Samstag, 5. Mai 2018

Der Kuckuck ruft, die Frösche quaken, ich sitze wartend in Lennés Garten

Eines meiner bedeutenden Talente ist die Optimierung. Niemand und nichts ist davor sicher, von mir optimiert zu werden. In Sekundenschnelle erkenne ich die Möglichkeiten, aus einer umständlichen Sache etwas ganz effizientes zu machen. Hauptaugenmerk liegt auf der Einsparung von Zeit und Aufwand.

Bekomme ich einen Plan für den Betriebsausflug. Mit einem Blick erkenne ich, dass ich den so nicht mitmachen werde. Treffpunkt Wannsee, mit dem Bus zur Glienicker Brücke, von dort Wanderung zum Schloss Cäcilienhof, Mittagessen in der Meierei, von dort mit dem Wassertaxi zur Sacrower Heilandskirche, von dort aus Gelatsche nach Kladow in die Eisdiele und von dort irgendwie wieder nach Hause finden - wo kommen wir denn da hin?

Blitzschnell beschließe ich: mit dem Auto direkt zum Schloss Cäcilienhof, mit dem Wassertaxi zur Heilandskirche, von dort mit dem Wassertaxi zurück, mit dem Auto nach Kladow und von dort gemütlich die Heimreise antreten - wär doch gelacht. Ich irre doch nicht stundenlang mit den Öffentlichen durch Berlin. Ich doch nicht!

Ich komme am Schloss Cäcilienhof an und schlucke: der Parkplatz wird ein teures Vergnügen. Aber in Relation zum Aufwand - geschenkt. Als die anderen ankommen, verschwinde ich mit einigen erstmal in die Waschräume. Als wir in die Ausstellungsräume wollen, kommen uns einige andere erbost entgegen. "8 Euro, damit ich mir langweilige Räume angucke, auf gar keinen Fall. Wir gehen gleich in die Meierei und futtern was." 

Wir anderen halten das für eine gute Idee und schlendern zum Gartenlokal ans Wasser. Das hat leider noch zu, also sitzen wir auf einem umgefallenen Baum und erfreuen uns am Wetter. Um 12 Uhr macht die Bude auf, wir haben leider die Order, uns in die Selbstbedienungsabteilung zu setzen, weil das Wassertaxi schon um 13 Uhr fährt. 

Zu essen gibt es in dieser Abteilung aber nur Bockwurst und Pommes, für die wir 20 Minuten anstehen müssen. 

Ich gebe bekannt, dass sich an der Heilandskirche unsere Wege erneut trennen, denn ich müsse zurück zum Auto. Das Wassertaxi führe um 15.10 Uhr zurück, dann schaffe ich es zeitgleich mit den anderen in der Eisdiele zu sein, die die 6,5 Kilometer ja wandern wollen. Perfekte Planung meinerseits, wie immer.

Wir steigen ins Wassertaxi, besichtigen die Heilandskirche und lassen uns von dem Besucherbetreuer lauter wissenswerte Fakten vermitteln. Ein Agnostiker, der durch seinen ehrenamtlichen Rentnerjob zu Gott gefunden hat oder zumindest vom Zauber dieses magischen Ortes egriffen ist. Selbst seine Zipperlein sind an diesem Ort  im Ruhemodus ("Im Alter wird der Teufel fromm"). Als er dann noch erzählt, dass bei der Beerdigung von jemand ganz Berühmten plötzlich ein Pfau in voller Pracht vorbeistolzierte, da habe er sich gedacht, er sei ja nicht abergläubisch, aber das sei dann doch irgendwie ein Zeichen gewesen. 

Wieder draußen winkte ich den anderen hinterher und machte mich auf den Weg zum einzigen Gartenlokal. Ich hatte noch anderthalb Stunden Zeit, bis das Wassertaxi mich wieder abholen würde. So ein Glück an so einem schönen Tag an so einem schönen Ort! Ich machte künstlerisch wertvolle Fotos, die ich aber wegen der DGSVO hier nicht reinstellen werde. Am Lokal angekommen, stand ich vor dem Schild "Vorübergehend geschlossen". Ach.

Das war ja nun doof. Ich hatte aber ein Buch dabei und ging zurück zur Kirche, denn da stand die einzige von vier Bänken im Schatten. Ich machte noch weitere berührende Landschaftsaufnahmen und bemerkte dabei, dass mein Akku nur noch auf 29% lief. Und ich auch gar kein Netz hatte. Und auf Toilette musste ich auch. Aber ich hatte ja nur noch eine Stunde zu überbrücken. 

