolle kritisiert, ist das meistens schon mobbing -> gleichstellungsbeauftragte etc. aufsuchen. aber sehr gut (!) vorbereitet.
      zu 5.: wer ist denn noch (!) "wir"? die feinen führungspersonen haben das "wir" doch längst zerstört. besinne und beschränke dich daher wie oben schon gesagt auf deine eigentliche rolle gem. vertrag und gesetz.
      nem kerl würde ich jetzt sagen: zeig eier. du hast absolut nichts mehr zu verlieren. eher im gegenteil. am ende drehen sie dir noch nen strick daraus, dass du nicht belastbar genug oder so ähnlich wärst.
      jenachdem wie sauber deine firma arbeitet, kannste auch parallel noch rechtliche verfehlungen (arbeitssicherheit, datenschutz etc.) sammeln. manch einer hat so bei seiner kündigung den halben laden abgefackelt. das kann aber einigermaßen risikoreich sein.
      jemand riet hier schon zu anwaltlicher/gewerkschaftlicher beratung. empfehle ich auch dringend an dieser stelle. du glaubst ja garnicht, was da alles rauszuholen ist.

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    5. Hat mir heute jemand geschickt:

      Der kleine Mobbinghelfer

      Mobbing - was ist das?

      Arbeitskollegen /Chefs schikanieren Sie in der Absicht, Sie vom Arbeitsplatz zu vertreiben.

      Ablenkungsmanöver oben genannter von eigenen Unzulänglichkeiten auf Kosten anderer.

      Hirn-Stoffwechselendprodukt


      Woran bemerke ich, dass es mich getroffen hat?

      Seltsame Dinge passieren erst hinter meinem Rücken und plötzlich vor meiner Nase.

      Manipulative Schreiben oder Aussagen werden unter Zuhilfenahme von bewusstem Realitätsverzicht über mich verbreitet.

      Gespräche anderer erlöschen, sobald ich den Raum betrete.

      Man teilt mir (immer vertraulich) mit, was über mich geredet wird aber nicht, dass man dem ofen entgegengetreten ist.


      Welche Auswirkungen hat Mobbing auf mich?

      Sprach- und Schlaflosigkeit.

      Bauch- und /oder Kopfschmerzen.

      Vermehrte Neigung zu Selbstgesprächen und Erstellung innerer Monologe, die man anderen schon immer mal halten wollte.

      Schleichende Mutation des Hirns zu einer Gebetsmühle mit Rechtfertigungszwang.

      Ekel vor dem Arbeitsplatz.


      Was kann ich gegen Mobbing tun?

      Die Arbeit im Notfall sofort einstellen.

      Eine Tafel Schokolade schlachten.

      Mir die Größe des Universums vorstellen (und die Treffsicherheit auch kleinerer Kometen).

      Ich erlerne die "Paul-Taktik", ruhe in mir und ignoriere alles.

      Ich tue so, als ob mein Hörapparat nicht funktionieren würde und lächle (gerade das Lächeln, egal, wie bekifft es aussieht, treibt den Mobber in den Wahnsinn... was weiss der andere, was sich nicht weiss - Panik!)

      Fröhlich heiteres Kichern kann den Mobber ebenfalls völlig aus dem Konzept bringen.


      Was sollte ich gegen Mobbing nicht tun?

      Den anderen zur Rede stellen. Das bringt nur Ärger, da er ohnehin verbohrt ist und hieraus nur Genugtuung zieht. Die Gefahr in der Defensive zu landen ist zu hoch bei geübten Mobbern (das sind die mit dem Öffentlichkeitstick: „Völker der Welt, seht, ich
      a) armes Mullemäuschen / b) allseitsbeliebtes Cheffchen werde zu Unrecht des Mobbing bezichtigt ... a) Schluhuhuchz / b) konsternierter aber ansonsten ehrlich betroffener, Solidatrität heischender Blick.
      Und wer hat jetzt Schuld,das der Betriebsfrieden gestört ist? Genau.)

      Krank feiern. Das lässt dem anderen zu viel Raum.

      Jammern. Das gibt dem anderen zu viel Triumphgefühle.

      Mich um Verständnis bemühen.
      Wenn man etwas hat, dann allenfalls fettes, triefendes, arrogantes Mitleid. Das ist effektiv, da Mobbing immer ein Zeichen von galoppierender Inkompetenz des Mobbers ist. Außerdem steht der Mitleid habende Erbarmer immer (egal, welcher Kaste er angehört) im Rang höher als der Mobber.

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  7. Schreib ein Buch drüber!

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