Sonntage
mach ich nicht madig, ich mag die sogar sehr gerne. Wenn nichts erledigt werden
muss, wird mir ganz lauschig zumute. Nur rumgammeln und den lieben Gott einen
guten Mann sein lassen.
Gegen
14 Uhr habe ich genug gegammelt. Denke, bei dem schönen
Wetter muss
ich doch rausgehen, sonst versündige ich mich. Überlege hin und her, was könnt
ich tun, wo könnt ich hin, am liebsten aufs Tempelhofer Feld, aber dreimal
umsteigen, bäääh, das sind drei Pflichten zuviel, also lass ich das.
Schlendere
ins Starbucks, Sessel direkt am Fenster, was will ich mehr. Versinke in den
Polstern und hab beim lesen und rausgucken meine Ruhe, trotz des
Hintergrundrauschens aus Musik und Stimmen. Ich kann abschalten bei so etwas.
Eine Gabe.
Aber
nicht lange. Über den Klangbrei, der aus den Lautsprechern wabert, setzt sich
andere Musik drüber, laut und quäkend. Bin irritiert, schau mich um, versuche
den Krach zu orten.
Sitzt
mir ein Knallkopf schräg gegenüber, der angefangen hat, über sein Handy laut
Musik zu hören. Gibt’s denn sowas, der starrt auf sein Handy und hört bis zum
Anschlag beschissene Lieder. Bryan Adams, The Summer of 65, ist der bekloppt,
hat der keine Kopfhörer? Kann der nicht still in sein Handy glotzen, wie alle
anderen auch?
Ich
guck ihn böse an, böse böse böse, aber er ist hirnbefreit und unbeirrbar, jetzt
geht’s weiter mit Queen, im Hintergrund wabert Café del Mar. Ich beuge meinen
Kopf, massiere mir entnervt die Stirn, mein inneres Axtmörder-Kind wird
wach.
Jetzt
fängt es an zu pfeifen, ich denk, ich hör nicht recht, Folter ist verboten, das
weiß ich ganz genau, „Wind of Change“, warum hilft mir denn keiner? Aber es
kommt noch schlimmer. „Aaaatemloooos durch die Nacht“ – ist hier irgendwo ein
Arzt? Den wird er gleich brauchen.
Ich
geh ihm nicht an die Gurgel, weil alle anderen gleichmütig bleiben. Die haben
nämlich samt und sonders Kopfhörer auf. Stimmengewirr ist nur, weil die per
Face Time mit Übersee konferieren. Die reine Autisten-Bude ist das hier, dank
W-Lan for free. Wenn ich den jetzt abmurkse, halten die mich für
bekloppt, so sieht’s aus. Niemand würde mich verteidigen. „Herr Wachtmeister,
Herr Wachtmeister, plötzlich sprang die auf…Einfach so, aus dem Nichts.
Schlimme Sache.“ Adieu, mildernde Umstände.
Man
soll sich nicht an der falschen Stelle verkämpfen. Er hat gewonnen. Ich gehe.
Ich atme das weg.
Sonntage,
pffhhh..
So ging es mir letztens mittags in der Kantine. Ich geh immer schon extra-früh, bevor der Mittagsansturm losgeht, um eine halbe Stunde Ruhe zu haben. Sitzen da so ein paar Handwerker, Fremdfirma, alle hatten die 40 deutlich überschritten, beugen sich über das Handy des einen und lassen in inakzeptabler Lautstärke so pseudowitzige Clips mit Fakeanrufen von Radiosendern laufen, lachen und kommentieren. Ohne Übergang fing meine Halsschlagader an zu puckern, es gibt kaum etwas, das mich agressiver macht, als lautstarke Handybeschallung aus quäkenden, übersteuerten "Lautsprechern". Ich guckte sie ebenfalls böse an, wartete, ob sie nach dem aktuellen Clip abschalten würden und bat sie direkt, als sie das nicht taten, damit aufzuhören. Das, "Wie alt seid ihr eigentlich, Zwölf?!", schluckte ich runter. Schade eigentlich..
AntwortenLöschenAch, Handwerker in der Kantine... die hätten Artenschutz bei mir. (Als ich noch auf Reisen war und ich mir manchmal morgens den Speiseraum mit Montage-Handwerkern teilen musste, haben die sich immer die Lunge aus dem Hals gehustet - das war vielleicht eklig. Da puckerte nicht meine Halsschlagader, sondern mein Herpes :))
AntwortenLöschenAber in einem Café mit Musikberieselung sein eigenes Handy auf volle Lautstärke zu stellen und dann noch derart beschissene Musik... ich krieg schon wieder Schnappatmung.
Oh ja, spätestens bei Wind of Change hätte ich außerdem noch Würgereiz bekommen. ;)
AntwortenLöschenIch hab bei jedem Lied gekotzt.
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