Dienstag, 31. Mai 2016

Das Mütterle im Reich der Technik

Nachdem meine Mutter zu einer Gigantin des Internets geworden ist und ihrem Schulfreund Willy aus Dänemark kein Briefe mehr schreibt, sondern mailt, sogar mit Bildern, und ihren Kindern und Enkeln mehrmals die Woche elektronische Wasserstandsmeldungen sendet und bevor sie ins Bett geht, immer noch mal schaut, ob ihr irgendjemand was geschickt oder ob der Glimm Glumm mal wieder was neues geschrieben hat, weil der immer so nett über seine Eltern schreibt, bekam ich auf einmal keine Antwort mehr. 

Nach drei Tagen war ich so beunruhigt, dass ich sie anrief.

"Das Internet ist kaputt. Ich bin in einer Warteschleife."

Ich versuchte mich als Administrator, scheiterte, was auch immer sie ansteuern sollte, ich hörte nur ihr schnaufen und "Da passiert nix".  Ich kam nicht auf des Pudels Kern. 

"Macht nix, du kommst doch in drei Wochen." Einfach mal rasch zum Nachbarn zu gehen, anstatt auf mich zu warten, lehnte sie ab, weil sie niemanden belästigen wolle. Sie stellte sich wohl vor, dass der Nachbar drei Tage Urlaub nehmen muss, um ihr Problem zu lösen und glaubte nicht, dass es sich um etwas handeln könnte, was innerhalb von zwei Minuten zu lösen ist. 

Als ich kam, ging alles einwandfrei. Sie konnte sich das nicht erklären. Ich auch nicht. Klar war nur, sie war jetzt reif für die nächste Stufe.

"Gib mir mal deine letzte Telefonrechung, ich bestell dir jetzt W-Lan". Sie ignorierte mich. Der Vertrag, den ich ihr geschenkt hatte, würde bald auslaufen und wer weiß, wann es mich das nächste Mal ins Kaff verschlagen würde. Außerdem bezahlt sie soviel für ihren einfachen Telefonanschluss, dass sie dafür längst eine Ferienwohnung an der Ostsee hätte finanzieren können. So hält sich die Telekom über Wasser, mit den Verträgen gutgläubiger Rentner, die keinen Ärger wollen. 

Nachdem sie damit scheiterte, mich zu ignorieren ("Immer muss ich machen, was du willst") rief ich dort an und bekam sofort ein Angebot von einer gerührten Call-Center-Sklavin, die immerzu von "Ihrer Mutti" palaverte. Am liebsten hätte ich den Anbieter gewechselt, aber dazu müsste ich ins Kaff ziehen, um meine Mutter vor Schlimmeren zu bewahren. Die Telekom ist nicht zimperlich, mit Menschen, die Verträge kündigen und verlangen horrende Gebühren oder kappen mindestens ein Vierteljahr jegliche Verbindung zur Außenwelt. Alles schon erlebt. 

In 14 Tagen ist es soweit, dann wird der Router geliefert und dann kommt es auf meinen Cousin an, der ihr hoffentlich zur Seite steht. 

Später setzten wir uns vor die Glotze. "Wie findest du meinen neuen Fernseher?" Sie gab mir die Fernbedienung und was sah ich da? Netflix-fähig, Internetfähig - und das meiner Mutter, die nicht mal ARD und ZDF programmieren kann. Hat ihr der Herr Schulze von Fernseh-Schulze gebracht, zur Probe, denn als sie in seinen Laden kam und auf das Modell deutete, was sie haben wollte, meinte er, der sei zu klein, aber dieser hier, der hätte die richtige Größe, er würde ihn auch gleich bringen, wie gesagt zur Probe, da würde sie dann sehen, dass er die genau richtige Größe habe.

Nun, vor allem hatte er den richtigen Preis, aber die Größe fand sie dann wirklich gut und schon hatte er ihr das scheißteure Ding verkauft - meine Nerven, ich muss mir angewöhnen unter der Woche ins Kaff zu fahren, damit ich allen Fernseh-Schulzes dieser Welt die Beine brechen kann.

