Sonntag, 4. November 2018

Wenn Frauen sich in die Männer anderer Frauen verlieben

Neulich auf einer Veranstaltung, Thema "Krisen meistern", Podiumsdiskussion.

Die Moderatorin erkennt im Publikum eine Ex-TV Moderatorin, bekannt in den Neunzigern, und bittet sie kurzerhand auf's Podium, denn der Hauptakt, eine Kabarettistin, stand im Stau. 

Eine Jede sollte nun von ihren Krisen erzählen und wie sie diese bewältigt hatten. 

Die Ex-Moderatorin ergriff sofort das Mikro und erzählte von ihrer Krise, von der sie traumatisiert war. "Ich war traumatisiert, hat meine Therapeutin gesagt." 

Ehrlich gesagt hat sie eher eine andere traumatisiert, ebenfalls eine Ex-Moderatorin, denn der hatte sie den Mann geklaut, was dann Fernsehgeschichte schrieb, weil die Betrogene Stunden vor ihrer Live-Talkshow einen entlarvenden Brief fand, wegen dem sie sich dann betrank und in der Sendung hackedicht vor sich hin nuschelte.

Zunächst machte man sich Sorgen um die Dame, bis dann ein, zwei Tage später herauskam, weshalb sie so neben sich gestanden hatte.  Dann ging das ganze viral, also, das was man damals unter viral verstand: Bunte-Interviews, Bild-Interviews der Ehe-Crasherin, in der sie nicht müde wurde zu betonen, sie wolle doch niemandem etwas schlimmes, sie habe sich doch nur verliebt.

Nun nutzt es niemandem, Bunte oder Bild Interviews zu geben, so eine Fernsehfrau sollte das am besten wissen, denn es waren trotzdem alle gegen sie und das also hat sie schwer traumatisiert. Außerdem verlor sie ihre Sendung, obwohl sie bis dahin die bestverdienendste Moderatorin in Deutschland war. "Ich war die bestverdienendste Moderatorin Deutschlands."

Inzwischen traf die Kabarettistin ein, die sich still in die erste Reihe setzte, denn auf dem Podium war ja ihr Platz besetzt von der ehemals bestverdienendsten Moderatorin Deutschlands, die schwadronierte, auf teure Klamotten käme es ihr nicht an, naja, die Budapester, die gingen ja noch (hält die Beine in die Höhe, damit wir alle die Budapester sehen).

Mein Veranstaltungsherz geriet in Wallung, denn niemand nahm von der Kabarettistin Notiz; ich rutschte unruhig auf meinem Platz hin und her, warum kapieren die das da oben nicht und weshalb kapiert die Veranstaltungs-Orga nicht, dass sie einen weiteren Stuhl anzuschleppen haben? Aber es war nicht meine Veranstaltung, also konnte ich nichts tun.

Die Kabarettistin behalf sich selber und verließ den Raum. Dann kam sie zurück und mit ihr  ein paar aufgewachte Agenturleute, die endlich einen Stuhl heranschleppten.

Die traumatisierte Ex-Moderatorin erzählte derweil, dass sie aus dem Ruhrpott kommt und Leute aus dem Ruhrpott lassen sich nicht unterkriegen von sowas. "Wir Leute aus dem Ruhrpott lassen uns von sowas nicht unterkriegen." Dafür, dass die ganze Sache bestimmt schon 20 Jahre zurückliegt, war sie jedoch immer noch voll im Stoff und dominierte die erstbeste Podiumsdiskussion mit ihrer Traumatisierung. 

Ich denke ja, dass die damals betrunken moderierende Moderatorin, für die ich übrigens niemals die geringste Sympathie hegte, dennoch mehr Gründe für eine Traumatisierung hatte, mindestens jedoch für einen gehörigen Schock für diesen Blick in den Abgrund - welche Frau liest schon gerne Liebesbriefe ihres Mannes an eine andere und muss dann besoffen eine Livesendung bewältigen? Aber das war für die Budapester tragende Ex-Moderatorin keinen Gedanken und kein Wort wert. Sie salbaderte weiter selbstmitleidig den Saal an den Rand des offenen Unmutes.

Nachdem aber dann doch ein paar andere Frauen auf dem Podium von ihren eigenen Krisen sprachen, mit viel Charme übrigens und ohne auch nur ein einziges Mal das Wort Traumatisierung ins Feld zu führen, wurde die nächste Frage gestellt: Woran man wahre Freunde erkenne in so einer Situation?

