Mittwoch, 26. Juni 2019

The hottest Rettungsschwimmer in town

Das Freibad, das ich seit Jahren frequentiere, liegt sehr hübsch. Für attraktive, freundliche Bademeister war es bisher nicht bekannt, aber das hat sich gründlich geändert.

Jetzt arbeitet dort Andy Garcia. Eine Augenweide, der Mann. Braungebrannt, kakifarbene Shorts samt passend farbiger Sneaker, dazu ein lachsrotes T-Shirt, auf dem "Rettungsschwimmer" steht. So sind jetzt alle Angestellten eingekleidet.

Wenn ich ehrlich bin, irritiert mich das mit den Sneakern. Wenn ich nun vor seinen Augen in Seenot geraten sollte, wäre er nicht so behende im Wasser, wie erforderlich. Alle anderen haben auch Flip Flops an, aus denen ist man ja schnell raus in case of absaufen.

Apropos absaufen: las ich doch vor ein paar Tagen im Tagesspiegel, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn man ein Kind vor dem ertrinken rettet. Weil? Ja, weil das Kind riesige Kräfte entwickelt und dem Retter an die Kehle geht. Ja, genau so stand das in dem Artikel. An die Kehle geht und dann keiner von beiden überlebt. Und dass man das Kind erst absaufen lassen und sich ihm erst dann nähern soll, wenn's also nicht mehr zappelt und dies auch möglichst nur von hinten, damit es einen nicht sieht und einem nicht vor Angst die Gurgel zudrückt. Ich habe das mehrmals gelesen und dachte, was soll das denn für ein komischer Reflex sein, von dem habe ich ja noch nie gehört? 

Aber zurück zu Andy Garcia. Er ist ein Frauenbeglücker. Jede einzelne der um diese Zeit eintrudelnden alten Schachteln, inklusive mir, begrüßt er mit einem strahlendem Lächeln, so als ob er genau auf sie (und nur auf sie) gewartet hat. Und wenn mal um 7.20 Uhr auch eine jüngere Frau kommt, ist er nicht charmanter als sonst auch. Neutral wie die Schweiz, quasi.

Jede Frau steigt geschmeichelt in die Fluten, nachdem sie ihr Frühbucher-Ticket bei ihm bezahlt hat. Um die Zeit ist das Kassenhäuschen nämlich nicht besetzt, das macht er alles persönlich, direkt am Beckenrand.

Er verbreitet derart gute Stimmung, dass wir Frauen in der Dusche inzwischen dazu übergangen sind, uns herzlich zu begrüßen, zu verabschieden und gestern bat mich sogar eine Frau darum, ihr den BH schließen; was eine ungewöhnlich intime Angelegenheit ist, um die ich bisher im öffentlichen Raum noch nie gebeten wurde und ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass derlei nicht einreißt.

Heute sprachen wir sogar über unseren attraktiven Bademeister, und eine Frau wusste zu erzählen, dass er der neue Geschäftsführer ist (daher die Sneaker) und sehr glücklich verheiratet ist, ein sehr schönes Paar sei das, tja, das glaubten wir alle sofort. Falls seine Gattin mal an seinen Qualitäten zweifelt, muss sie einfach nur morgens schwimmen gehen und dann weiß sie gleich, dass sie ein begehrtes Goldstück zuhause hat.

Und obwohl während der zurückliegenden Jahre um 7 Uhr das Freibad menschenleer war, ist jetzt Hochbetrieb mit erbitterten Machtkämpfen um die Wasserbahn-Hoheit. Ob die Überfüllung nun an Andy Garcia liegt oder an der Klimakatastrophe oder an den immer fitter werdenen Rentner*innen, die den hitzebedingt zu erwartenden Kinderhorden frühmorgens auszuweichen versuchen - Fakt ist, ich muss mir einen neuen Badeanzug kaufen. Und womöglich über Permanent-Make up nachdenken. Man wird als Frau nicht schöner im Chlorbecken.

Mittwoch, 19. Juni 2019

Die einsame Kanzlerin

Als ich gestern Abend das Video der Kanzlerin gesehen hatte, wie sie da stand und zitterte (nicht nur zitterte, sondern allergrößte Mühe hatte, stehen zu bleiben und ihre Extremitäten unter Kontrolle zu behalten, was ihr genau so wenig gelang wie Joe Cocker in den 80er Jahren), wie sie da also stand und so offenkundig neurologische Probleme unbekannter Herkunft hatte, war das erschütterndste für mich, dass ihr niemand zur Seite gesprungen ist. 