Freitag, 27. Mai 2016

Männer, die sich plötzlich wieder melden

Mein Liebesleben steuert dem diesjährigem Höhepunkt entgegen. Innerhalb von zwei Stunden erinnern sich zwei Männer an mich, tagsüber, während ich im Büro - in Meetings - saß, ich war ganz verdutzt. Den einen habe ich abserviert - nicht ohne Grund; ich mach sowas nur mit Grund - der andere mich. 

In Zeiten der Abserviertheit denke ich immer, warte nur, das wirst du eines Tages bereuen und dann wirst du gar nicht anders können, als dich wieder bei mir zu melden, wenn du erst erkennst, dass das Klopsgesicht neben dir keine der Qualitäten aufweist, die es bei mir - natürlich - im Überfluss gibt. 

Und immer, wenn es dann soweit ist, will sich keine Schadenfreude einstellen, weil es mir unterdessen gleich ist, was er macht oder lässt. 

Das war schon damals so, beim größten Stones Fan aller Zeiten, der mich just zur großen Liebe seines Lebens ausrief, als die lokale Lichtgestalt auf den Plan trat und er sich dachte, wenn der die gut findet, dann waren die letzten drei Jahre eventuell doch suboptimal gelaufen und vielleicht hätte ich doch nicht mit ihrer besten Freundin schlafen sollen, aber dann war es natürlich zu spät und das einzige, was ich empfand, war Mitleid, was ja weitaus vernichtender ist als Genervtheit oder wohlwollende, rückwärts gewandte Melancholie (zu der ich durchaus auch neige, wenn ich einen Grund habe; das muss dann aber ein sehr guter Grund sein).

Jedenfalls bekam ich eine Nachricht von dem Mann, der mir vor längerer Zeit mein kleines Herz in Stücke gerissen hat; retrospektiv gesehen bin ich leider nicht ganz unschuldig an dem Ende; also an der Art des Endes, denn wenn ich liebe, bin ich nicht immer so beherzt, wie es nötig wäre, was es bestenfalls nicht braucht, wenn man einen Mann zur Seite hat, der mit temporärer Schwäche verantwortungsvoll umzugehen weiß. Hat man aber einen unsicheren Mann zur Hand, läuft vieles aus dem Ruder, weil beide nach einem mittelschweren Fiasko auf ein Zeichen des anderen warten und beide werden schwarz darüber, schwupps, ist ein Monat vorrüber und mehr als traurig zu konstatieren, dass es das wohl gewesen ist, bleibt nicht mehr, das weiß jedes Kind (diese blöden Spiegelneuronen, wer hat die eigentlich erfunden?).

So, jetzt hat er Klärungsbedarf, jetzt will er reden und mich besuchen und/oder ich soll ihn besuchen. Ich nehme an, das Klopsgesicht hat ihn verlassen und man darf keinesfalls den Anfängerfehler machen, diesen plötzlichen Wünschen nach Vergangenheitsbewältigung allzuviel Bedeutung beizumessen, bestenfalls langweilt er sich und textet neben mir noch sieben andere Verflossene zu oder seine Hormone spielen verrückt, was weiß denn ich?

Vor zwei Jahren wäre ich im Sechseck gesprungen, besoffen vor Glück. Jetzt denke ich, hat er sie noch alle? 

Der andere... hm. Läuft auch nicht ganz rund, aber welcher Mann (und welche Frau) läuft schon ganz rund? Das hatte ich gekappt, halbherzig und nachhaltig zugleich, in der Hoffnung, er würde kapieren, dass Sarkasmus gut und schön ist, aber in sensiblen Situationen fehl am Platz ist (ich bin ein lebend Ding), auf dass er in sich gehe und erkennt, was er da gerade in Schutt und Asche zu legen im Begriff ist - Frauen machen sowas immer wieder und in der Regel kapiert der Mann gar nichts, und wenn doch, bleibt das sein wohlgehütetes Geheimnis. Will sagen, man hört nie wieder von ihm. 