Frau Budapester war gleich wieder die erste am Mikrofon und wohl in Ermangelung von Freunden fing sie mit der selben Leier wieder von vorne an, Bunte und Bild, die waren so gemein und sie konnte gar nicht mehr schlafen und dann wurde ihr die Sendung weggenommen, von ganz oben nach ganz unten sei sie gefallen, aber heute schütze sie sich vor Krisen und bevor ich in eine ernsthafte Krise geraten konnte, schützte ich mich auch und verließ entnervt den Raum.

Draußen sprach ich die Schnarch-Agenturleute an, "Die Kabarettistin hat als einzige kein Wasser" und verschwand. 

P.S: Die betrogene Moderatorin übrigens sagte niemals ein Sterbenswörtchen zu dem ganzen Geschissel. So macht man das.



25 Kommentare:

  1. Die Alkoholmoderatorin hat ja auch Stil, egal ob man sie mag oder nicht. Etwas, das die andere bis zum Ende mit ie schreiben wird. Die wiederum mochte ich nie. Viel zu aufgesetzt.

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    1. Ich finde beide Frauen fürchterlich. Aber die eine kann wenigstens schweigen.

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  2. Vielleicht hat sie sich einfach selbst traumatisiert.

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    1. Ich finde Menschen nerveig, die mit dem Begriff Traumatisierung so verschwenderisch umgehen.

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  3. Vermutlich müsste ich jetzt wissen, um welche ex-TV-Moderatorin es sich handelt, aber ich habe keine Ahnung. Hm, wer hat denn damals, ich schätze Ende der 90er, besoffen seine Live-Sendung verkackt..?? Klaus Kinski?

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    1. Für Kinski wäre es normal gewesen, eine Sendung sturzbetrunken zu verkacken ;) Das wüsste vermutlich heute niemand mehr - im Gegensatz zur Sabine Christiansen ;)

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    2. Lieber Herr Glumm, Kinski hat doch nie was moderiert!

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  4. Kock am Brink und Christiansen. Was habe ich gewonnen? Ein BUNTE-Abo? Ein paar Budapester? Wenigstens einen Klappstuhl?

    Traumatisierte Grüße!

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  5. Ein Text, in dem dreimal das Wort "bestverdienendste" vorkommt, ist nicht der meistkorrigierteste.
    Bezüglich des Themas bin ich geneigt zu sagen:
    Weiber.

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    1. Das ist ein erprobtes Stilmittel. Konnte mich kaum entscheiden, ob es "bestverdienenste" oder "bestverdienendste" geschrieben wird. Du kannst es mir sicher sagen.

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  6. Hihi. Hier zu lesen bereichert mein Allgemeinwissen immer ungemein. Ich musste natürlich sofort wissen, um wen es sich da handelte, und siehe da, beide Namen waren sogar mir fernsehlosem Wesen bekannt.
    Und, ehrlich, jeden neuen Beitrag auf diesem Blog finde ich witzig und irgendwie auch immer lehrreich. Chapeau!

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  7. Wieso nennst du denn den Namen nicht? Das war doch eine öffentliche Veranstaltung. Ich wüsste nicht warum man dann den Namen zurückhalten sollte.

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    1. Wer sagt denn, dass es eine öffentliche Veranstaltung war?

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    2. Ah ok, mal wieder mehr reininterpretiert als drin stand. Mein Fehler!

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  8. ... Genau!
    NAAMEN!!!!

    Gruss
    Jens

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  9. Schatzi, das ist doch ganz einfach mit der Kriselei
    1. ist es eine Krise
    2. wenn JA: Ist sie angesichts der Größe des Universums relevant?
    3. wenn JA: Ist die Krise zu bewältigen?
    4. wenn JA: Kann ich mir selbst helfen?
    5. wenn NEIN: wer kann mir helfen? (z.B.: Freunde, Anwalt, Arzt, Tatortreiniger etc.)

    Hierzu eine Podiumsdiskussion zu veranstalten... tss tss tss.
    Zu gehen, war da die richtige Entscheidung.

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    1. Du hattest auf dem Podium sitzen sollen. Hätte die Sache sehr verkürzt ;)

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  10. Bunte und Bild in deinem Blog erwähnt zu finden, ein unglaublicher Vorfall !
    Warum Wartezimmerbelletristik?

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    1. Weil die Wartezimmer Belletristik direkt zu mir gekommen ist. Man kann es sich nicht immer aussuchen, worüber man schreibt.

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  11. Sag bloß, die Olle macht immer noch einen auf "Ich kann nichts dafür, ich bin doch bloß Opfer meiner Hormone!"??
    Wie unglaublich peinlich.
    Opfer seiner Hormone wurde mittlerweile ja auch ihr damaliges Objekt der Begierde und zog weiter zur nächsten ..äh.. Blüte.
    Tja...

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    1. Nein, das verstehst du ganz falsch, sie wurde Opfer der Liebe. Und wer ist davor schon gefeit?

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