Mittwoch, 2. März 2016

Echte Männer

Las in der FAS Wo sind die echten Männer hin?

Wenn man Männern ihr Echtheitszertifikat nur dann ausstellt, wenn sie in case of willens und in der Lage (oder nicht in der Lage, aber trotzdem willens) sind, einem anderen Mann auf's Maul zu hauen, dann habe ich es in meinem Leben zweimal mit "echten" Männern zu tun gehabt.

Die eine Geschichte ist harter Tobak, die andere hat einen gewissen Niedlichkeitsfaktor.

Erst die Niedliche: ich fuhr als junges Mädchen mit meiner Mofa in die Stadt. Mich verfolgte über einen langen Zeitraum ein Mann auf seiner Mofa. Ich bekam es mit der Angst zu tun und kehrte bei meiner Oma ein. Dort rief ich meinen Vater an. Der kam sofort angebraust und sagte, fahr einfach weiter zu deinem Ziel, ich fahre mit dem Auto neben dir her. 

Als ich wieder losfuhr, kam der Mann doch tatsächlich aus dem kleinen Park, der gegenüber der großmütterlichen Wohnung lag und fuhr wieder hinter mir her. Das sah sich mein Vater zwei Kilometer lang an, dann stoppte er den Mann, riss ihn vom Mofa und verkloppte ihn. Ich stand entsetzt und peinlich berührt dabei, denn so eine Schlägerei in echt hat nichts mit einer Schlägerei im Fernsehen zu tun. Er haute nämlich vornehmlich daneben, aber mit dem Temperament von Donald Trump. 

"So", sagte er, "jetzt fahren wir nach Hause. Ich fahr hinter dir her." So knatterte ich den ganzen langen Weg zurück. An einer roten Ampel, an der es nach links auf die Landstraße ging, quetschte sich ein Motorradfahrer zwischen meinen Vater und mich, er hatte wohl die Schnauze voll von dem Gezuckel unseres Zwei-Personen-Konvois. Ich hielt in Ermangelung eines Blinkers den Arm nach links ausgestreckt. Als es grün wurde, gab der Motorradfahrer Gas, fuhr mit Wumms gegen meinen Arm und empfahl sich per Fahrerflucht. Er hatte nicht mit meinem Vater gerechnet, der ihm in halsbrecherischer Manier folgte. Ich fuhr mittlerweile blind vor Tränen hinterher, ca. 3 Kilometer weiter hatte mein Vater den Flüchtigen gestellt und wartete mit ihm auf mich. 

"So", sagte er, "und jetzt entschuldigst du dich bei meiner Tochter." 
"Tschuldigung."
"Schon gut" sagte ich, denn ich war in großer Sorge, dass ich erneut Zeuge einer peinlichen Klopperei wurde. 

Die zweite Geschichte ist von ganz anderem Kaliber. Ich war mal ein paar Jahre mit einem Personenschützer zusammen. Denen ist ja alles abtrainiert, was gemeinhin an Hemmschwellen vorhanden ist. Nun war er zu mir aber meist entzückend, bedachte mich mit phantasievollen Kosenamen, schnitt mir abends Obst und hielt sich an die Regel seines Vaters, Frauen "wie Glas" zu behandeln. 

Jedenfalls in seiner Phantasie, denn er neigte zu in sich gekehrter, schlechter Laune, das liegt am Job. Stundenlang stehen die dumm rum und warten. Die symbiotische Beziehung, die sie zu ihren Clients entgegen aller Regeln stets aufbauen, wird immer dann empfindlich gestört, wenn beide in der Öffentlichkeit agieren: dann wird der Personenschützer ignoriert, weil kein Client dieser Welt vor allen Leuten zeigt, wie unprofessionell nah er sich seinem Beschützer fühlt. Das frustriert den empfindsamen Personenschützer und nicht wenige Clients werden von ihren gekränkten Beschützern erschossen, jedenfalls hat er mir das erzählt. Auf der Berlinale vor ca. 7 Jahren gab es sogar einen Film darüber, einen brasilianischen, glaube ich. 

Anyway: wir waren unterwegs, ich wollte in eine Parklücke, stand in zweiter Reihe, wartete auf den Ausparkenden. Als der losfuhr und ich gerade einbiegen wollte, wurde ich überholt und geschnitten von einem jungen Typen in einem schwarzen BMW, der mich wüst beschimpfte, sehr sehr wüst, um genau zu sein. Er stand schräg auf der Straße und bekam sich überhaupt nicht mehr ein. Ich zeterte zurück, ob er noch ganz dicht sei. 

Mein Begleiter stieg derweil still aus dem Auto aus, ging zu dem Typen, der gerade die Tür öffnete und schon ein Bein auf der Straße hatte. Er trat mit aller Kraft gegen die Tür, schlug ihm durch die geöffnete Fensterscheibe ins Gesicht und brüllte "You fucked the wrong person, you fucking motherfucker" und ähnliches. Es war nicht peinlich, aber beängstigend, ich zitterte wie Espenlaub. 

Der Mann fuhr mit quietschenden Reifen weg, der Personenschützer kam zurück, jetzt wieder die Ruhe selbst, setzte sich neben mich und sagte "Niemand spricht so mit dir." 
Ich lass mal außen vor, wie ich das fand, außer dass ich dachte, in welchem Film hat er nun das wieder gesehen?

Mein Vater und er haben sich kennengelernt. Mein Vater fand ihn großartig.

12 Kommentare:

  1. Wolltest Du die niedliche Geschichte nicht zuerst erzählen?

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  2. Sehr witzig beschrieben! Du hast da wohl die richtigen Beschützer gehabt!

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  3. Huch!
    Holy shit!
    Sag ehrlich, auf einer Skala von 1-10, wie groß war deine Angst mit ihm Schluss zu machen??

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    1. Die Frage ist nicht ganz unberechtigt.
      Da war einiges Geschick gefordert.

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    2. Wobei beides zurecht geschah. Im Grunde. Man hätte jedoch drüber reden können. Eigentlich. :) Wobei, Papa ist zu 100 % zu verstehen...;)

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    3. Nein, beide Situationen eigneten sich nicht zum "drüber reden". So gesehen.. Ich nenne das immer den "archaischen Moment in meinem Leben".

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    4. So las es sich auch. Sie sind mir nicht unfremd.. diese Momente :)

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  4. Interessante Einblicke.
    Mir fiel beim Lesen sofort "Der ultimative Mann" von Knorkator ein. Aber das will Frau natürlich nicht hören...

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