Ich bin überrascht. Und will es weiß Gott nicht zu hoch hängen, auch hier kann ein Hauptgrund sein, dass ihm jemand anderes mit den Öffentlichen zu umständlich zu erreichen ist. Immerhin sind nicht Jahre vergangen, sondern knapp zwei Monate (wie ich erst recherchieren musste - ein deutliches Zeichen für vollständig zurückerlangte Souveränität). Immer noch viel zu lange für einen Mann, der weiß, was er will; die sind für gewöhnlich viel schneller und zielorientierter. Also eher ein Versuch, der wenig Interpretationsraum lässt, schon gar nicht, er hätte in der Zwischenzeit festgestellt, dass ich derart wunderbar bin, dass man mich lieber nicht ziehen lassen sollte. Aber: zwei Monate sind nicht lang genug, als dass neben allem lakonischen Realitätssinn nicht doch noch ein Funken Freude übrig wäre.

Und was soll mir schon passieren? Ich hab ja immer noch das Pferd.

Dienstag, 24. Mai 2016

Im Fernbus

Am ZOB war es proppenvoll, lauter Gestrandete. 

Ich bin nicht auf körperliche Nähe mit wildfremden Menschen aus, zwei Sitze für mich allein waren aber wirklich nicht drin, wie mir eine über und über mit blindem Strass behängte Trulla mit beleidigtem und beleidigenden Karpfengesicht unmissverständlich klar machte. Sie setzte sich energisch auf meinen Rucksack.

Hinzu kam, dass sich dieser merkwürdige kleine und extrem dürre Typ direkt hinter mich setzte, der mir schon vor dem Einsteigen unangenehm auffiel, wegen merkwürdiger Klickgeräusche, die er mit dem Mund produzierte; eine Mischung aus platzender Kaugummiblase und diesen metallenen Klick-Fröschen, die es in meiner Kindheit gab. Absolut rätselhafter Tick.

Er sprach in einer Tour englisch mit einem zarten Mädchen, das absolut begeistert schien von diesem endlosen Geschwafel und Geklicke. Als er endlich ausstieg, im übrigen gruß- und blicklos für das Mädchen, das ihn zwei Stunden lang vorurteilsfrei und mit engelhafter Geduld anhimmelte, sagte ein Mann vom Nebenplatz zu mir "Schwer, dabei zu lesen, hm?" - "Noch schwerer, ihn nicht zu töten."

Facebook

  • Also, wenn ihr da alle seit, dann melde ich mich vielleicht doch an. Wollte ich eigentlich nie. Was macht man da eigentlich?
  • Das frag ich mich seit Jahren.
  • Aber meinen Namen geb ich nicht an.
  • Kannst dir ja ein Fake Profil anlegen.
  • Und wie nenne ich mich bloß?
  • Bloß nix, was dich mit dem Blog in Verbindung bringt.
Verschiedene Käsesorten werden als Nick vorgeschlagen. Ab jetzt läuft die Kommunikation ohne mich.
  • Aber sie müsste uns dann schon Bescheid geben.
  • Sonst hattse keine Freunde.
  • Leute ohne Freunde wollnwa nich. Gelächter
  • Timeline? Nix. Dreckiges Gelächter

Berufsberatung

"Übrigens, das Kind kann ja Bettina Böttinger werden, die hat auch Geschichte und Germanistik studiert."
"Ich hasse Bettina Böttinger."
"Ja, aber guck, aus der ist was geworden."
"Oh näääh, da macht man keine Scherze mit." 

Das Kind wirft ein, dass es Männer liebt. 

"Das wär uns egal. Hamwa immer gesagt. Hauptsache glücklich."
"Nur mit Tieren nicht."
"Nee, das wolln wa nich."

Sonntag, 22. Mai 2016

Should I stay or should I go?

Das Universum verarscht mich mal wieder. Ich habe die Wahl und ich habe nicht gern die Wahl zwischen zwei guten Optionen.

Ich kann jetzt entweder den perfekten Chef haben oder den perfekten Job.

Vorteil Chef: kompetent, unprätentiös, neutral wie die Schweiz, wertschätzend, klug, der richtige Mann an der richtigen Stelle. Ich hab mir den immer, immer, immer gewünscht und dann beruht es auch noch auf Gegenseitigkeit. Ein lauschiger Job, fast ein Friedhof Arlington. 
Nachteil: Das stressige und gleichzeitig interessante an meinem Job geht woanders hin.

