Montag, 2. März 2015

Working Girl

"Du kommst mit. Du musst die Presse im Zaum halten." 

Whow, meine natürliche Autorität ist gefragt. Schade nur, dass ich mich underdressed fühle. Eine kleiner Hinweis per sms am Abend zuvor wär hilfreich gewesen. Ich fühl mich so mittelgut. Haare mittelgut, Klamotten mittelgut. Das macht aber nicht wirklich was aus. Weil, so dämlich ich mich anstelle, wenn mir privat ein Mann begegnet, so leichthin segel ich auf Herrn Superwichtig zu "Man sollt' nicht meinen, dass Sie es brauchen, aber hier ist Ihr Namensschild." Das mach ich im Dunkeln, mit Handstand Überschlag. Kein Problem.

Lausig kalt ist es dort, wo ich stehe. Das ist mein Schicksal. Immer die Vorhut sein, den Erstkontakt herstellen, dem Gast das Gefühl geben "Man kennt mich, man freut sich auf mich." 

Irgendjemand kann nicht auf sein Vorkommando verzichten, obwohl es dafür viel zu spät ist. Egal, ich renne mit den beiden - wie immer mörderisch gutaussehenden - Personenschützern durch die Räume und schildere den Ablauf. Cheffe kommt hinterher und zischt mich coram publico an, ich habe nicht das Vorkommando zu betüteln, sondern die Presse. Ich zucke mit den Schultern, einer der beiden zwinkert mir zu "Schon gut, wir haben alles gesehen."

Ich wieder nach vorne, in die Mixed Zone und springe ein paar Journalisten hinterher, die sich in die verbotene Zone wagen. Werde aufgehalten von Cheffe "Die dürfen jetzt überall hin." Wie schön, ein kleiner Hinweis auf seine Schubumkehr wär nicht schlecht gewesen. Brauch ich nicht mehr die Kindergartentante geben. Widme mich den Nachzüglern. Wenn mich wegen des vielen Händeschüttelns doch noch die Grippe ereilt, dann krieg ich Promi-induzierten Schnupfen.

Als alle da sind und Ruhe einkehrt, laufe ich an einem Personenschützer vorbei, der in die Ferne schaut und dabei immer wieder ein Auge zukneift. Ich erkenne andere Hypochonder 10 Kilometer gegen den Wind. "Was ist los? Sehstörungen?" - "Nee, wahnsinnige Kopfschmerzen." - "Tablette dabei?" - "Ja, aber noch keine Zeit gehabt." Ach, dass Personenschützer immer solche Schmerzen haben. Das kommt vom ewigen Warten, schätze ich.

Cheffe kommt, wir können jetzt gehen. Draußen tobt ein Unwetter. Ich habe keine Ahung, wie ich nach Hause komme. Ein Redakteur erklärt ihm, wo die nächste S-Bahn ist, zeichnet das auf die Rückseite der Gästeliste auf. Cheffe kommt nicht raus aus der Sache, kündigt lahm an, dass er mich dort absetzen wird. 

Schon auf dem Weg zum Auto fängt er an, sich selbst zu feiern. Jemand sagt "Nu komm mal wieder runter, das war eine ganz normale Sache." Ich misch mich ein "Ich werde ihn gleich noch anbeten, dafür werde ich schließlich auch bezahlt." Im Auto schwärmt er weiter. "Wer hat das eigentlich alles organisiert?" frage ich listig, denn natürlich weiß ich, dass er nichts damit zu tun hatte. Das merkt man schon allein daran, dass ich nichts damit zu tun hatte. "Das hab alles ich gemacht." Natürlich... Elvis lebt und ich bin das Körperdouble von Kate Moss.

4 Kommentare:

  1. Triple-Autsch! Und: ... dein Cheffe und mein Souscheffe (w.) ... getrennte siamesische Zwillinge, ganz bestimmt!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es gibt mehr von denen, als die Polizei erlaubt.

      Löschen
  2. Es gibt ihn also noch, diesen C. Ein bedauernswerter Umstand für dich. Für uns hingegen bringt es Lesestoff. Da wo ich ursprünglich herkomme (München), nennt man sein selbstbeschönigendes Verhalten "gockeln".
    Und dass die Personenschützer immer recht apart sind - man könnte ja meinen, die zu Beschützenden umgeben sich lieber mit hässlichen Männern, damit sie selbst besser dastehen (also gockeln). Auf der anderen Seite machen sie selbst mehr Eindruck mit Schönen und greifen ein bisschen was von der Ausstrahlung ab (also auch gockeln).
    Erfreue dich einfach an den aparten Jungs und vertraue darauf: C.s kommen und gehen ...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Und ob etwas besseres kommt, steht in den Sternen...

      Löschen