Montag, 9. Dezember 2019

Wenn sich Hedonisten trennen

Zuerst wollte ich ja über meinen ersten Husten (seitdem ich nicht mehr rauche) schreiben und dass das echt einen Unterschied macht, aber dann musste ich umdisponieren, weil mein kleines Herz starr vor Schmerz ist, dabei bin ich gar nicht betroffen von dieser zweit-beschissensten Trennung in diesem an Trennungen nicht eben armen Jahr.

Das flirrende kleine Geschöpf aus der DoKo-Runde, unserem jüngsten Mitglied, das vor über einem Jahr ein Kind gebar, in diesen irre heißen Sommer hinein und wir uns wegen ihr fast jeden Tag trafen, weil sie so litt und beschäftigt werden musste und wir ebenfalls litten unter dieser affigen Hitze und abgelenkt werden mussten und mit weicher Matschbirne den schlimmsten Scheiß zusammenspielten, also damals jedenfalls freuten wir uns alle auf das neue kleine Wesen, das bald unter uns sein würde, und nur der ebenfalls entzückende Vater irritierte mich kurz, als er die große Baby-Überraschungsparty für sie gab und uns erklärte, "Ihr sollte alle kommen, damit sie weiß, dass sie nicht allein ist, falls ich mal nicht mehr da sein sollte, weil sie doch keine Familie mehr hat" - und ich knurrte nur "Was soll'n das heißen: falls du mal nicht mehr da bist? Planst du jetzt schon deinen Abgang?" und ein Schmerz durchzuckte mich, stellvertretend, denn natürlich war von dem Moment an klar, dass er gehen würde. 

Und nun erfahre ich, dass er vor ein paar Wochen morgens um 7 Uhr stinkbesoffen heimkam, "Hab dich nie richtig geliebt, aber das Kind wollte ich, Gespräche zwecklos, ich bin durch mit allem", seine Klamotten packte und jetzt 1-2 mal die Woche vorbeikommt und das Kind hütet, wenn sie arbeiten geht. 

Wenn sie dann weint, blockt er jedes Gespräch ab "Ach, das ist alles schon soweit weg von mir...". Sie isst nicht mehr, sie schläft nicht mehr, sie ist in der Hölle. Sie muss sich eine neue Wohnung suchen, denn ihre billige kleine Wohnung hatte sie aufgegeben, als sie mit ihm zusammengezogen ist. Sie wird natürlich gar keine andere finden, jedenfalls nicht dort, wo sie jetzt wohnt. 

Er, übrigens diplomierter Psychologe, hat nicht das geringste Mitgefühl mit seinem Kind, dem er eine stabile Mutter wünschen sollte, aber alles dafür tut, dass demnächst beide aus dem 5. OG springen. 

Eine andere entferntere Bekannte, verheiratet, drei Kinder, ihr Mann hat sich in eine andere verliebt. Kommt vor, macht ja niemand extra, sage ich immer. Aber er möchte, dass sie mit den drei Kindern auszieht, weil er mit der Neuen ins Haus ziehen will. Das Haus hat ihr Architektenvater erbaut und größtenteils finanziert, aber das ficht ihn nicht an.

Wieder eine andere findet im Handy ihres Mannes ein Selfie: er selbst mit erigiertem Schwanz, geschickt an eine Minderjährige aus der Nachbarschaft. Beides sogenannte Akademiker-Haushalte.

Welten können innerhalb Sekundenbruchteilen zusammenbrechen. 

Ich weiß nicht, waren Trennungen immer schon so brutal? Die Geschichten werden immer grausiger. 

Was noch? Lustige kleine Seite gefunden, via "A Grouchy German is a Sour Kraut!":
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Edit 21.12.: Eine Leserin empfahl mir das Kursbuch 87 "Trennungen", erschienen März '87. Hab es mir gleich bestellt und allein der erste Text "Schnittmuster" von Keto von Waberer ist so ziemlich das Beste und Lustigste, was ich zum Thema gelesen habe. Sehr empfehlenswert.

15 Kommentare:

  1. Ja, Trennungen waren schon immer beschissen. Es gibt nur ganz wenige, die sich danach noch in die Augen schauen (können).

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    1. Mag sein (obwohl es nicht meine persönliche Erfahrung ist), aber das so würdelos vorgegangen wird, da fehlen mir die Worte.

