Samstag, 2. September 2017

Die Freitagsfrauen



Fünf Frauen in der Homebase. Raucherkneipe. Nix zu essen, außer Wiener Würstchen oder Knacker. Es ist schon zu kalt, um draußen zu sitzen. Außerdem bin ich erkältet, mir kriecht was in die Glieder.

"Gibt ein wunderbares Hausmittel. Sensationelle Wirkung. Schäl dir eine Knoblauchzehe und schieb sie dir in den Po. Die Erkältung biste sofort los."

Soweit kommt's noch.

Wir sitzen nahe an der Toilette und uns fällt auf, dass zwei Typen im 10-Minuten-Takt aufs Klo gehen. Fragen uns, was ist da los? Blasenentzündung? Koks? Irgendwann sprechen wir einen der beiden an, "Wir machen uns Sorgen, braucht ihr Hilfe, eine Krankenschwester sitzt am Tisch, sie kann euch wiederbeleben." Interessiert bleibt er stehen. "Nee, wir saufen seit 4 Uhr, das Zeug muss ja wieder raus. Was spielt'n ihr da?" Er geht gar nicht wieder weg und verwickelt uns in Fachgespräche.

Dann kommt der nächste an unseren Tisch, das Faktotum der Kneipe. Er ist immer da, sitzt still an der Bar und betrinkt sich, Ein Mysterium, der Mann, denn er sieht richtig gut aus. Akkurater Haarschnitt, Brille, schlank, ca. 45 Jahre. Nicht so wie die anderen grudegrauen Stammgäste mit den sieben Zeichen der Hautalterung. Er schwankt leicht. "Ihr seit bessaubernd, wenn ichass sagen darf. Ich bin etwas betrunken. Aber ich darf sagen, dass ihr euch sehr gut situiert habt." Was auch immer er meinte, wir werden es nicht erfahren. Er schwankt noch eine Weile an unserem Tisch und schaut aufmerksam auf uns herunter. "Ich empfehle mich.", dann torkelt er zum Klo. Ein wohlerzogener Mann.

Zwei Männer kommen rein und setzen sich an den Nebentisch. Sie sehen komisch aus, merkwürdige Gesichter, zwei ganz arme Schweine. Der eine holt sein altes Nokia raus und checkt was auch immer man auf einem Nokia checken kann. Ich erinnere mich nicht mehr. Als ich in die Waschräume muss, folgt mir eine meiner Freundinnen und flüstert ganz aufgeregt, dass der eine ein Psychopath sei, der immer brüllend die Straßen auf und ab läuft und er würde sie so anstieren, sie habe Angst. "Aber der Hund ist dabei, dir kann nix passieren."

Nach Mitternacht kommt eine Gruppe von 20 jungen Leuten rein. Wir schätzen, Schüler auf Klassenfahrt und rätseln, ob die Kneipe in irgendeinem Touristenführer empfohlen wird. Und wenn ja, weshalb. Sie sind entzückend, wie so viele junge Leute heutzutage, da wächst so eine ganz angenehme Generation heran, mit der es eine Freude ist zu sprechen. Sie werden auf den Hund aufmerksam; er wird von der Leine gelassen und trottet zu der Gruppe hin. Sie streicheln ihn und preisen seine Schönheit. 

"Woher kommt ihr?" will ich wissen. Sie gucken verwundert. "Na, aus Berlin."
"Ach, wir dachten, ihr seit auf Klassenfahrt." Sie lachen, nein, Studienfreunde, "Klassenfahrt, ihr seit ja süß!" Wir freuen uns, dass wir süß sind (und bessaubernd und situiert), das hört man auch nicht mehr alle Tage. Schon gar nicht von durchtrainierten 25 jährigen, die aussehen wie 19.

Später geh ich mit dem Hund Gassi, als ich zurückkomme, steht eine der Schülerinnen Studentinnen draußen und raucht. "Kannst auch drinnen rauchen, das weißt du?" "Schon, aber die anderen rauchen doch nicht." Ist das nicht eine entzückende Generation? Die Kneipe voller Qualm und sie geht raus, um ihre Freunde nicht zu belästigen. 

Gut gelaunt fahre ich nach Hause und schau noch mal im Handy auf die Nachrichten. Da wird mir schlecht. Lese von einer Spinne, die sich hier etabliert, 10 cm groß, blitzschnell und beißen tut sie auch, ein angriffslustiges Biest. Sie versucht derzeit in die Wohnungen zu kommen auf der Suche nach einem paarungswilligen Pendant und wird schon erschreckend oft inhäusig gesichtet. Es ist 2 Uhr morgens und ich spüre, sie sind da. Die Fotos machen mich fertig und ich schließe sofort alle Fenster.

Ich hab zwar Mückengaze vor den Fenstern, aber an manchen Stellen ist das Material schon verschlissen. Noch heute früh neue Mückengaze gekauft und alles winterfest gemacht. Die Balkontür mauere ich zu. Vielleicht auch die Fenster. Am besten noch ein Moskitonetz über's Bett. Und in der Küche auch. Sie kommen allerdings auch durch die Wasserrohre auf der Suche nach einem Weibchen. Ich werde alles mit Bauschaum versiegeln. Alles!




2 Kommentare:

  1. Ach,das hast du schön geschrieben. Alles. Aber besonders das: "Sie sind entzückend, wie so viele junge Leute heutzutage, da wächst so eine ganz angenehme Generation heran, mit der es eine Freude ist zu sprechen." Empfinde ich ähnlich, aber vielleicht begegne ich auch nur den richtigen Menschen.

    Spinnen mögen wohl keinen Lavendel, habe ich irgendwo gelesen. Teste doch mal, ob das stimmt. Ich hasse nämlich Spinnen. Und ich hasse Lavendel. Ertrage ich nur auf Bildern, da riecht das Zeug nicht. 😂

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    1. Das mit dem Lavendel habe ich auch schon gehört. Ich riech den unheimlich gern. Von daher müsste ich im Schlafzimmer sicher sein. Da sind zig Säckchen selbst geernteter Blüten.

      Gestern stand vorm Rewe ein Grüppchen junger Leute und fragte mich sehr freundlich, ob ich nicht ein Wahlprogramm der CDU haben möchte und was ich denn von der Schließung Tegels halte. Okay, dachte ich, irgendwas ist eben immer...

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