Montag, 30. April 2018

Er hat Schluss gemacht

Ich schrob ja schon kürzlich von den verkorksten Beziehungen zu meinem Vermieter. 

Nun sind die Sonnentage da und ich darf nicht mehr in den Garten. Ich hatte vor drei Wochen den Vermieter angerufen und ihm auf's Band geflötet, dass es sehr nett wäre, wenn er mir den Garten aufschlösse - ganz so, als ob es sich um eine harmlose Nachlässigkeit seinerseits handele und nicht um die Manifestation des Abbruchs unserer bisher gedeihlichen Vermieter-Mieter-Beziehung (und von dem geplanten Parkplatz auf der Wiese hatte ich ja nur um drei Ecken gehört; es gibt keine offizielle Verlautbarung).

Er rief nicht zurück. 

Das ist so ähnlich, wie wenn man auf den Anruf oder Rückruf eines Typen wartet und solange er nicht angerufen hat, besteht noch Hoffnung, jedenfalls nach Frauenlogik. 

Vor dem langen Wochenende startete ich den nächsten Versuch, sprach ihm auf's Band und bat um Rückruf, diesmal ohne Angabe von Gründen. Ich bekam Freitagabend eine Mail, er habe meinen Anruf erhalten, sei aber erst 2. Mai wieder zu erreichen. Geschickt. Das ganze schöne lange Wochenende - ohne Garten. Und mit einer Neuerung: ein Wespennest in meiner Balkon-Außenjalousie. Im Grunde sind die Viecher damit direkt in meinem Wohnzimmer, denn der Rolladenkasten ist innen angebaut. Balkon praktisch nicht zu nutzen wegen der Viecher.

Ich schraubte mich richtig tief rein in meine Stinkwut. 

Gestern fuhr ich durch die halbe Stadt, um mit Freunden in der Sonne zu sitzen, wo doch sonst immer alle zu mir kommen. Und da kam mir der Gedanke, dass ja alles für irgendwas gut ist. Dachte an die vergangenen Jahre, die ich mich so gerne verkrümelt habe hinters Haus, auf dieses verwunschene Stückchen Erde. Wie kommod das war, weil ich keinen Schritt in die Welt gehen musste. Und dass es vielleicht an der Zeit ist, mal wieder vor die Tür zu gehen, anstatt in meinem Garten oder dem Garten meiner Freunde von gegenüber oder auf der Terasse der Dezemberaffaire zu sitzen. Ja, auf diese Weise kann man schnell auf den Gedanken kommen, dass es einem an rein gar nichts fehlt. 

So fuhr ich also zur Marheineke Halle, die ja allgemein ein verhasster Ort ist, weil sie in der verhassten Bergmannstraße ist und diese zu hassen, ist eine Mode geworden, der ich mich weigere zu folgen. Ich mag diese Straße, mochte sie immer.

Es war Flohmarkt, was das Gewusel noch wuseliger machte, kleine Kinder spielten mit dem Hund, wir saßen in der Sonne und ich dachte, "geht doch" und "ist schon was anderes als mein Grab im Grünen". 

Ich besprach meine Wanderung im Gedankengebirge und beschloss, das Telefonat mit meinem Vermieter so zu gestalten, dass ich ihn praktisch zwingen werde, mir ein offizielles Gartenverbot auszusprechen (denn dieses wortlose Verschließen der Tür will ich ihm nicht durchgehen lassen. Soviel Eier in der Hose muss er schon haben, mir das persönlich zu sagen), und dann werde ich mit meiner Wohnung abschließen und mir was neues Nähe Bergmannstraße oder im Fliegerviertel zu suchen. Jetzt wird jeder sagen "Träum weiter, du dumme Nuss", aber ich habe ja nicht nur dieses gute Parpkplatz-Karma, sondern bisher auch jeden gewünschten Job und jede Wohnung bekommen. Ich muss es halt nur wollen. 