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  2. Die Verblendung muss aber vorher recht groß gewesen sein, wenn Frau den wahren Charakter so gar nicht mitbekommen hat! (Im Namenslink ein Artikel zum Beziehungselend)

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    1. Ist ein toller Artikel, Claudia!

      Der wahre Charakter, tja. Der zeigt sich in voller Schönheit (= vollkommene Empathielosigkeit) oft erst in schwierigen Situationen.

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  3. Also wenn der Typ es schafft, dass die Frau mit den drei Kindern auszieht, komme ich persönlich vorbei und peitsche ihn aus!

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    1. Vielleicht sollte man eher sie auspeitschen, falls er es schafft.

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  4. Oh Gott. Das klingt ja furchtbar alles, und gleichzeitig gar nicht unbekannt. Ist das anekdotische Evidenz oder sind es meist die Frauen, die am Ende so richtig gerupft dastehen?

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    1. Sobald ich verstehe, was genau eine anekdotische Evidenz ist, werde ich sie umgehend in meinen aktiven Sprachschatz übernehmen. Hört sich super an.

      Um deine Frage zu beantworten: Von all meinen Freundinnen, Nachbarinnen, Tanten, Schwestern, Kolleginnen hat noch keine den Vater ihres einjährigen Kindes samt desselbigen sitzenlassen und keine einzige hat ein Selfie mit lachendem Gesicht und entblößter Muschi an einen 16 jährigen Nachbarsjungen gesimst. Sollte dies je geschehen, bin ich die Erste, die diese offenkündig pathologisch gestörte Frau auf der Stelle in die Geschlossene kutschieren würde.
      Will sagen: die extremeren Stories höre ich schon über die Kerle.

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    2. Das liegt in der extremer nach aussen drängenden Natur des Mannes. Da Männer keine Kinder gebären können, das große Manko ihres Daseins, müssen sie ihren Schwanz zeigen. Im übertragenen Sinne. (Nicht für jeden nur im übertragenen.)

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  5. Definitiv keine Zierden des männlichen Geschlechts, so viel steht mal fest. Die Beispiele für nach Scheidungen gerupfte Männer indes sind inzwischen auch zahlreich.
    Das Missverständnis, mal auf der Uni gewesen zu sein, schütze einen vor irgendwas oder mache einen irgendwie zu einem besseren Menschen, hält sich offenbar sehr zählebig.

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    1. Aber dass ausgerechnet ein Psychologe alles dafür tut, die Mutter seines einjährigen Kindes komplett zu destabilisieren und es damit in ernsthafte Gefahr zu bringen - das ist mir nur schwer zu vermitteln. Ja, da halte ich zählebig dran fest, dass er es allein schon wegen seiner "Vorbildung" besser wissen müsste. Ich bin wahrscheinlich mal wieder nur naiv.

      Ja, gerupfte Männer gibt es ganz gewiss auch.

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  6. meine güte meine güte. das mangelnde mitgefühl gegenüber dem kind ist wirklich unfassbar. ich verkehre mehr in kreisen, in denen die leute nicht heiraten, eher offene beziehungen und so. das ist natürlich auch oft verlogen und schwierig. aber die dinge, die du hier beschreibst, passieren nicht.

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    1. Ich bin selber ganz perplex. Das reinste Unterschichten-Fernsehen ist das.

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  7. Sodom und Ghomorra, ich les es jetzt erst. Da fehlen einem die Worte! Das mit dem sich plötzlich offenbarenden Charakter indes, daran glaube ich nicht mehr. Man schaut vorher nur allzu oft nicht genau genug hin, will man sich doch sein so schön gemaltes Bild nicht von der Realität beflecken lassen.
    Aber auch ein Freund, den ich letztens fragte, ob seine ihm noch Angetraute denn im laufenden Trennungsprozess wirklich so sehr anders reagiere, musste eingestehen, dass dem nicht so ist und man es hätte erkennen können.

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    1. Ich bin eher so gewöhnt, dass die Verlassenen ausrasten und dafür habe ich bis zu einem gewissen Grad Verständnis, aber dass die, die gehen, alles in Klump und Asche hauen - ich weiß nicht, das lässt sich eigentlich nur noch mit langjährigem Drogenkonsum erklären...

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