Ich saß also auf der Bank und schaute in die Ferne oder in mein Buch und als ich mal wieder hochsah, kam das Wassertaxi angerauscht. 25 Minuten zu früh. Ich packte meine Sachen und lief so schnell ich konnte über die Insel zum Steg, aber da fuhr es schon wieder weg, denn "so schnell ich konnte" war nicht schnell genug. Am Steg brüllte ich mir die Lunge aus dem Hals, der Wassertaxifahrer winkte mir freundlich zu und verschwand auf Nimmerwiedersehen. 

Ich tobte und fluchte. Nur die Frösche hörten mir zu. Das nächste und letzte Wassertaxi fuhr um 17.10 Uhr. In zweieinhalb Stunden. Ich musste wirklich dringend aufs Klo und Hunger bekam ich auch. Und ich hatte kein Netz. Und die Inselkarte hatte ich mir nicht aushändigen lassen, weil ich an der Wanderung nach Kladow nicht teilnehmen wollte, wegen der Optimierung. Und selbst wenn ich eine gehabt hätte: hinterhergewandert wäre ich ohnehin nicht, denn wie wäre ich von dort wieder zu meinem Auto gekommen? Doch wohl nie.

Verschollen im Bermudadreieck. Von wegen magischer Ort. Ich heulte vor Wut. Die Insekten tanzten in der Luft, ein Kuckuck rief ohne Unterlass, das Wasser glitt silbrig an mir vorbei und ich blieb sitzen auf dem Steg, machte keinen Schritt mehr, damit ich das nächste außerplanmäßig zu früh kommende Wassertaxi nicht auch noch verpassen würde. Das hätte bedeutet, auf dem Steg zu übernachten. Kein Pfau hätte mich getröstet. Es kam aber auch sowieso keiner vorbei. Es kam überhaupt niemand vorbei. 

Ich tat mir furchtbar leid. Nach zwei Stunden kam das letzte Wassertaxi und ich ging dem Kapitän an die Gurgel schimpfte wie ein Rohrspatz. Am Parkplatz angekommen berappte ich den Höchstsatz an Gebühren. Ich rief die anderen an, die längst auf dem Heimweg waren. Ich fuhr im Feierabendstau nach Hause. Ich habe immer noch schlechte Laune.

Mein Optimierungswahn bedarf einer Neubewertung. Alles ist zu irgendwas gut. 

Heute abend gehe ich aus. Und werde die Öffentlichen benutzen. Einfach so. Wehe, das klappt nicht. Morgen werde ich berichten. 


17 Kommentare:

  1. Ich hoffe, Deine schlechte Laune ist verflogen - denn ich muss nach 5 min immer noch lachen 😜

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  2. By the way...ich kenne die Gegend da sehr gut und der Plan war schon durchaus von Kenntnis derselben durchdrungen.Man hätte schön das Auto in Wannsee stehen lassen können und wäre dann von Kladow mit der BVG-Fähre wieder an den Ausgangspunkt zurückgekommen (letzte Fähre ca 20 Uhr). Also eigentlich ne klassische Rundtour ;)...und die Eisdiele in Kladow ist auch ne sehr gute....und warum dieser Dampfer da in den Potsdamer Gewässern "Taxi" heisst habe ich noch nie verstanden.Übrigens: die einzige Gaststätte in Sacrow ist der "Rittersaal",da gibts gutes Essen und auch WCs. Aber ich glaube, so schnell wird es Dich da nicht mehr hinziehen....

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    1. Tja, hätten wir mal früher darüber gesprochen...
      Doch, sehr gerne fahre ich da mal wieder hin. Der Ort ist an Lieblichkeit kaum zu übertreffen.

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    2. Das ist aber schön, dass Dir die Lieblichkeit trotz aller Wiedrigkeiten aufgefallen ist. Auch für mich einer der schönsten Orte am Rande Berlins.Und im Sommer kann man ganz wunderbar und fast ganz allein dort in der Nähe in den Sacrower See springen. Das Wasser ist wie flüssige Seide, versprochen ;) und danach Maränen essen im Rittersaal.Und noch ein Spaziergang zur Gärtnerei Schulz und watt schönet fürn Balkon mitnehmen von den nettesten Gärtnermeistern unter der Sonne. Ich liebe es und fahre dafür regelmässig mit meinem Töfftöff zur Erholung vom Großstadtwahnsinn dort hin.Am liebsten ganz alleene ;)

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    3. Das hört sich wirklich schön an. Und das Wasser war schon jetzt sehr verlockend.
      Ich werde auf jeden Fall dort wieder hinfahren. Danke für deine Tipps. Und viel Vergnügen weiterhin an deinem Sehnsuchtsort

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  3. So schön beschrieben....in Gedanken war ich dabei.