Kein Sanitäter kam angelaufen, kein Personenschützer, kein Mitarbeiter und nicht mal der neben ihr stehende ukrainische Präsident reichte ihr auch nur den Arm; ja er starrte angestrengt geradeaus, als ob er sich und der Welt weismachen wollte, dass er ihre Notsituation einfach nicht bemerkt.

Da steht sie und hält sich mit eisernem Willen auf den schwankenden Beinen und keine Sau eilt ihr zu Hilfe. Vor aller Augen, in sengender Hitze, die Kameras auf sie gerichtet und kein einziger Mensch fühlt sich berufen, das Protokoll zu missachten und mal schnell zu ihr rüber zu laufen.


In den Berichten hieß es, sie hätte unmittelbar danach wieder "normal laufen" können. So ein Bullshit! Ja, sie konnte laufen, aber das war's auch schon. Flüssiges Gangbild ist was anderes. Sie eilte zur Pressekonferenz, sie war immer noch fahrig (kein Wunder) und jeder, der Augen im Kopf hat, konnte sehen, dass sie mit letzter Kraft - und daher eilig, wie jeder, der Panik hat - unterwegs war. 

Warum man sie nicht aus dem Verkehr und sofort ins Krankenhaus gebracht hat, verstehe ich nicht. 

Die Wirkung, die sicherlich vermieden werden sollte (ein Politiker darf keine Schwäche zeigen, etc. blabla), ist so viel verheerender. Alles wäre okay gewesen, wenn sie umgekippt wäre oder ihr der Präsident wenigstens seine Hand auf ihren Rücken gelegt hätte - das wären dann Bilder gewesen, die nie gesendet worden wären, man hätte nur von einem Schwächeanfall in Gluthitze gelesen und niemand hätte sich tiefergehende Gedanken gemacht.

So aber, die Kamera draufgehalten, haben sich zumindest mir diese Bilder unauslöschlich ins Hirn gebrannt: ein schrecklich anzusehendes Symptom, eine sichtlich panische wie stoische Kanzlerin, die im Stehen zusammenbricht und niemand hilft.

Und heute kraucht sie schon wieder in Gluthitze in Goslar rum. Sie muss doch gar keine Wahlen mehr gewinnen...

Montag, 17. Juni 2019

Wie ich mich neulich auf den ersten Blick verliebte

Umstände spülten mich auf das Hoffest des Regierenden Bürgermeisters. Ich war mit einer Kollegin dort, die mich irgendwann an den Stand von Eisern Union zerrte. "Mein Mann ist so ein Fan, dem bringe ich ein paar give aways mit." 

Während sie sich Schlüsselanhänger geben ließ, sah ich drei Meter von mir entfernt einen schwitzenden, erschöpften Mann. 

"Du, kucke mal, das ist der Präsident von Eisern Union, ich frag den mal, ob ich dich mit ihm fotografieren kann, dann freut sich dein Mann noch mehr." raunte ich meiner Kollegin zu. "Das traust du dich?"

Ich trau mich fast alles, wenn es nicht um mich geht und wenn's mir völlig gleich ist, ob ich es bekomme oder nicht. Das ist ja das Blöde mit mir. Wenn der Mann mir also gefallen hätte oder ich schon langjähriger Fan gewesen wäre, wäre mir nur die eine Reaktion möglich gewesen, an der - in meinem Fall - jeder Mann erkennen kann, dass ich in Flammen stehe: vollkommene Ignoranz gepaart mit null Blickkontakt.

So aber hatte ich zwar ein paar Tage zuvor gelesen, dass der Verein gerade in die 1.Bundesliga aufgestiegen ist, die Fans ganz aus dem Häuschensind und dass das alles überhaupt eine ganz dolle Sache sei, weil die alle so erdverbunden und sturmerprobt (ach nee, das sind ja die Niedersachsen), anyway, der ganze Verein, samt Stadion und Präsident und der Weihnachtssingerei der ultimative heiße Scheiß ist. Der übliche Medienhype halt. 

