Die
 Schönheit der Natur ebenso fest im Blick wie das Lenkrad unseres 
merkwürdig kastenförmigen Bootes, das wir relativ früh am Morgen mit 10 
Personen betraten, um den ganzen Tag über den Müggelsee zu schippern und
 dabei Doko zu spielen, halt! - ich natürlich nicht, denn ich saß am 
Steuer, das hatte ich mir ausbedungen. Als beste Autofahrerin der Welt 
betrachtete ich das als mein Geburtsrecht und wie groß war die Freude, 
weil das Schiff eine weitaus luxuriösere Variante im Gegensatz zu dem 
Holzklasse-Modell aus dem letzten Jahr war.
Ledersessel.
 Lederbänke. Leder-Lenkrad. Nun gut, meine Arme waren zu kurz, um mich 
anzulehnen und gleichzeitig zu lenken; meist saß ich kerzengerade vorne 
auf dem Sitz, was mir nach vier Stunden ein schweres Schultersyndrom 
bescherte und da hatte ich noch weitere vier Stunden vor mir. 
Ich
 war auch ganz entnervt von dem Motorgeräusch, das einem das Gefühl 
vermittelte, mit einem Speedboot über den Atlantik zu jagen, aber ich 
wäre wohl schneller geschwommen und das soll was heißen, denn ich bin 
die lahmarschigste Schwimmerin der Welt. Und Musik hatten wir leider 
auch dabei. Abba. "You can dance, you can jive, having the time of your life" schepperte es harmonisch mit dem Dieselmotor.
Meine
 Nerven! Außerdem war ich völlig übermüdet, denn in der Nacht zuvor 
hatte ich Herrenbesuch und der hat mich morgens wachgeguckt. 
Ich
 war zu Tode erschrocken, hatte aber keine Zeit mehr, mich davon zu 
erholen. Denn wir wollten was vom Tag haben, ergo trafen wir uns sehr 
früh, um dann in Kolonne den weiten Weg nach Köpenick anzutreten. 
Während
 wir im letzten Sommer orientierungslos, aber glücklich über den 
Müggelsee schipperten, gab es dieses Jahr einen Plan. Ich sollte eine 
bestimmte Route fahren und bekam eine lächerliche Karte in die Hand 
gedrückt, auf der keine Sau ich nichts erkennen konnte.
 Wasserstraßen haben nicht mal Straßenschilder und so kurvte ich in 
engen Seitenarmen herum, vorbei an den herrlichsten Villen und 
pompösesten Yachten, was mir  schlimmen Sozialneid bescherte.
Gottseidank
 würde mein Elend bald ein Ende haben, denn am Tag zuvor hatten die 
Auftragsmörderin und ich hoffnungsvoll Lotto gespielt, das machen wir 
manchmal, und wir phantasierten von unserem eigenen Wassergrundstück. 
Gedanklich waren praktisch zwei Millionärinnen mit an Bord. 
Jedenfalls
 verfuhr ich mich oder war mir zumindest nicht mehr sicher, wo wir waren
 und wohin wir fuhren, also drehte ich um und dann plätscherten wir 
wieder über den großen See zurück, an der Marina vorbei, jetzt in die 
andere Richtung, aber da wurde es auch nicht besser. Nach weiteren 
anderthalb Stunden wurde ich erneut zur Umkehr aufgefordert und meine 
leisen Hilferufe, ob mal jemand anderes fahren möchte, wurden 
geflissentlich überhört. Die zockten an den beiden Tischen, einer hinter
 mir, einer vor mir, als ob es kein Morgen gäbe. 
Aus
 meinem Schultersyndrom war indessen ein Ganzkörpersyndrom geworden, 
denn Boot lenken ist nicht anders als Auto fahren und wer fährt schon 
gerne acht Stunden Auto mit nur einer Pinkelpause? Nur parken mit einem 
Boot ist anders als mit dem Auto. Ein Thriller! 
Als
 wir ausstiegen, waren alle erholt und maximal entspannt und man 
beschloss, gleich in unsere Homebase zu fahren, um weiter Doko zu 
spielen. Ohne mich. Ich schlich zum Auto und fuhr mit letzter Kraft nach
 Hause. 
Im nächsten Jahr fährt jemand anders. Und dann nehmen wir wieder ein lautloses Elektroboot. Und kein Abba Medley. 
P.S: Zwei Dreier, ein Zweier. Keine Millionärin. Vorerst. 
Was ABBA-Musik auf gefährlichen Exkursionen anrichten kann, musste ja schon Mark Wattney auf dem Mars erfahren.
AntwortenLöschenDu hattest die Chance, acht Stunden zu zocken und dich dabei rumschippern zu lassen, und wolltest stattdessen selbst steuern?
Das war ein ganz fataler Wunsch. Der mir auch noch leider erfüllt wurde. :((
LöschenPS Auf den Aspekt des morgendlichen Wachgegucktwerdens werden sicher noch andere herumreiten, da lehne ich mich jetzt einfach mal zurück.
AntwortenLöschenNiemand hat die Absicht, darauf herum zu reiten. ;)
LöschenIch hätte ABBA mitgeträllert. Gefahrne wäre ICH nicht. Dieses Jahr scheint ein jeder auf Seen herumzuschippern oder zu kanuten oder wie immer man das nennt. Ich bin ein bissl neidisch. Wirklich. Eine Freundin ist irgendwo im Spreewald unterwegs...sieht auch sehr hübsch aus, aber die Mutter meines Freundes meinte neulich, wer zu lange dort in der "einöde" - ihre worte nicht meine, verweile, verblöde ...jetzt mach ich mir sorgen....
AntwortenLöschenDer Spreewald ist bezaubernd. Außerdem gibt es da wahnsinnig tolle Gurken. Da wird man süchtig nach.
LöschenDu bist ein herzensguter Mensch, Captain Annika. Schipperst die Zocker acht Stunden über den Müggelsee. Wenn der Lottogott da kein Einsehen hat, dann weiß ich auch nicht. ;)
AntwortenLöschen[Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufnahme in deine Blogroll. Das ist ein ziemlicher Ritterschlag, der mich im ersten Moment tatsächlich sprachlos auf den Laptop starren ließ. ;)]
Ich bin jetzt auch ziemlich sprachlos, liebe Anna. Mein kleiner Tippsen-Blog, ein Ritterschlag? Dunnerlittchen!
LöschenDankeschön :)
😂Ihr guten Schreiberlinge seid fürchterlich. Fürchterlich! Jedes Kompliment wird kleingeredet, während andere, die ich nicht mal meinen Einkaufszettel schreiben lassen würde, ein "Du solltest ein Buch schreiben!" huldvoll nickend entgegennehmen. Aber gut. Bitteschön. ;)
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LöschenUnd ich grübel jetzt, welcher Annas Blog ist...vielen Dank auch...
AntwortenLöschenKlickst du auf WeibsWort in der Blogroll, da laufen die gespaltenen Kommentarpersönlichkeiten von Anna zusammen. ;)
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