Donnerstag, 7. Januar 2016

Working Girl

"Guten Tag, ich rufe vom Dingsbumsamt an und will die Telefonnummer von Jürgen Krause (Name von der Redaktion geändert) 

Hä? Bin ich die Auskunft oder was?

"Selbst wenn ich sie hätte, dürfte ich sie Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht geben."

"Ich brauche sie aber dringend. Könnten Sie mal schauen, ob Sie sie haben?"

Ich könnte schauen. Und ich muss schauen, denn das ist bestimmt wieder so ein verfluchter Testanruf, mit dem geprüft wird, ob unser Dienstleistungsgedanke mit Leben gefüllt wird. Und am Ende darf ich die Nummer trotzdem nicht rausgeben, was ich aber mit soviel Liebreiz erklären muss, dass mir am Ende die Adoptionspapiere überreicht werden. Ich hasse das. Diese Testanrufer denken sich derart schwachsinniges Zeug aus, dass ich immer fürchte, mich zu vergessen. 

"Moment, ich seh mal nach, aber wie gesagt, ich  darf sie Ihnen nicht geben, falls ich denn eine finde."

Die Bitte um eine Telefonnummer hört sich harmlos an, aber wenn man den Anruf in Relation zu meinem Arbeitgeber und dann auch noch zur Abteilung, in der ich arbeite, setzt, kann die Anruferin eigentlich nur eine Quartalsirre sein. Natürlich kann man im Prinzip in jedem Unternehmen anrufen und nach einer Telefonnummer fahnden, weil ausnahmslos jedes Unternehmen Adressdaten pflegt. Vielleicht gibt es einen Zufallstreffer, wer weiß das schon? 

"Ich habe schon im Internet geguckt, da gibt es ganz viel über Jürgen Krause, aber nicht seine Telefonnummer."

Nicht möglich. Wahrscheinlich eine Stalkerin. 

"Ich hab den auf Ihrer Website gefunden."

"Auf unserer Website? Wo denn da?"

Sie liest einen Text vor, aus dem hervorgeht, dass wir mal mit dem zu tun hatten. 

"Können Sie mir den Link schicken, dann schau ich mir das selber mal an."

"Oh, der Link. Der ist aber sehr lang."

"Einfach kopieren und an meine Adresse schicken."

Sie murmelt den Link vor sich hin, offenbar schreibt sie ihn ab. Es ist still, ich höre sie angestrengt atmen. 

"Ich hab mich verschrieben, Moment noch."

Ich schlage mit dem Kopf auf den Tisch, im Geiste jedenfalls und schreie lautlos vor mich hin. Minuten vergehen, jetzt tippt sie ihn ab. Ich kotze im Strahl. Was waren das früher für schöne Zeiten, da herrschte die oberste Direktive, Irre sofort abzuhängen. Heute hetzen die Testanrufer auf uns, die sich wie Irre gebärden und unsereiner muss seine kostbare Zeit mit so einem Schwachsinn vergeuden.

"Ich hab's abgeschickt." 

Wunder geschehen. Ich klick auf den Link und komme auf eine Seite aus dem Jahre 2011, Mann, was wir alles an Content haben, geht auf keine Kuhhaut. Aber stimmt, wir haben mal mit Jürgen Krause zu tun gehabt, bzw. mit seiner Firma. Die Testanruferin ist gut gebrieft worden. Oder ich finde gerade in irgendeiner Radiosendung statt. 

"Ah ja, ich hab die Firma gefunden."

"Ja und? Haben Sie jetzt seine Nummer?"

"Moment."

Ich finde seine Nummer. 

"Nein, tut mir leid, keine Nummer,"

"Aber er ist doch auf Ihrer Website."

"Tut mir leid, hab nur eine Mailadresse. Info@Firma.de"

Damit kann ich nichts falsch machen. 

"Oh, das ist aber toll."

Ja toll, verarschen kann ich mich selber. Wahrscheinlich wird sie bemängeln, dass ich sie nicht auf den Newsletter hingewiesen habe, irgendwas fällt denen immer ein, was man falsch gemacht hat. Ist mir schon mal passiert, dabei haben wir gar keinen Newsletter.

5 Kommentare:

  1. Hach was ist nur für eine herzige Firma in der du dein Trockenbrot erarbeitest.

    AntwortenLöschen
  2. @waswegmuss

    Ich glaube weniger, dass man sowas mit einer "Einzelfall-Bewertung" abtun kann. Die Serie "Stromberg" war vor allem auch deshalb so beliebt, weil der Büroterror in all seinen Facetten in Deutschland allgegenwärtig und universell ist und eben nicht nur in "vereinzelten" Firmen auftaucht. Ganz im Gegenteil, würde ich behaupten, gibt es kaum noch Unternehmen in Deutschland, in denen es im Büro halbwegs "normal" zugeht.

    AntwortenLöschen
  3. Ich hab das Glück, wirklich tolle, kompetente und hilfsbereite Kollegen zu haben. Aber der Fisch stinkt vom Kopf her und was die sich alles ausdenken, um uns zu beschäftigen, grenzt an Sadismus. Wir kommunizieren meist per Augenrollen und damit ist dann auch schon alles gesagt.

    AntwortenLöschen
  4. Mal wieder ganz grosse Klasse - ich seh Dich richtig vor mir, den Kopf auf den Tisch knallend...

    AntwortenLöschen
  5. Hauptsache übertrieben süße ...

    seven of nine

    https://www.youtube.com/watch?v=JGd8oEzT5Lo

    AntwortenLöschen