Sonntag, 20. Januar 2019

Erschleichung schwelgerischer Widmungen

Eine Wochenendreise in die Heide, zu einem der Hauptprotagonisten meiner kleinen Serie:

Männerbekanntschaften 1
Männerbekanntschaften 2
Männerbekanntschaften 3

Ich hätte diesen Post gerne "Männerbekanntschaften 4" genannt, aber die Frauen waren in der Überzahl (4:2)  und ich will niemanden in die Irre führen. Geplant ist ein heiteres Groupie-Treffen mit Besichtigung des Familien-Archivs, wegen dem der Autor das Leben seines Alter Egos Martin Schlosser minutiös nacherzählen kann. Martin Schlosser hat ebenso viel männliche wie weibliche Fans und bietet viel Anlass für Lob, Preis und Anbetung.

Aber zunächst mal bin ich heilfroh, dass ich meine Wärmflasche dabei habe, denn in des Großmeisters großzügiger Behausung wird die Benutzung der Heizung offenbar für überschätzt oder anderweitig überflüssig gehalten, dabei waren 6 Grad minus draußen. Ich fürchte, er hat es mit der Schildrüse, denn bei Über- (oder Unter)funktion haben diese Menschen keinerlei Kälteempfinden mehr.

Ein Spaziergang zum Elbe-Seitenkanal wurde anberaumt, den ich tagsüber auch sehr gerne gemacht hätte. Nun war es bereits stockdunkel, nur der Mond schien fahl auf die Felder. Wir stapften durch die totenstille Einöde, den Deich hoch, am spiegelglatten Wasser entlang und mir wurde und wurde nicht warm, denn dazu liefen wir zu langsam. 

Nach dem Essen wurde viel getrunken, ich war wie immer nüchtern und muss zugeben, dass es mir von Jahr zu Jahr schwerer fällt, immer die einzige zu sein, die die Ausfälle enthemmter Mitmenschen bei lebendigem Leib ertragen muss. 

Es gibt ja kaum was Schlimmeres, als traurigen betrunkenen Menschen zuzusehen. Eine der Frauen, vom Schicksal gebeutelt durch zeitgleichen Mann- und Jobverlust gab sich die Kante (möglicherweise vertrug sie auch einfach nichts) und wurde dann so anstrengend, dass ich gleichermaßen den Mann und den Verlag wegen des Abbruchs der Beziehungen zu verstehen begann.

Sie hatte nach oben geheiratet und konnte nun mit einem Eintrag im Gotha reüssieren und obwohl ihr Adels-Gatte auf der einen Seite wohl ein grausamer Armleuchter ersten Ranges zu sein scheint, ist sein Name auf der anderen Seite doch Grund genug, ihn zu behalten, denn die eigenen Kinder im Gotha, das wird einem heutzutage auch nicht allzuoft geboten. Die Trauer und der Alkohol sorgten allerdings daür, dass sie uns das in Endlosschleife erzählte, was uns wiederholt zwang, das Thema mehr oder weniger abrupt in andere Bahnen zu lenken.

Eine andere der anwesenden Frauen erzählte bereits in den ersten drei Minuten von der lange, lange zurückliegenden dreijährigen Beziehung zu einem weltbekannten 27 Jahre älteren britischen Punkrock-Musiker, der heute immer noch ein toller Mann sei. Das erinnerte mich an den Film "A Star is born", den ich neulich gesehen durchlitten habe. Wann immer ich auf einem Konzert war, hat mich nie der Sänger auf die Bühne geholt, um direkt im Anschluss eine langjährige Beziehung mit mir zu beginnen. Irgendwas ist schief gelaufen in meinem Leben. 

Jedenfalls war die Rockstar-Frau erfrischend natürlich, liebenswürdig und gutgelaunt. Und hat zudem eine bedeutende Position in einem bedeutendem Verlag inne - leider in denselben Verlag, der ihre adelige Freundin gerade gefeuert hatte. Man sah den beiden Frauen an, dass dieser Umstand eine Prüfung ist und für alle Zeiten sein wird.

Später in der Nacht sagte unser Gastgeber, wir sollten doch noch mal alle runter ins Archiv stiefeln, er habe da so einen Extra-Schrank, nur gefüllt mit Belegexemplaren seiner Bücher, da könnten wir uns alle aussuchen, was wir wollten. Es sei doch absurd, dass die Bücher in einem dunklen Keller versauern, anstatt gelesen zu werden. Ungläubigkeit in unseren Gesichtern. Ob er das wohl ernst meinte? Meinte er, und unter anderem deshalb muss man ihn lieben. 

Wir schleppten also ziemlich viele Bücher nach oben, die er uns alle geduldig signierte. Die Adelige befahl mit schwerer Zunge: "Jetzt schreib mir mal was schwelgerisches rein" und der anwesende Anwalt meinte: "Hier werden sich schwelgerische Widmungen erschlichen" und ich dachte, Zack, das ist doch mal ein Blogtitel.

Und ich möchte euch am Ende eins der Bücher unseres Gastgebers dringend ans Herz legen, denn wenn ihr das gelesen habt, werdet ihr automatisch alle Folgebände lesen wollen.

Der Kindheitsroman

Alle Babyboomer und deren Eltern werden es lieben. 
Und die anderen auch.







8 Kommentare:

  1. Klingt nach einem interessanten, kühlen Erlebnis.

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  2. Dein Leben ist ja noch glamouröser als ich dachte!

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  3. Oh, deine Studien andere Leute betreffend: einfach herrlich. Und dann auch noch der Ort des Geschehens: whow, und dann noch Bücher abgestaubt......ein Träumchen, wenn es auch kalt war.....das ist natürlich wirklich nicht witzig, mir ist lieber zu warm als zu kalt....aber was rede ich überhaupt.....zu wenig koffein durchfließt mein hirn...

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    1. Im vergangenen Sommer habe ich davon geträumt, zu frieren, es schien mir paradiesisch. Ich habe mich getäuscht. ;)

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  4. Gacker. Ich sag ja nur mal "Weimarer Reichsverfassung". Der Adel ist abgeschafft. Das GOTHA ist damit nix anderes mehr als ne Klatsch und Tratsch Postille. Wieso merkt das keiner? Vielleicht wäre das was für den noch nicht geschriebenen "Blaublüterroman" :o)

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