Mittwoch, 31. Mai 2017

Wer ohne Schuld ist

Einem nahen Menschen ist ein Unglück passiert. Nein. Anders ausgedrückt: durch eine dumme Nachlässigkeit hat ein naher Mensch einen anderen Menschen ins Unglück gestürzt.

Stellt euch irgendeine Horrorstory vor, eine, von denen man sonst nur in der Zeitung liest, von jemandem der zur falschen Zeit am falschen Ort war und beinah mit dem Leben zahlt, aber das was von diesem Leben übrig bleibt bis an den Rest desselbigen eine einzige Qual bleibt. Von einer Sekunde zur anderen ist alles anders. Das Leben von einigen Menschen wird nie wieder sein wie zuvor.

Eine fürchterliche Geschichte, die ich höre. Mir fehlen alle Worte. Es gibt keinen Trost.

Wie oft sind wir selbst schon daran vorbeigeschrammelt? Vor ein paar Monaten fuhr ich an einem Sonntagmorgen die menschenleere Clayallee entlang, als plötzlich ein SUV ohne zu blinken aus der Parklücke nach links über die gesamte Fahrbahn ausscherte, um zu wenden. Ich hatte mit nichts gerechnet in dieser Sekunde und doch hätte mir beinahe ein Idiot ein Mensch, der mich übersehen hat, das Licht ausgeknipst.

Aber was ist, wenn man selbst der Mensch ist, der unbeabsichtigt große Schuld auf sich lädt, weil ein anderer Mensch punktgenau in dieser einzig möglichen, unbedachten Sekunde den Weg kreuzt?

8 Kommentare:

  1. Wie der Mensch, der an einem Tag im Dezember letzten Jahres nach Hause fuhr und ein kleiner Junge sich urplötzlich aus der Menge, der am Bus Wartenden löste und auf die Straße rannte, weil er auf der anderen Straßenseite jemanden entdeckt hatte, direkt vor dessen Auto. Der Junge lebt nicht mehr und sicher ist auch einiges in dem Menschen gestorben, der das Auto lenkte.

    Ich hoffe, weder mir noch irgendjemandem, der mir etwas bedeutet, wird eine solche, weitreichende Unachtsamkeit, ein solcher "Fehler" unterlaufen.

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  2. Furchtbar.
    Für alle Betroffenen.
    Sich selbst zu verzeihen scheint vergeblich und der Leidensdruck verstärkt sich lebenslang.
    BITTE UNBEDINGT PROFESSIONELLE HILFE IN ANSPRUCH NEHMEN (bzw. dazu raten, begleiten).
    Man schafft es nicht allein.
    (leider fehlt mir der Filmtitel, in dem sich beide Seiten vergeben und füreinander da sind. das wäre die humanste "Lösung")
    Ich wünsche unerschütterliche Freundschaft, die unterstützend und geduldig ist.
    Der Mensch wäre nicht lebensfähig, wenn er nicht ständig ausblenden müsste, dass man täglich auf beiden Seiten balanciert.


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  3. Ich meine, dass die Vollkasko-Menschen oder Vollkasko-Gesellschaft sich heute nicht mehr bewusst sind, dass das Leben lebensgefährlich ist.

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  4. Was kann ich dazu sagen, außer schrecklich hohl klingenden Plattitüden. Der Stoff, aus dem Albträume sind.
    Das Thema der sich zum Glück oder Unglück kreuzenden Wege, deren Kreuzung doch so verdammt unwahrscheinlich war, lässt mich schon seit geraumer Zeit nicht los. Leider komme ich mit der literarischen Verarbeitung nicht wirklich voran... Man gebe mir bitte ein Sabbattical und ein Stipendium!

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  5. Liebe Annika,
    ich wünsche dir die Kraft, deinem nahen Menschen beizustehen.

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  6. Es gibt eine Hypnose-Therapie - die sehr wirksam sein soll - und die einem hilft, diese Schuld zu verarbeiten und sein Leben trotzdem weiterzuleben. Grüsse aus Belgien, Exilberlinerin

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  7. Liebe Annika,
    das hört sich nach einer ganz schlimmen Erfahrung an, die man nicht machen möchte!
    Ich wünsche dir ganz viele liebe Menschen, die dich begleiten.

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  8. Liebe Alle, ich bin nur Zuschauerin und muss nicht bedauert werden, es ist - wie gesagt - einem nahen Menschen passiert.

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