Donnerstag, 18. Juni 2020

Nach dem Lockdown

Bei mir hier geht alles zurück auf Anfang: wir sollen jetzt wieder ins Büro kommen. Das passt mir auch wieder nicht. Habe so ein Gefühl, das dicke Ende kommt erst noch. Derzeit scheint's, als gäbe es nur die Wahl zwischen Pest & Cholera: entweder allein im Home Office oder in Gefahr unter Kollegen. 

Alles ändert sich. Keine Sicherheiten mehr. Übernächsten Freitag soll schon wieder in ganz Deutschland 40 Grad heiß sein. Ein dritter Sommer so wie die letzten zwei und dann war's das mit unserem Wald.

Wie schnell alles aus der Balance kommt! Der Mensch an sich geht schnell k.o., und Flora & Fauna ebenso. Las neulich, wir betrauern den Verlust des Sicherheitsgefühl, das wir all die Jahre hatten: 
  • Wir leben hier in einem gemäßigten Klima, nur für Äthiopien muss bei "Wetten dass" gesammelt werden
  • Alle großen Seuchen der Menschheit sind ausgerottet ("Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam")
  • Verrückte Dikatoren gibt es nur im nahen und fernen Osten
  • Unser Gesundheitssystem ist spitze
  • Die Rente ist sicher
Ich ergehe mich in Fatalismus und lese atemlos Jonathan Franzen: Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen? Wegen meiner überlebe ich überhaupt nur deshalb, weil ich mir nach wie vor etwas vormache (sonst würde ich aus dem betrauern überhaupt nicht mehr rauskommen), den Kopf tief in den Sand stecke und den Großteil meiner Freizeit damit verbringe, zu verdrängen, was mich unausweichlich erwarten wird. 

Ich halte mich nicht für eine Pessimistin, sondern für eine nüchterne Realistin, leider gepaart mit Hypochondrie und dem Hang zu dramatischern Formulierungen, weshalb Leser dieses Blogs meinen könnten, hier sei eine im wahren Leben quietschige Hysterikerin am Werke, die alle Leute zu Tode nervt - aber das trifft nur für wenige Tage im Jahr zu. Die meiste Zeit bin ich zufrieden, wenn ich still in den Himmel schauen kann und mit niemandem reden muss. 

Aber wie lange werde ich (wir alle) noch Gelegenheit dazu haben? 

Ich werde mal noch'n büschen im Home Office bleiben. Sicher ist sicher. Hoffe ich. Man weiß es nicht.

7 Kommentare:

  1. Realisten hält man oft für Pessimisten. Oder behaupten Pessimisten einfach nur stets, Realisten zu sein?

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  2. Ich habe schon Hysterischeres von dir gelesen. Für mich ist das nüchterner Realismus. Unsere Welt ist nicht (mehr?) rosarot, wie wir es allzu gerne glauben möchten.
    Lieben Gruß vo FrauVonundZu

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    1. ..."Ich habe schon Hysterischeres von dir gelesen."...

      Echt? Wann denn???? ;-)

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  3. Für diese Einstellung hat mir eine Psychologin nach drei Sitzungen eine Dysthymie bescheinigt. ;-)

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    1. Oh, die Dysthymie wurde mir auch schon mal bescheinigt. Dabei sind wir doch lediglich fest in der Realität verankert.

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    2. Das musste ich erst mal googeln. Ich glaub, ich hab das ;) Halte es dennoch für nüchternen Realitätssinn.

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