Donnerstag, 25. Oktober 2018

Mein zweites Oktoberfest

Ich werde nie, nie, nie verstehen, was die Leute am Oktoberfest finden. Eins habe ich ja schon erduldet, da war ich ganz schick in der Fischerhütte eingeladen und nach einer Stunde war ich dann auch schon wieder weg. 

Ich war damals underdressed, unter anderem auch deshalb, weil mir nicht klar war, wie wichtig es ist, ein Dirndl zu tragen. Vielleicht hielfe das ja, dass man sich zugehörig fühlt. Aber wer will sich zugehörig fühlen zu einer Masse von Menschen, die von Ekstase befallen werden, sobald sie den Raum betreten? Wie angeknipst und von Sinnen standen alle auf den Bänken und grölten textsicher Lieder mit, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Das ist nicht meine Welt, dieses angeknipst sein. Ausgelassenheit entwickelt sich im günstigen Fall, und dann macht's auch Spaß, aber auf Anordnung kann ich nicht.

Heute mit den lieben Kollegen. Alle waren bereit, sich auf Teufel komm raus zu amüsieren. Ich hatte mir als Zugeständnis extra eine oktoberfestartige Bluse gekauft, immerhin, aber das war ganz umsonst, denn wir froren wie die Schneider und behielten zunächst unsere Daunenjacken an. 

"Ach, uns wird schon warm, wirst sehen!"

Wir saßen nah bei der Combo, die dann auch wie Animateure auf dem Kreuzfahrtschiff begannen, uns in Bewegung zu bringen. Hoch die Hände, aufstehen, hinsetzen, aufstehen, weiterschunkeln - ein Alptraum. Ich guckte so gleichmütig wie möglich, aber meine Kollegen fanden das auch schon lustig, sie kennen mich ja und wissen meinen depperten Gesichtsausdruck einzuordnen. 

"Ein Prohosit, ein Prohosit auf die Gemüüüüüütlichkeit"

Es wurde nicht besser. Man sitzt sich ja sehr nah gegenüber auf so einer Bierbank. Und dann immer in die auf Kommando verzückten Gesichter meiner Kollegen zu schauen, das hatte so etwas verzweifeltes, leeres, aber wer weiß, wahrscheinlich war nur ich verzweifelt und leer. Mein Kollege links von mir pfiff mich ausdauernd an den Rand der völligen Taubheit, aber er wollte sich eben amüsieren, was will man machen?

Andere Bürogemeinschaften betraten den Saal und flippten schier aus, einfach so. Vor allem, wie sehr durchtrainierte Dreißigjährige in Karohemd und Lederhose in der Lage sind, völlig grundlos Frohsinn zu markieren, ist ein Mirakel. 

Als dann alle auf die Bänke stiegen, verkrümelte ich mich. Soweit kommt's noch, dass ich  beim Geschunkel auch noch balancieren muss und hernach mit Oberschenkelhalsbruch abtransportiert werde. 

Zwei Stunden hatte ich durchgehalten. Mehr war nicht drin.




7 Kommentare:

  1. Darf ich Dich zu einem Aufenthalt im Rheinland während der tollen Tage - sprich: Straßenkarneval- ermuntern? Angetan mit Bekleidung, die alles darstellen kann, was die Welt nur hergibt, Nonne, Doktor oder Gorilla, wird geschunkelt, gebützt, über unwitzige Witze gelacht, gesoffen bis der Arzt kommt und dabei schlägt einem die kollektive gute Laune und der Frohsinn aufs Gemüt wie ein Hammer auf den Lukas.
    Am 11.11. um 11:11 Uhr ist es wieder soweit. Ab auf den Alter Markt in Köln und Lustigkeit kennt keine Grenzen mehr.
    Wie sieht`s aus? Interesse?

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    1. Meine Liebe, das Grauen kennt keine Grenzen.

      Meine Kölner Lieblingstante, von diversen Krankheiten gezeichnet, wird jedes Jahr in ein albernes Hasen-Kostüm gesteckt und auf eine dörfliche Prunksitzung gekarrt. Sie will sich das nicht entgehen lassen. Ich werde das nie verstehen.

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    2. Da könnten sich die Düsseldorfer mal sinnvoll von Köln abgrenzen, aber Pustekuchen. Die machen den Scheiß auf dem gleichen Bekloppheitslevel. :(

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  2. Vergeudete Lebenszeit? Lach. Allerdings habe ich im Laufe der Jahre auch schon erzlangweile Silvester bei Freunden verlebt, die man sich auch hätte schenken können.....
    Oft ist es ja so, dass gerade die Sachen lustig werden, auf die man eigentlich so gar keinen Bock hatte...bei dir jetzt nicht so der Fall...du bist von der Grundeinstellung schon nicht dafür gemacht, basta. Nächstes Jahr darfst du das dann getrost ausfallen lassen. Meinen Segen haste!

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  3. I have read so many articles concerning the blogger lovers however this post is genuinely a pleasant paragraph,
    keep it up.

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