Dienstag, 13. März 2018

Veränderungen, die die Welt nicht braucht

Wenn ich was im Leben nicht mag, dann sind es Veränderungen, vor allem dann nicht, wenn gerade alles gut läuft. Ich bin sehr unflexibel. Die Königin des Starrsinns. Oder um es mit Homer Simpson zu sagen: "Nein!"

Als vor ein paar Jahren plötzlich Leben in Form von lauter neuen Nachbarn in die Bude kam, konnte ich mein Glück kaum fassen. Meine Freunde gegenüber und nun auch noch die volle Auswahl im von mir bewohnten Mietshaus. Bis dahin hatte ich den Garten immer nur alleine genutzt, d.h. Freunde und ich bevölkerten ihn. Keiner der anderen alteingesessenen Mieter fand je seinen Weg ins Auenland hinterm Haus und mir war es recht.

Innerhalb kurzer Zeit zogen drei Paare ein, mit denen ich eine richtig gute Zeit hatte. Wir feierten Geburtstage, den Feierabend und die Fußball-WM, vorzugsweise im Garten, in dem ich kaum noch alleine war. Mir war's recht.

Höhepunkt unser nachbarschaftlichen Beziehungen war die Hochzeit des einen Paares, sie die Tochter des Vermieters. Wir waren zwar erst zum Abend eingeladen und zum Zeitpunkt unseres Eintreffens nichts mehr zu essen übrig, aber die Stimmung war gut und wir tanzten die ganze Nacht durch. Es war eine ziemlich gelungene Hochzeit und vor allem der Bräutigam fiel auf mit leidenschaftlicher Tanzwut, vor der auch die 90 jährige Oma nicht verschont blieb - was ich besonders liebenswürdig fand. 

In der Folge fanden noch zig Grillabende statt, wir ließen uns nach Büroschluss von den Mücken zerstechen und waren zufrieden mit der Gesamtsituation. 

Der Winter kam und damit die erste Trennung. Das frisch verheiratete Paar hatte es gerade mal neun Monate miteinander ausgehalten. Ihr war langweilig und ihr Mann wurde in einer Nacht und Nebel Aktion expediert, er ging ohne ein Wort des Abschieds und ohne, dass wir Genaueres wussten.


Das zweite Paar tat ein paar Monate später kund, dass sie zwar noch gute Freunde seien, es aber keine Sekunde länger miteinander aushalten können. Trotz der allgemein grassierenden Wohnungsnot fanden sie in Windeseile zwei neue Wohnungen und verschwanden, zu unser aller Bedauern.

Das dritte Paar tat kund, dass sie ein Haus bauen werden, nur fünf Kilometer entfernt, es würde alles beim Alten bleiben, versicherten sie, als sie in meine schreckgeweiteten Augen sahen. Dabei weiß doch jeder, dass nichts beim Alten bleibt. In sechs Wochen sind sie auch weg. 

Inzwischen wissen wir Genaueres bezüglich der Trennung der Vermietertochter und das hat zu einer unausgesprochenen, aber deutlichen Abkühlung geführt bis es neulich sogar zu einem völligen Abbruch der Beziehungen kam. 

Wegen ihr waren wir nämlich immer sehr nachsichtig mit dem Vermieter selbst, der sich nun aber einen Korken geleistet hatte, den wir dann doch ahnden mussten. Unsere Beschwerdebriefe nahm er persönlich und seine Tochter nahm sie uns auch übel. Sie ließ uns über ihn mitteilen, dass das "Vertrauensverhältnis unwiderbringlich zerstört" sei. 

Da staunten wir nicht schlecht und erinnerten uns, dass sie uns damals bei der Hochzeit ja quasi haben verhungern lassen und das sei eigentlich schon ein Zeichen gewesen.

Die zukünftigen Häusle-Besitzer haben ja gut lachen und schreiben nun einen Brief nach dem anderen, mit so einer richtigen Freude machen sie das, sie lassen praktisch alles raus, was sie sich bisher verkniffen haben, aber was wird aus mir, wenn sie auch noch weg sind?

Selbst wenn ich mich entscheiden sollte, auch zu gehen: es gibt keine bezahlbaren Wohnungen mehr auf dem Markt, außer, ich könnte mich auf 34 qm im fünften Stock ohne Fahrstuhl und ohne Balkon an einer Hauptverkehrsstraße beschränken, wobei ich noch wegzuatmen hätte, dass ich dafür ebensoviel zahlen müsste wie jetzt. 

Und das Schlimmste kommt noch: aus dem Garten soll ein Parkplatz werden. Er ist schon abgeschlossen und alles an Grünzeug ist abgeholzt worden, bis auf die riesigen Silberfichten.

Ich hadere mit der Gesamtsituation. 

5 Kommentare:

  1. Äh... das ist ein Witz, ja? So etwas gibt es doch gar nicht. So etwas kann man aber eigentlich auch nicht erfinden. Du sollst da ausziehen? Und alle anderen auch? Und der Garten wird ein Parkplatz? Schon alles abgeholzt? Und dann all diese merkwürdigen Paare. Seriously, too much! I don't buy it.
    Oder, um es mit Homer Simpson zu sagen: Nein.

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  2. Ich SOLL da nicht ausziehen, ich überlege nur, ob ich ausziehe.

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  3. Ich kann dich gut verstehen. Meine Güte, was hatten wir nicht schon für wundervolle Zeiten. Damals, als meine ehemals beste Freundin und ich nebeneinander wohnten, wir abends unseren Feierabendmartini schlürften und lustige Partys feierten. Irgendwie dachte ich immer, das geht ewig so und wenn wir alt sind, sitzen wir vor unserem Haus und schlürfen immer noch Martinis...natürlich wurde daraus nix. Sie beschloss ihren Mann zu verlassen, nahm sich einen seltsamen berliner Steuerberater und das Chaos fing an. Nix mehr mit "bleib doch zum essen"...der neue kaufte anscheinend abgezählt ein und wir waren auch nicht mehr gut genug....Das WIR war Geschichte...
    und dann noch die Anfangsjahre bei uns Tanzmädelz. Fast jeden Freitag sind wir zu M. und mir nach Hause gefahren. Jede hat diese Freitage geliebt. Die Freitage sind zwar geblieben, M. aber leider nicht mehr. Und egal wo wir uns auch treffen, es fehlt eine von uns. WIr alle haben uns mit diesen Änderungen so schwer getan. Und während man so fröhlich vor sich hin lebt, kommt man ja auch überhaupt nicht auf den Gedanken, dass sich daran etwas ändern könnte. Es muss doch einfach immer so weiter gehen. Und genau das tut es eben nicht.

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    1. Ich weiß genau, was du meinst. Wenn alles so gut läuft, fühlt man sich so unverwundbar. Bis sich dann umständehalber alles verändert.

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  4. Wie schrecklich! Ich KÖNNTE dort nicht bleiben, so als Gartenfreundin. So ein Frevel...
    Vielleicht findest du ja jetzt grade nichts, aber auf Dauer die Fühler ausstrecken in Richtung einer anderen Wohnsituation - das würde ich auf jeden Fall machen. IRgendwann hast du vielleicht doch Glück!

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