Vorteil perfekter Job: Karrieresprung, mehr Geld, keine Tippse mehr. Ich müsste mich nur noch ums Stressige kümmern, dafür um nix anderes mehr. Nie wieder "Druck mir das mal aus." oder "Haben wir Kaffee?"
Nachteil: Aus Gründen  doch vom Regen in die Traufe.

Und nun? Frieden oder Ego.

Samstag, 21. Mai 2016

Frauen mit tödlichem Männer-Schnupfen

Ich habe eine Kollegin, die mich unentwegt über ihren Gesundheitszustand auf dem Laufenden hält. Zu jeder Tages- und Nachtzeit erhalte ich sms mit ausführlichen Beschreibungen ihrer Befindlichkeiten - ich falle jedes Mal in eine Schockstarre, weil ich nicht weiß, was mich erwartet, denn zur Veranschaulichung ihrer Hautausschläge bekomme ich Live-Bilder. Es bleiben keine Fragen offen, sozusagen. 

Wenn man nicht wüsste, dass sie lediglich Schnupfen und Halsweh hat, könnte man meinem, hier schreibt jemand direkt vom Sterbebett. 

"Mir geht's so schlecht. Bin nur am röcheln und stöhnen - keine Luft, Erstickungsgefühle - und solche Halsschmerzen. Den ganzen Nachmittag hatte ich Fieber. Trotz der vielen Medikamente. Weiß nicht, wie ich schlafen soll, obwohl ich so müde und erschöpft bin."

Okay, sie hat Halsschmerzen. Sie wird überleben, wenn auch nur knapp.

"Heute geht es mir erstmals wieder besser. Bekomme soviel Luft, dass ich nur noch alle zwei Stunden wach werde. Ein Fortschritt. Hals ist leider nur wenig besser, noch dick und etwas heiser, aber auch das wird langsam. Das Fieber war abends auch erstmals weg."

Erstaunlich. Fieber hat doch die Angewohnheit, abends zu steigen. Egal, sie hat noch Vitalfunktionen.

"Danke für deine Genesungswünsche. Leider gibt mir das gar keinen neuen Schwung und Lebensmut. Gestern Vormittag schöpfte ich noch Hoffnung bezüglich der Krankheit, aber am Nachmittag bekam ich eine wirklich schlimme und schmerzhafte (!) Blasenentzündung dazu. Vermutlich wandern die Viren durch den Körper. Es war so schlimm, wie ich es noch nie erlebt habe. Daher haben wir beschlossen, abends vor dem Schlafengehen ein bestimmtes Antibiotikum zu nehmen, die Schmerzen gingen zurück, aber seitdem musste ich ungelogen jede Stunde auf die Toilette."

Ungelogen: ein bestimmtes Antibiotikum ist natürlich besser, als ein unbestimmtes. 

"Schau mal, heute morgen habe ich Ausschlag auf den Schienbeien. Steht auf dem Beipackzettel, kann auftreten - man, bin ich unglücklich."

Das Foto wird mich für die nächsten Tage um den Schlaf bringen.

"Ich bin noch sehr krank. Insbesondere ich habe nachts alle Sunden den Weg zur Toilette gemacht, deswegen traue ich mich nicht, das Penicillin schon abzusetzen, auch wenn der rote Auschlag kochend heiß ist und heute auch weh tut."

Dazu ein anderes Foto. Sie mit Gatten am See, irgendwo in Brandenburg, denn das Hotel war gebucht, beide lachen und sehen sehr wohl aus. 

"Seit 14 Uhr sind wir zurück. Meine Erkrankung ist nur teilweise besser geworden, nach nunmehr 5 Tagen mit Penicillin ist die Blase okay, aber das blöde Grippegefühl ist noch da. Nachts hatte ich wieder etwas Fieber! Und die Stirnhöhle ist vermutlich auch betroffen. Meine Gesichtsmimik tut weh und wenn man die Augenbraue antippt, tut's auch weh."

Ein Satz für die Ewigkeit: 'Meine Gesichtsmimik tut mir weh.'

"Wenn es morgen früh besser ist, komme ich ins Büro. Das bedeutet auch Mega-Stress, es ist soviel zu tun, in so knapper Zeit. Ich muss jetzt eine Schlaftablette nehmen, sonst kann ich vor Nervosität nicht mal schlafen und dass ist nach dem ganzen Penicillin wirklich sehr wichtig."