Ich war nicht infiziert vom Eisern-Bazillus, also ging ich entspannt auf den Mann zu und sprach ihn an. Erklärte ihm, der Mann meiner Freundin, ein großer Fan, ob man ein Foto... und dann war's um mich geschehen, binnen einer Sekunde. 

Er neigte sich mir zu und in seinem Gesicht war Milde, Erschöpfung, Güte und ein bisschen Traurigkeit. Da war ich gleich hinüber. Außerdem sieht er ein klein bisschen aus wie Guy Ritchie, was auch nicht schadet.

Freundlich stellte er sich neben meine Freundin, ich fotografierte, ein anderer Vereinsmeier sagte zu mir, dass ich doch bestimmt auch ein Foto mit ihm haben möchte, nahm mir mein Handy aus der Hand und nun habe ich ein Foto mit der Liebe meines Lebens, auf dem ich total bescheuert aussehe, ja leider, ich sehe so dümmlich-Honikuchenpferdartig aus der Wäsche, dass mir gleich wieder einfiel, weshalb meine private Appeasement-Politik ("to ignore") die bessere Alternative für alle Beteiligten ist. 

Natürlich war dieses Foto auch schon gleich der Höhe- und Endpunkt dieser doch reichlich kurzen Affaire, von der sogar nur ich etwas wusste und der andere Beteiligte nie erfahren wird, dass er mal für einen Moment beinah in etwas verwickelt war. Hach.

 ***

Meiner Kollegin gab ich den Tipp, sich ihr Foto mit ihm groß auf Leinwand auszudrucken und es ihrem Mann zu Weihnachten zu schenken, da würde die Freude doch groß sein. Auf keinen Fall, meinte sie, der hängt das auf und dann muss ich für immer auf dieses Foto glotzen.



Donnerstag, 13. Juni 2019

Das schlimme Blinddate


Schon als er mich in eine Bäckerei in Lichterfelde bestellte, wusste ich, dass das nix wird und als ich angeradelt kam und diesen merkwürdigen Schrat in Ballonseide sah, wäre ich am liebsten weitergefahren und nach den ersten Sätzen, die wir sprachen, wollte ich mich bereits entleiben.

Ich hab doch so ein gutes Bauchgefühl für Dinge, die nicht gehen, weshalb höre ich nur so selten auf mich?

Steht da also ein Mann vor mir, früh vergreist, eine Mischung aus George und Buster Bluth aus Arrested Development, meiner neuen Lieblingsserie. Wir gehen in die Bäckerei, die in einem Nebenraum ein kleines Café eingerichtet hat, das vollständig leer ist. Selbstbedienung. Er kauft sich einen Kaffee und ein Stück Kuchen. "Ich geh schon mal nach nebenan". Du meine Güte, ich bin wahrlich kein Luxusweibchen, aber in so einem Schrottladen hätte man mich durchaus zu einem Tee einladen können. 

Aber dass hier ein Mann vor mir steht, der nicht den geringsten Schimmer davon hat, wie man eine Frau für sich interessieren könnte, war ja klar. Und er toppt sogar noch alle voreiligen Vorurteile, die ich in den ersten Sekunden über ihn gefasst hatte. 

Er wohnt noch bei Mutti "Weshalb soll ich denn ausziehen, wenn es mich doch nichts kostet, bei ihr zu wohnen. Ja klar macht sie meine Wäsche, warum auch nicht?"

Er hat Hobbies. Er schob mir ein Foto eine Farbkopie von einem älteren BVG Bus rüber. "Den fahre ich manchmal am Wochenende. Im Verein. Kostet mich nichts." Dann eine Kopie eines Segelbootes. "Ich trainiere eine Rudermannschaft. Das ist das Begleitboot. Kostet mich nichts."

Und er hatte natürlich Pech mit Frauen. "Es gibt ja keine Frauen mehr, die Kompromisse machen können. Die Letzte war immer sauer, weil ich am Wochenende die Rudermannschaft trainiere." Er empört sich: "Was soll ich machen, ich kann die Jungs doch nicht im Stich lassen? Die hat immer nur gemeckert, weil ich keine Zeit hatte."

Ich denke, aber sie hat doch Kompromisse gemacht, und zwar jedes Wochenende, aber für so ein selbstgerechtes Muttersöhnchen ist die Frauenwelt an sich natürlich kein Ort der Verheißung. Alles Schlampen außer Mutti.

