Onkel Maike
Bericht von einer Hochzeit:
"Der Bräutigam musste seine Ansprache kurz unterbrechen, weil er auch
nach dreizehn Jahren Beziehung immer noch begeistert, fasziniert und
verliebt ist und ihm vor lauter Liebe und Aufregung die Stimme wegblieb.
Das war romantisch.
Sogar so innerlich Tote wie ich waren ergriffen.
Die seelisch Gesünderen weinten mit. „Hm, dass das jetzt dermaßen
rührend ist, hätte ich vielleicht doch öfter mal auf Hochzeiten gehen
sollen“, grübelte ich kurz.
Aber für Gram über die verpassten Gelegenheiten des Lebens war kein
Raum. Denn nach der Trauung war schon Snack-Zeit. In den kühlen Gewölben
des Schlösschens wurden Champagner sowie exquisiteste kleine Leckereien
kredenzt. Mini-Pasteten, feiner Fisch, Gänseleber und ich weiß nicht
was noch.
Niemals hätte ich gedacht, man könne mich durch Essen
korrumpieren. Aber auf einmal, so im fröhlichen Champagner/niedliche
Pastetchen-Rausch dachte ich, ach so funktioniert das und erklärt dann
auch Phänomene wie die SPD. Ich halte es von nun an nicht mehr für
ausgeschlossen, dass ich mit den richtigen Petit Fours und Aperitifs
doch von der Notwendigkeit von Braunkohletagebau, Dieselmotoren,
völkerrechtswidrigen Angriffskriegen oder Thomas Oppermann überzeugt
werden könnte."
Dabei:
„Meine Liebe, Du weißt, ich bin kommunistischer Zottelhippie, ich kann
eigentlich nicht mit Leuten verkehren, die Weddingplannerinnen
beschäftigen oder auf deren Hochzeiten gehen"
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