Heute rief mich meine Freundin von gegenüber an, komm rüber, überraschend sind Dings und Dings gekommen, wir frühstücken. Denen musste ich das Vermieter-Garten-Drama natürlich auch schildern und dann wurde ich bedauert eingenordet. Ich sehe das alles falsch. Mein Vermieter muss mir gar nix sagen und wenn er da hinten eine Sickergrube oder ein Hochhaus bauen will, ginge mich das auch nichts an. Es ist sein Privatgrundstück, auf dem könne er machen, was das Bauamt erlaubt und wie ich auf den Gedanken komme, einen siebzigjährigen Mann erziehen zu wollen? Hätte ich halt nicht wütend eine Mail schreiben sollen. Selber schuld. 

ABER: das Wespennest sei eine Fügung des Himmels. Darüber könne ich zumindest die Kurve bekommen, am 2. Mai ohne erzieherischen Auftrag mit ihm zu telefonieren und ihn nicht an seine Nervgrenze zu bringen, die im schlechtesten Fall eine Kündigung nach sich zöge. Zunächst mal muss er das Wespennest entfernen lassen, das biete eine rein sachliche Gesprächsgrundlage. Und zweitens könne ich ihn somit ohne weiteres bitten, solange die Gartennutzung möglich zu machen, weil ich die Balkontür nicht mal geöffnet halten kann. 

***

No doubt about, ich werde nie wieder in diesem Garten sitzen, denn (um ein Gleichnis zu nutzen): er hat längst Schluss mit mir gemacht. Das ist mir natürlich klar, trotz irrationaler Hoffnung auf Wendung zum Guten. Aber natürlich weiß jede Fraugenau, wann sie ihre Favoritenposition unwiederbringlich verloren hat. Außerdem: man legt sich nicht ungestraft mit jemandem an, der in der stärkeren Position ist. Und mich mit meinem Vermieter anzulegen, ist zweifellos bescheuert gewesen. Man soll nicht wütend Mails schreiben, denn will man glücklich sein oder Recht haben?

Wie gesagt: alles ist zu irgendwas gut. Und neulich stand in meinem Horoskop "Lassen Sie alle Erwartungen los". 

Das übe ich jetzt. .

7 Kommentare:

  1. Das Leben schreibt die gemeinen Geschichten.

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  2. Ganz so einfach ist das nicht mit dem Recht und dem Recht haben.
    Da gibt es nämlich noch die ganz kleine Kleinigkeit des Gewohnheitsrechts:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gewohnheitsrecht

    Daraus darf man durchaus Ansprüche ableiten. Würde ich aber vielleicht dennoch nicht machen, denn Stress mit dem Vermieter ist kacke. Man ist zwar nicht machtlos, aber man kämpft allein schon deswegen ungleich, weil du damit dein engstes privates Umfeld in Form deiner Wohnung zum Kampfobjekt machst und wer will das schon?

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    1. "Beispiele für Gewohnheitsrecht, also Recht, das nicht explizit in Gesetzestexten geregelt wird, sind das deutsche Wappenrecht und das Jedermannsrecht, das in einigen europäischen Staaten (wie zum Beispiel Schweden) das Recht jedes Menschen regelt, die Natur zu nutzen, unabhängig davon, wem der jeweilige Grund und Boden gehört."

      In Schweden müsste man leben.

      Danke für den Hinweis.

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    2. Bitte! :D
      Ansonsten weiss ich nicht, ob Schweden so mein Traumland wäre. Dann schon eher Finnland oder Norwegen. Insgesamt scheinen die mir etwas entspannter zu sein... außerdem sichten die nicht ständig irgendwelche feindlichen Fake U-Boote. :)

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    3. Bewundere dein Urvertrauen, diese "Krise als Chance" sehen zu können. Am Ende gibt's auf die Weise tatsächlich die Wohnung (mit Garten) im Fliegerviertel - und den neuen Job gleich noch dazu.

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    4. Das ist kein Urvertrauen, sondern Kapitulation. Oder positiv ausgedrückt: Resilienz. Schließ mich bitte in deinen Abendgebet ein ;)

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