Dienstag, 2. Januar 2024

Silvester mit Peter Maffay und Philipp Amthor

 

Wie jedes Jahr: die ersten drei Worte, die du erkennst, beschreiben dein Jahr 2024.
Ich hatte Neuanfang, Liebe, Leidenschaft. Käme keine Minute zu früh. Ich hätt's verdient. Bin gespannt. 

Gestern habe ich Silvester gefeiert wie eine Zwanzigjährige. Und darauf hatte ich wirklich keinen Bock. Tanzen gehen mit einer Freundin. 80er Jahre Party. Wann hört das auf, frage ich mich? 

Dann wurde es aber doch erfreulich, weil die Location mit Menschen meiner Altersklasse gefüllt war und alle strahlten alle an und das mag ich ja schon mal. An unserem Tisch saßen zwei Paare, die sich aber auch erst 30 Minuten zuvor kennengelernt hatten. 

Das eine Paar bestand aus Stevie-Nicks und Peter-Maffay-Look-alikes, die waren einander sehr zugewandt, lässig und herzlich zu jederman. Sie tanzte in einer Tour, sehr gekonnt und überhaupt nicht peinlich und als sie uns ihr Alter verriet, schrien wir auf "nicht möööglich", denn wir hatten sie jünger als uns geschätzt, aber sie war 70. Also, wenn ich so mit 70 unterwegs bin, habe ich alles richtig gemacht.

Das andere Paar der Knaller: Er stockschwul, im hellgoldenen Satin Anzug, mit Schmuck behangen, Philipp-Amthor-look-alike, grässlich, jedoch ebenfalls sehr freundlich. Sie: aufgespritzte Lippen, dramatisch tätowierte Augenbrauen, von Hacke bis Nacke in Lurex gekleidet und eine der gutmütigsten Frauen, die ich je kennengelernt habe. Sie ging nämlich geduldig auf sämtliche seiner klemmigen Versuche, ihr den Latin Lover zu geben, ein und lächelte unentwegt, küsste ihn gar, beide spitzten ihre Lippen maximal dabei - sie rettete sich nur oft aus der Situation, in dem sie rauchen ging. 

Ich konnte sie verstehen und ich meine, sie war sein Escort für diese Nacht, in der er sich offenbar einen heterosexuellen Anstrich geben wollte, warum auch immer. Ich hoffte für sie, dass er in dieser Nacht nicht noch zum äußersten würde gehen wollen, denn auch so schien mir das schon hart verdientes Geld zu sein. Mir sagte er pausenlos, dass er sich doch sehr wünschen würde, dass endlich mal Depeche Mode gespielt werde, aber natürlich wurde nur so Zeugs wie West End Girl und Le Freak gespielt.

Zwischen uns sechs Fremden entwickelte sich über die Stunden eine herzliche Verbindung, fast nur durch Blickkontakt, weil die Musik derart laut war, dass ich mir die gegen die mitternächtliche Knallerei mitgebrachten Ohrstöpsel schon viel früher in die Ohren stopfte, aber das tat unserer aufkeimenden temporären Freundschaft keinen Abbruch. Wir waren alle bereit, uns zu amüsieren, aber keiner war drüber.

Vertraulich fassten wir uns an den Händen auf dem Weg zur Tanzfläche und als Mitternacht war, nahmen wir Frauen uns derart fest in die Arme, also, wie soll ich das sagen, wir legten alles in diese Umarmungen, unser ganzes Wissen über das Leben, unsere Erfahrungen, wir trösteten uns wortlos - ich kann's nicht besser beschreiben. Wie dieser Wissensautausch bei Mr. Spock. Man kann ja eine Menge in eine Umarmung legen und ich habe in meinem ganzen Leben noch niemals fremde Frauen so innig umarmt, sie ließen gar nicht mehr los und ich auch nicht.

Ja, so war mein Silvester. Man kann schlechter ins neue Jahr kommen.

Tipp:
Netflix, German Genius
ARD Mediathek: Weihnachten in Familie (Fortsetzung von "Das Begräbnis")


2 Kommentare:

  1. Frohes Neues, liebe Annika! Hat ja gut angefangen- hoffentlich geht es so weiter! Liebe Grüße aus Kreuzberg suedost

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  2. Das wäre echt schön und die liebsten Grüße zurück
    Annika

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