In der Tat, schlafen ist immer sehr wichtig, ob mit oder ohne Penicillin. Ein paar Tage später eine erneute Hiobsbotschaft:

"Ich bin heute krankgeschrieben. Die Ärztin hat heute Hals und Nase behandelt und Abstriche gemacht."

Du liebe Güte, ich habe Angst, runter zu scrollen, bloß keine Bilder vom Abstrich. 

"Dienstag gibt es die Ergebnisse. Ich habe ein neues kortisonhaltiges Nasenspray bekommen und soll weiter gurgeln und so wenig wie möglich sprechen. Also halte ich mich drei Tage daran."

Aber Gottseidank kann sie noch sms schreiben.

Dienstag, 17. Mai 2016

...reiste jüngst zu Pfingsten

Die Auftragsmörderin, die Dezember-Affaire und ich buchten uns in einer bayrischen Villa ein, die von außen ganz toll aussah, von innen.. naja, lassen wir das. Sie lag direkt am Kurpark, kaum angekommen, liefen wir auch schon los und waren direkt in einer anderen Welt.

Alles so sauber. Schneeweiße, verschnörkelte Parkbänke ohne Graffiti. Habe ich noch nie gesehen.



Überhaupt nirgendwo Graffiti. In ein einziges Blumenbeet wurde mehr Geld investiert als für die gesamte Straßenbepflanzung in Berlin.

Eine Harfenistin saß allein auf der Wiese und klimperte elegisch vor sich hin. Das schwere Ding. Wie hat sie das nur da hingeschleppt?



Wenn Frauen auf Reisen sind, ist es am besten, wenn sie flexibel sind. Eine, die einen Plan hat, kann alles versauen. Eine Es-findet-sich-Gruppe, mehr braucht es nicht, um auch auf der Rückreise noch befreundet zu sein.

Wir schlenderten also vor uns hin, kehrten ein, wenn wir Hunger hatten, wanderten zum Sissi-Denkmal hoch - ich ließ mich quasi vom Hund hochziehen - und sahen über die hügelige Landschaft. Ich sah ehrlich gesagt vor allem nach unten, begeistert von meiner Leistung, oben angekommen zu sein. 

Der Hund indessen hatte noch Kraft und versuchte sich in der Familiengründung, aber so ein Hund hat ja nicht die Hohheit über sein Leben; Menschen mischen sich andauernd ein. 

Im Dunkeln gingen wir durch den Park zurück in die Villa, am Casino vorbei. Mannshohe Lüstern und blutrote Wände, bestimmt lauter Oligarchen drin und wir draußen, an den Palmen, dem Kreuzgang und dem Wasserfall vorbei, beleuchtet natürlich, auch der Park, für sowas hat die Hauptstadt kein Geld. 



Es war alles hübsch anzusehen, beruhigend, einschläfernd. 

Wir hatten viel Zeit zum reden, denn wir fanden keinen vierten Mann für Doppelkopf, außerdem schien die Sonne nicht, in der wir hätten auch tagsüber dösen können. 

Frauen reden ja immer, das ist das Gute an ihnen. Sorgsam breiten wir allerlei vor uns aus und sind erschrocken über manches. Wir finden uns den Umständen entsprechend, aber nicht über Gebühr neurotisch, unsere Grillen verzeihen wir uns, denn es hätte ja auch richtig schief laufen können, wie bei der Frau am Nebentisch, die - sehr viel jünger als wir - sich ihre Arme bis auf die Knochen aufgeritzt hat. 

Wie wären wir, wenn wir im Taka-Tuka-Land aufgewachsen wären? Wären uns Prüfungen erspart geblieben, weil wir einfach rechts dran vorbei gegangen wären, mit einem kurzen Seitenblick nur und leisem Kopfschütteln? Baut eine erstklassige Kindheit vor? Kennen wir irgendeinen Mann oder Frau, die eine hatten oder haben wir wenigstens von jemandem gehört? Nein. 


Mir scheint, Kindheit ist (für viele) vor allem etwas, was man zu überleben hat. Den Rest der Zeit einfach das Beste draus machen.