Mittwoch, 1. Mai 2024

Harvard und MIT

Ich hatte als Ausflugsziel den Harvard Campus auf dem Zettel. Ich wollte mir sogar einen Harvard Sweater kaufen. Ich wollte unbedingt über den Campus schlendern, ich kann nicht mal richtig erklären, weshalb eigentlich; wahrscheinlich wegen all der Bücher und Filme, die ich gelesen und gesehen habe und die an diesem magischen Ort gespielt haben. Die kleine Landpommeranze ist einfach nicht aus mir herauszubekommen.

Als wir ankamen, waren alle Eingänge geschlossen, weil der Campus besetzt war von Studierenden, die für Palästina protestierten. Ich war untröstlich und fotografierte durch die Zäune. 

Erst jetzt, ein paar Tage später, ist mir klar geworden, dass ich immerhin zu einem historischen Zeitpunkt vor den Zäunen von Harvard stand, da offensichtlich auf der ganzen Welt junge Menschen für Palästina ihren Campus besetzen und dies mittlerweile schwer bewaffnete Sondereinheiten auf den Plan ruft. Eine weitere Zeitenwende. 

Meine Haltung dazu: man soll immer gegen Kriege und Gewalt demonstrieren können, müssen, dürfen. Durch dieses Schlupfloch jedoch Antisemitismus zu etablieren, verwechselt etwas, hat nichts verstanden und soll sich gehackt legen. Gerade wir Deutschen müssen das kapieren, denn by the way: ohne uns gäbe es dieses „Palästina Problem“ gar nicht. 




Anyway, wir sind also direkt weiter zum MIT gefahren und dort über den Campus gelaufen, der eine ganz andere Sache ist als Harvard. Kühle und puristische Architektur, die darauf aus ist, Eindruck zu schinden. Ich konnte mir hier Sheldon Cooper überhaupt gar nicht vorstellen. Man sah auch keine Menschenseele. Der Wind pfiff über den Platz und zum Ausgleich kaufte ich mir im MIT Museumsshop ein Mitbringsel. 




Und wo wir unter anderem natürlich auch waren:


Sidekick: ich werde niemals wieder über die Berliner U-Bahn meckern. Das sind die reinsten Prachtbauten. In Boston hingegen: düstere Orte der Verdammnis. 





Mit Amish People nach Boston

Als wir in den Bus steigen und in den Reihen vor uns eine Amish Familie saß, die schon in der Warteschlange vor dem einsteigen hinter uns stand, war ich sehr beeindruckt, Menschen einer Religionsgemeinschaft zu sehen, die direkt dem Mittelalter entsprungen schienen. Und von denen ich natürlich ein klares Bild aus dem Film „Der einzige Zeuge“ hatte. 

In dem Film waren das alle durch die Bank hochattraktive Menschen, in der Realität war es für mich erschütternd zu sehen, dass sich die alte Frau vor mir, als sie sich umdrehte, als höchstens 18-jähriges Mädchen entpuppte. Der dazugehörige Sohn war dann natürlich nicht ihr Sohn, sondern offenkundig ihr Mann. Alle Männer hatten einen Topfschnitt: Die Haare waren knapp unter den Ohren gerade abgeschnitten und als ob das nicht schon gereicht hätte, hatte man jedem Mann auch noch einen ganz kurzen Pony verpasst. 

Der verheiratete Mann hatte ausufernde Koteletten und einen schrecklichen Fusselbart. Ab und an flüsterte er seiner Frau sehr leise etwas zu, diese reagierte überhaupt gar nicht. Wahrscheinlich zwangsverheiratet und daher passiv aggressiv. 

(Um ehrlich zu sein, erscheinen wie meine Witzchen an dieser Stelle vollkommen unangebracht, ich bin nämlich nicht überheblich gestimmt, sondern ehrlich beeindruckt von dieser vollkommen anderen Welt, die mir da gerade vor die Füße gefallen ist)

Direkt vor mir saßen zwei Teenager Jungen, die die gesamte zweistündige Fahrt kein einziges Wort miteinander sprachen, aber jedes Mal sehr interessiert die Hälse reckten, wenn wir an einer Auto Firma vorbei fuhren. 

Als wir in Boston ankamen, ging die gesamte Familie, ein Großeltern Paar war auch noch dabei, eine Weile vor uns her. Jeder einzelne schleppte schwere Koffer, die mindestens 100 Jahre auf dem Buckel hatten. Ich fragte mich, woher sie kamen und wohin sie wollten. Ich hätte sie unglaublich gerne angesprochen, aber ich hab mich nicht getraut.