Schnell holt er eine weitere Farbkopie raus, er geht nun aufs Ganze und zeigt mir sein Elternhaus, aus dem er ja nie ausgezogen ist. Es steht in einer Siedlung um die Ecke und das einzige, was ihn stört, sind die Nachbarn, die immer Gäste im Garten haben und Lärm machen, vor allem wenn Fußball-WM ist. Schlafen sei dann unmöglich und deshalb habe er auch schon öfter die Polizei gerufen, aber kaum seien die weg, lachen sie nebenan einfach weiter.

Mein Blick ist schon vollends leer, es sind knapp 20 Minuten vergangen und das ist lang genug. Ich breche diese sinnlose Zeitverschwendung ab und wünsche ihm viel Fortune. Verdutzt bleibt er sitzen mit seinen Farbkopien und ich radel glücklich in den Sonnenuntergang.

Dienstag, 4. Juni 2019

Mütter, Nichten und Andrea Nahles

+++ Spooky +++

Geheimnisvolle Dinge gehen vor die letzten Tage. Zuerst enttaute der Kühlschrank sich selbst, was durchaus ein sinnvoller Versuch zur Eigenrettung war. Leider zu spät, denn seitdem schafft er nur noch 12 Grad Kühle. Dann schaltete sich die Geschirrspülmaschine mitten im Waschvorgang ab. Nachdem ich den Stecker zog und neu startete, rumpelte sie zwar brav weiter, aber am nächsten Tag funktionierte der Eierkocher nicht. 

Nun korrelierten diese Dinge mit der Anwesenheit meiner Mutter in Berlin, was an sich schon verdächtig ist. Sie drückt gern Knöpfe und räumt Dinge weg, die einen festen Platz haben oder einfach von mir irgendwo hingelegt werden, aber dank meiner Rüstigkeit wiedergefunden werden. Jedenfalls solange der Optimierungsdrang meiner Mutter nicht andere Orte für geeigneter hält.

Sie hat sich noch was Neues angewöhnt: sie folgt mir in meiner Wohnung wie ein Schoßhündchen und vor allem in der Küche beäugt sie, schräg hinter mir stehend, alles was ich tue mit großer Besorgnis. Am liebsten will sie das Kommando übernehmen, ich bin ja nicht blöd und merke das natürlich.

+++ Niedliche Verwandte +++

Das Kind meiner Nichte übrigens, inzwischen drei Jahre alt, kommt ganz nach ihr. Als meine Mutter ins Bad wollte, sprang die Kleine auf und sagte "Ich begleite dich". Womit sie widerum die elegante Ausdrucksweise ihrer eigenen Mutter (meiner Nichte) kopierte, die ebenfalls im Alter zwischen 3-4 Jahren Dinge sagte wie "Wer klingelte da?" Das nennt man transgenerationale Weitergabe.

Den schönsten Satz sagte sie allerdings zu ihrem Vater "Papa, du bist auch eine gute Mutter!" Ein wertschätzendes und warmherziges kleines Ding ist sie.


+++ Andrea Nahles +++

So, und jetzt noch zu Andrea Nahles. Ist ja populär, sie schrecklich und peinlich zu finden. Ich weiß auch nicht, weshalb sie diese kreischige Hemdsärmeligkeit gepaart mit überbordendem "Ich-will-dass-ein-Ruck-durch-die-SPD-geht"-Modus für geglückt hält, ist mir auch egal. Nach allem, was man so hört, ist sie sonst ganz okay. Ihr Abgang ist jedenfalls aller Ehren wert.

Weshalb sich aber stattdessen niemand mit den blasierten Hackfressen Alice Weidel und Beatrix von Storch in ähnlicher Weise aufhält, die neben ihrer weitaus unattraktiveren Gesamterscheinung (nur noch übertroffen von Gaulands fauligen Zähnen) auch noch grausige Inhalte zu Markte tragen - das kapiere ich nicht. Mit aller Lust an der Zerfleischung werden die immer gleichen Bilder von Nahles mit rudernden Armen, Bätschi rufend, etc. in die Wohnzimmer penetriert, allein die zwei güllespritzenden Schreckensweiber von der AfD werden mit diskreter Rücksicht behandelt, als hätte ihnen eine unbekannte Macht Welpenschutz verpasst.

Was soll mir das sagen?