Mittwoch, 10. Juni 2015

Der Praktikant (3)

Muss noch mal auf unseren Praktikanten zurückkommen.

Er durchbricht eine meiner ehernen Lebensregeln: wann immer ich jemanden kennenlerne (egal ob Frau oder Mann) und schon in den ersten fünf Minuten eine starke Abneigung spüre, werden das später meine besten Freunde. Umgekehrt gilt das ebenso: Herzergreifende Sympathie auf den ersten Blick: das wird nix.

Der Praktikant hat es in Monaten nicht geschafft, auch nur einen Funken Zuneigung in mir zu wecken. Und das ist eigentlich eine Kunst, denn ich bin willens und in der Lage, etwas Gutes in fast jedem Menschen zu sehen und wenn das nicht, genug Mitgefühl zu entwickeln für eine offenbar so verkorkste Kindheit, dass nichts anderes bei rumkommen konnte. Das besänftigt mich und stimmt mich milde.

Jener hier ist absolut unfähig, irgendwas zu merken. Nein, er ist kein Autist. Außer, es gibt Autisten, die sich wie Klassenclowns aufführen. Mir war nicht bekannt, dass man so wenig merken kann, außer man ist bei Mama und Papa Rindenmulch aufgewachsen. Ein gütiger  Blick auf ihn ist mir nicht möglich, denn er setzt täglich einen oben drauf.

"Kannst du mir helfen?"
Er, mit fester Stimme: "Nein."
"Warum nicht, was machst du gerade?"
Er: "Das tut doch wohl nichts zur Sache."

Leider darf ich Praktikanten nicht schlagen.

Letzte Woche hat er den Vogel abgeschossen. Ganz wichtige Veranstaltung, mit Senatoren, etc. blabla, die gesamte Berliner Lokalpolitik auf'm Hof. Die stehen dann immer so in Grüppchen,  warten auf den Obermufti, lassen sich fotografieren - und wer steht mittenmang dabei? Genau. Wer steht solange im Grüppchen und starrt die an, bis sich einer erbarmt und fragt, wer er eigentlich ist? Genau. Und wer steht 10 Meter entfernt, zischend "Schaff mir den da einer weg, sonst vergesse ich mich"? Genau.

 

1 Kommentar:

  1. Warum? Wenn sich jemand maximal blamieren will soll man ihn nur lassen ... dann erledigt sich das Problem irgendwann von ganz alleine ...

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