    Sorry, ich hocke hier auf meinem "Kuhkaff" - mit ca. 350 Einwohnern (ich mag es aber sehr....Ruhe.....ausser die Nachbarkiddies machen mal wieder techno party ...uz uz uz.... - Ich "räche" mich dann später dafür mit Rock und Metal....) - hier gibts auch öffentl. Verkehrsmittel....Schulbus usw. - dann viell. noch 2 x am tag ins nächste Städtchen.....nützt aber eigentl. fast nix......ohne Auto geht hier (fast) nichts........Viell. fahre ich auch mal wieder nach Berlin - mit dem Zug...kein Stress! ....wenn eine meiner Lieblingsbands dort auftreten: Volbeat - my Number one!!, Airbourne und Amorphis .....wilde Mischung - aber jede einzelne Band ist (für mich) so toll. Ich sitze hier in Unterfranken - auf dem hügeligen Land - und für ein tolles Konzert fahre ich überall hin....Berlin, München, HH, FFM....Leipzig usw. usw.....ab in den Zug, vorher ne Übernachtung gebucht und am nächsten Tag wieder zurück ins kleine Dörfchen.......nur leider gibt es momentan keine Konzerttermine dieser Drei...ich sitze auf Kohlen und checke tägl. die entsprechenden Seiten.....bin aber zuversichtlich....kann täglich was kommen.

    Ich lese Deine/Ihre Beiträge sehr gerne. Ein komplett anderes Leben......

    Schöne Grüsse Jutta

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    1. Danke, Jutta.
      Unterfranken soll sehr schön sein und die Menschen freundlich.

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  4. Pardon, wenn ich mich für die kleine Not interessiere, aber wo und wann wurde sich denn nun erleichtert?

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  5. ach liebste Annika, ein Fest sind deine Einträge immer! Auch wenn ich dir wahrlich glaube, dass du sauer warst, wie der Tag gelaufen ist. Wenn man gerne plant, ist so eine komplett Zerstörung des Tages ein Drama..aber so ist das Leben - eben nicht immer planbar...;o)))
    Nächstes Mal wird alles wieder gut!

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    1. Ach weißt du, so eine große Planerin bin ich gar nicht. Ich lass mich lieber treiben, besonders an solchen Tagen. Aber die Pläne anderer in Schutt und Asche legen, weil ich glaube, ich weiß es besser, das kann ich wirklich gut ;)

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  6. Ich selbst hasse eigentlich Pläne wie die Pest - sei es das WE betreffend oder im Urlaub. Welcher in Bälde ansteht. Ich will ja auch selbst 3-4 Dinge tun aber ich muss sie ja planen, bzw. buchen...und selbigst das widerstrebt mir im Urlaub, mich so verbindlich festzulegen. Was wenn der Tag mir zu windig ist, wenn ich eigentlich lieber in der Sonne verweilen würde...hach, das sind Probleme. Für alle was planen würde mir auch liegen, alleine eine Freundin in unserer Truppe lässt das nicht zu. Sie ist mir zwar die Liebste von allen aber so einnehmend. Ich suche für die Geburtstagsplanung von Freundin A. ein tolles Hotel raus und sie schreibt: zu teuer. Ich suche ein anderes heraus, günstig, wie ich finde aber dennoch mit Charme und von ihr kommt bloß: schlechte Verkehrsanbindung (und ich frage mich, kann das in Hamburg sein? Hier gibt es nur schlechte Verbindungen aber dort?). Letzendlich sucht sie eins raus, und es ist relativ günstig aber auch ab vom Schuss. Ich dachte, sie hätte das Schwesterhotel gebucht, direkt dort, wo wir es hätten gebrauchen könnten aber das kam ihr gar nicht in den Sinn.. Ihr HOtel hat eine gute Verkehrsanbindung, punkt. Angeblich darf ich für nächstes Frühjahr den Mädelsurlaub für eine Woche organisieren und sie ist ruhig. Was mir auch wieder Angst macht. Nachher ist das Hotel Mist und es gefällt keinem...manchmal ist es angenehm, sich zurückzulehnen, wen anderes was machen zu lassen und dezent zu meckern....obwohl, ICH fahre seit Jahren in die Ecke, kenne mich aus. Aber man ist verpflichtet das Richtige zu tun...meine Herren, ein hartes Los...

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