Das erinnerte mich an eine fast surreale Szene. Vor ein paar Jahren schlenderte ich eine Anhöhe hinunter. Mir lief ein Junge von vielleicht 18, 19 Jahren entgegen. Ich habe nie einen Menschen derart kraftvoll und ohne die geringste Anstrengung einen Berg hochlaufen sehen. Fast schien es, dass er immer noch an Tempo zulegte, dabei atmete er mit geschlossenem Mund. Als er auf meiner Höhe war, sah ich kurz sein Gesicht. Ein Prototyp gesunden Aussehens. Er lief völlig geräuschlos und in sich gekehrt an mir vorbei. Der wird mal Präsident, dachte ich.
Hingegen der Ex, der mir in den ersten beziehungsanbahnenden Tagen stolz erzählte, dass er mal den Marathon gelaufen ist. Als wir dann eine für beide Seiten befriedigende Statusklärung beschlossen, wollte er mir auch schnell zeigen, wie gut er rennen kann. Da ich das nicht so gut kann, fuhr ich auf dem Rad neben ihm her.
Nach kurzer Zeit dachte ich, wie hat der jemals einen Marathon geschafft? Einen Arm hielt er ganz eng am Körper, mit dem anderen schlenkerte er wild umher. Seine Schritte waren nicht raumgreifend, sondern kurz und eher in die Höhe als in die Weite, ein ineffizientes, angestrengtes Gehüpfe war das. Er keuchte beängstigend und sein Schweiß floss in Strömen. Ich war froh, dass ich das Handy dabei hatte, denn es konnte nicht mehr lange dauern und ich müsste einen Krankenwagen alarmieren. Er klappte wie durch ein Wunder nicht zusammen.
Natürlich musste ich ihn hinterher auch noch bewundern, beschloss aber, unser junges Glück nicht über Gebühr mit Lügen zu belasten. Ich begleitete ihn nie wieder. Von da an ging's bergab, denn als er mir ein paar Monate später plötzlich eine
Und dann gibt es noch Männer, die weglaufen. So eine Marathon-Vorbereitung kostet Zeit, viel Zeit, die man nicht mit dem Ehegesponst verbringen muss. Die kann aber nicht meckern, denn der Kerl säuft nicht, betrügt nicht, er hält sich nur gesund, da darf man nicht zürnen. Er läuft um 5.30 Uhr vor der Arbeit und um 18 Uhr nach der Arbeit und am Wochenende sowieso.
In späteren Jahren wird wegen der Knie ein Rennrad angeschafft und schnell schafft es der ehemalige Marathonläufer auf 160 Kilometer am Tag, 35 kmh Durchschnitt. Das kostet auch jede Menge Zeit. Den Rest der Freizeit wird an dem selbst zusammengebauten Rad rumgeschraubt. In unserem Alter hat man - wenn alles gut gegangen ist - das Geld für teure Ersatzteile und schreiend bunte Fahrradbekleidung.
Gebremst werden diese Hasardeure nur von Schulterfrakturen, weil was schief gegangen ist. Da darf die Gattin aber nicht frohlocken. So ein Vollprofi ist unleidlich, wenn er zur Untätigkeit verdammt ist.
Oh, beschreibst du da gerade die ganzen Kerle, die mir hier gerne -natürlich immer auf der Straße fahrend während 1m weiter ein super ausgebauter Fahrradweg daneben liegt- in voller Profimontur auf ihren 5000 EUR Rädern entgegen kommen?
AntwortenLöschenIst das eigentlich typisch deutsch, dass man alles immer so übertreiben muss?
Einfach Fahrradfahren ist denen wohl zu uncool...
Naja, bei der Geschwindigkeit, die sie drauf haben, ist ein Fahrradweg tatsächlich eher selbstmörderisch. Schon allein deshalb, weil die in der Regel gar nicht gut ausgebaut sind. Selbst ich als lahme Freizeitradlerin fahre am liebsten auf Straßen, auf denen ein Fahrradweg aufgemalt wurde.
LöschenAber dieser tödliche Ernst, mit dem des Hobby betrieben wird... Das ist so niedlich ;)
Vielleicht hängt es auch von der Stadt ab, aber hier in Düsseldorf kann man (abgesehen vom Zentrum) oft wirklich gut abseits der stark befahrenen Straßen sehr gut auch schnell mit dem Fahrrad vorankommen.
AntwortenLöschenDa ist dann z.B. ein 2m breiter glatt geteerter Fahrradweg direkt neben der Straße, der sogar besser befahrbar ist als die x fach geflickte Straße und die Helden fahren natürlich trotzdem auf der Straße.
Dass die Sache nicht immer so plakativ offensichtlich ist, ist mir natürlich auch klar, aber ich bezweifel etwas, dass es nur gute Fahrradwege braucht damit die damit aufhören. Ich glaube das hat seinen Ursprung dann oft doch eher in dem von dir genannten "tödlichen Ernst". Die Tour de France Fahrer machen das ja schließlich auch so! ;)
Wenn ich von durchschnittlichen 35 kmh schreibe, bedeutet das, dass die auch mal mit 50 Sachen auf dem Rad unterwegs sind und das geht tatsächlich nur auf der Straße. Schon mit 30 sind Radwege nicht mehr zu befahren, ohne sich selbst und andere zu gefährden.
LöschenVon mir aus müssen die damit gar nicht aufhören. Wenn's ihnen Spaß macht, ist doch okay.
ich kenne jemand, der ist sein Leben lang fanatisch gejoggt und Radgefahren, selbst Tour de France-Etappen hat er sich regelmäig vorgeknöpft, und dann, pünktlich zur Pensionierung, entwickelt er eine schwere Arthrose und humpelt nur noch, an Laufen ist nicht mehr zu denken. Aber Radfahren geht noch. Dazu haben ihm die Ärzte sogar geraten. Seither ist er erst recht nicht mehr aus dem Sattel zu bewegen. Bei schönem Wetter sitzt er draußen auf dem Rad, bei Regen indoor auf dem Rollentrainer (Testsieger). Zwar ist die Hüfte mittlerweile voll im Arsch, dafür hat er Oberschenkel wie Kanonenrohre. Der Gute.
AntwortenLöschenDas ist bitter für den Guten! Jetzt wo er endlich 24/7 seiner Sucht frönen könnte, schlägt ihm sein Körper Schnippchen.
LöschenAber die Oberschenkel dieser Männer sind in der Tat gewaltig, die haben echt Probleme beim Hosenkauf ;)