Dienstag, 14. Juli 2015

Roman einer versunkenen Firma II


An der Kasse stand heute Seide Surman, eine Asiatin von ungewöhnlicher Schönheit. Das war schade, denn Frauen und besonders schöne Frauen waren für Schmierer Hussenbrook so etwas wie heilige Kühe, nein Stopp, da hatte er sich verdacht, natürlich so etwas wie heilige Wesen oder einfach Heilige. Oder hieß es Heiliginnen? Na ja, das war jetzt nicht so wichtig.

Er wusste nur, dass sein Staubtest eigentlich verpuffen musste, denn obwohl er Seide Surman nicht mochte, weil sie einfach eine zu große Anziehungskraft auf Männer ausübte (und so etwas mochte er gar nicht. Einfach gar nicht. Basta). (Warum, warum, na warum schon? dachte er), wusste er doch, dass er gegen sie nicht mit der notwendigen Härte würde vorgehen können - gegen eine Heiligin.

"Guten Morgen, Frau Surman. Na, schönen Tag gehabt gestern?", sagte Schmierer daher so freundlich er nur konnte. "Kann ich bitte mal den Kassenplan haben?" Wäre doch gelacht wenn ich nicht irgendeinen blöden Kerl finde, den ich zur Minna machen kann.

Natürlich stand auf Schmierer Hussenbrooks Namensschild nicht wirklich Schmierer-Hussenbrook, sondern Rüdiger Hussenbrook in Klammern Bereichsleiter, leider nicht wie bei Dr. Schüller in Klammern Prokurist, aber er arbeitete daran, er arbeitete daran. Daher ja auch, dachten alle, sein Kosename sei "Schmierer"; aber in Wirklichkeit war es ein Künstlername. 

Schmierer-Hussenbrook riss ein neues Paar weißer Handschuhe aus der Plastikverpackung und zog sie über, so wie er das in seinen geliebten Westernfilmen gesehen hatte, auch wenn es da Lederhandschuhe waren und die Helden einen Colt in die Hand nahmen, aber er hatte nun mal nichts Besseres oder hatte jemand schon mal davon gehört das man DEN STAUBTEST mit einem Lederhandschuh machen konnte? (Und so gern er auch Lederhandschuhe getragen hätte, außer zum Auto fahren fand er alle anderen Gelegenheiten zum Handschuhtragen in geschlossenen Räumen nur unästhetisch und Auto fahren konnte er leider nicht)

Er zog also die Handschuhe an und ging ein Stockwerk höher. Wie spät? Na ja, er konnte locker erst mal eine halbe Stunde die angebotenen Waren prüfen. Qualitätssicherung würde er dann nachher in seinen Tagesbericht schreiben.

Locker bleiben, immer locker. Hier war doch auch die Comic-Abteilung, vielleicht sollte er den Staubtest noch mal abbrechen und erst kurz in einem Peanuts-Heftchen blättern, um nachher,  wenn alle gafften und sich versuchten raus zu reden "Staub, Chef, das ist Staub? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, Chef, gestern erst hab ich hier geputzt. Waren die Handschuhe auch wirklich frisch, Chef?"

Ja und da wurde es ihm natürlich klar, wie konnte er nur so leichtsinnig sein, die Handschuhe ohne Zeugen zu öffnen? (Die wussten natürlich nicht, dass er tatsächlich mittlerweile eine Einschweißmaschine gekauft hatte und die Handschuhe nur noch jedes zweite Mal wusch, das fiel kaum auf). Zum Glück hatte er noch ein paar dabei. Er musste nachher sofort Ellen Rutzig beauftragen, neue einzuschweißen, die hatte doch eh nichts zu tun.

Wenn also alle versuchten sich rauszureden, dann hätte er aus dem Peanuts-Heftchen schon irgendeine schlagkräftige Antwort parat, die ihm nachher allein vielleicht nicht einfallen würde.

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