Freitag, 17. Januar 2020

Der sexbesessene Kühlschrankfachverkäufer



Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet beim Kühlschrankkauf, hätte ich mir schon mal vorab einen Twitteraccount zugelegt, # Age doesn't matter: me too

Seit Tagen frequentiere ich einschlägige Geschäfte auf der Suche nach einem neuen Kühlschrank und gestern landete ich in einem riesigen Möbelhaus, sehr erfreut über die große Auswahl, die gähnende Leere und den gut sichtbaren Verkäufer, der still an seinem Platz saß.


Ich schlendere also an den Kombigeräten vorbei, inzwischen fachlich versiert, mit einer gewissen Anerkennung für easy-slide-Einlegeböden, Fresh-Zones und No-Frost-Gefahr. Ja, man kann sagen, mir macht keiner mehr was vor.




Der etwas zu klein geratene Verkäufer sprang behende auf und fing an, mich fachmännisch zu beraten, auf eine gerade noch angenehm eifrige Art. Ich schöpfte keinen Verdacht und hielt ihn für einen ganz arglosen Menschen; so wie ich im Prinzip auch einer bin sein könnte. 

Irgendwann stand ich vor einem Retro-Gerät, das das Gefrierfach leider oben statt unten hatte und ich murmele: "Ach nee, ich möchte es beim Einräumen lieber komfortabel haben."

Das scheint eine Initialzündung für den Verkäufer zu sein, er wendet sich mir vertaulich zu:

"Aber wenn Sie sich bücken und nicht mehr hoch kommen und Ihr Mann steht hinter Ihnen, dem läuft ja dann schon richtig der Sabber aus dem Mund. Das hat auch seine Vorteile."

Ich tu mal so, als ob ich das nicht gehört habe und gehe weiter zum nächsten Gerät. Er folgt mir eifrig.

"Neulich, da war so ein altes Ehepaar hier, bestimmt schon 70 und dem Mann habe ich das auch gesagt, dass er kein Viagra mehr braucht, wenn seine Frau sich vor dem Kühlschrank bückt. Da kann er dann mal so richtig zupacken."

Irritiert gehe ich weiter, er nun in Fahrt und nicht mehr zu stoppen. 

"Ich hatte mal eine ältere Frau hier, bestimmt 75, die meinte zu mir, dass ich ihr doch den Kühlschrank persönlich bringen soll. Hab ihr geantwortet: 'Wissense, Sex könn'wa auch gleich hier haben.' Jetzt kommt die immer einmal die Woche und jammert, wann ich denn endlich mal zu ihr komme. Aber wissen Sie, bei dem Alter ist das nicht so interessant für mich. Also, wenn jemand wie Sie mir so ein Angebot machen würde, ja daaaa wäre ich aber ganz schnell dabei!"

Nun gibt es ja drei Möglichkeiten für eine Frau, das richtig einzuordnen:

  1. Der Verkäufer lebt in einem Paralleluniversum und glaubt, dass Frauen in einem gewissen meinem Alter sich über jede Anmache derart freuen, dass er das für ein verkaufsförderndes Argument hält.
  2. Der Verkäufer ist von dem Gedanken besessen, dass er unter den Kühlschrankfachverkäufern Berlins eine Art Sexbombe ist und keine Frau ihm widerstehen kann.
  3. Der Verkäufer ist ein entflohener Insasse und darf im Grunde gar keine Kühlschränke verkaufen. 

Daher bin auch nicht vom Donner gerührt über den schwachköpfigen Inhalt seiner Ausführungen, sondern darüber, dass der Mann überhaupt auf die Idee kommt, derlei - zumal auch noch im beruflichen Kontext - abzusondern. Ich wüsste gar nicht, was ich für Drogen nehmen müsste, um zu glauben, dass das ein kundenbindender Flirt wären. 

Natürlich mache ich bei so einem Wicht keinen Aufstand; das würde auch zu nichts führen, außer dass sein Rollenprofil in Sekundenschnelle vom servilen Schleimer zur beleidigenden Leberwurst wechseln würde.

Als ich den Laden verlasse, wende ich mich kurz an den Info Counter und sage:
"Ihr Kühlschrankfachverkäufer ist freundlich, versteht sein Metier, ist aber leider sehr anzüglich." Die Dame fängt an zu lachen "Ach, der Herr Müller, so kennen wir ihn!" Ich ziehe nur meine linke Augenbraue hoch. Sie hört auf zu lachen. "Ich rede mal mit ihm." Ich nicke langsam und beuge mich ein wenig vor "Tun Sie das. Käme keine Minute zu früh." Drehe mich um und gehe, ohne Kühlschrank.


16 Kommentare:

  1. Ich denke, Punkt 1 und auch Punkt 2 treffen bei dem Mann zu. Vermutlich verkauft er auch nie Kühlschränke.

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    1. Oder nur an 14jährige Jungmänner, die sind womöglich so leicht entflammbar.
      Annika (kann auf meinem eigenen Blog nicht mehr kommentieren)

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  2. Jetzt weiss ich auch, warum viele Frauen Ihre Kühlschränke im Internet kaufen (ړײ)

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    1. Nun ja, in den großen Elektronikmärkten sind sie sicher vor jeglichen Verkäufern.
      Annika

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  3. Hui, solche Typen triggern immer meine Phantasie:
    4. Der Pfleger, der morgens immer mit der Spritze kommt, hat verpennt.
    5. Er guckt zu viele Pornos. Da schreiten alle Frauen auch immer direkt zur Fellatio und sagen danke, wenn einer, der eher nicht fürs Sprechen bezahlt wird, einen anzüglichen (oder auch nicht) Spruch abstottert.
    6. Er steht darauf, von seiner Kollegin bestraft zu werden.

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    1. Da hätte ich auch gleich drauf kommen können, natürlich, jetzt wird mir alles klar: zu viele Pornos ;)
      Annika

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  4. "Tun Sie das. Käme keine Minute zu früh." Davon hab ich jetzt (gesprochen wie vom Känguru) einen Ohrwurm!

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    1. Känguru? Ick vasteh nur Bahnhof...
      Annika

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    2. DAS Känguru ... Es kann nur eines geben.

      https://www.youtube.com/watch?v=uUZPfNBm_N0

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    3. Der Link führt ins Leere :(

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    4. Bei mir zwar nicht, aber notfalls kann man bei Youtube nach diesen Stichworten die Suche starten:

      Lesung: Marc-Uwe Kling liest das Beste aus drei Känguru Bänden

      Dann sollte auf jeden Fall das richtige Video auftauchen.

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  5. Das kommt vor, wenn man den ganzen Tag Bauknecht um sich hat. Das pumpt manchen Mann auf.

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    1. Frau Knecht weiß, was Bauern wünschen.

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    2. Aus Erfahrung gut...

      Hach, früher, in den Siebzigern, da wurde in der Werbung aus der Bibel zitiert

      Annika

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  6. Entdecke ich in der Überschrift Spuren von boulevardesken Elementen?
    Wir lernten damals auf der Journalistenschule, die human-interest-mäßig ideale Headline laute: "Deutscher Schäferhund leckt Inge Meisel Brustkrebs weg".
    Nah dran.

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    1. Ich war nie auf einer Journalisten Schule, aber ich hab alles richtig gemacht. ;))
      Annika

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