Dienstag, 17. Mai 2016

...reiste jüngst zu Pfingsten

Die Auftragsmörderin, die Dezember-Affaire und ich buchten uns in einer bayrischen Villa ein, die von außen ganz toll aussah, von innen.. naja, lassen wir das. Sie lag direkt am Kurpark, kaum angekommen, liefen wir auch schon los und waren direkt in einer anderen Welt.

Alles so sauber. Schneeweiße, verschnörkelte Parkbänke ohne Graffiti. Habe ich noch nie gesehen.



Überhaupt nirgendwo Graffiti. In ein einziges Blumenbeet wurde mehr Geld investiert als für die gesamte Straßenbepflanzung in Berlin.

Eine Harfenistin saß allein auf der Wiese und klimperte elegisch vor sich hin. Das schwere Ding. Wie hat sie das nur da hingeschleppt?



Wenn Frauen auf Reisen sind, ist es am besten, wenn sie flexibel sind. Eine, die einen Plan hat, kann alles versauen. Eine Es-findet-sich-Gruppe, mehr braucht es nicht, um auch auf der Rückreise noch befreundet zu sein.

Wir schlenderten also vor uns hin, kehrten ein, wenn wir Hunger hatten, wanderten zum Sissi-Denkmal hoch - ich ließ mich quasi vom Hund hochziehen - und sahen über die hügelige Landschaft. Ich sah ehrlich gesagt vor allem nach unten, begeistert von meiner Leistung, oben angekommen zu sein. 

Der Hund indessen hatte noch Kraft und versuchte sich in der Familiengründung, aber so ein Hund hat ja nicht die Hohheit über sein Leben; Menschen mischen sich andauernd ein. 

Im Dunkeln gingen wir durch den Park zurück in die Villa, am Casino vorbei. Mannshohe Lüstern und blutrote Wände, bestimmt lauter Oligarchen drin und wir draußen, an den Palmen, dem Kreuzgang und dem Wasserfall vorbei, beleuchtet natürlich, auch der Park, für sowas hat die Hauptstadt kein Geld. 



Es war alles hübsch anzusehen, beruhigend, einschläfernd. 

Wir hatten viel Zeit zum reden, denn wir fanden keinen vierten Mann für Doppelkopf, außerdem schien die Sonne nicht, in der wir hätten auch tagsüber dösen können. 

Frauen reden ja immer, das ist das Gute an ihnen. Sorgsam breiten wir allerlei vor uns aus und sind erschrocken über manches. Wir finden uns den Umständen entsprechend, aber nicht über Gebühr neurotisch, unsere Grillen verzeihen wir uns, denn es hätte ja auch richtig schief laufen können, wie bei der Frau am Nebentisch, die - sehr viel jünger als wir - sich ihre Arme bis auf die Knochen aufgeritzt hat. 

Wie wären wir, wenn wir im Taka-Tuka-Land aufgewachsen wären? Wären uns Prüfungen erspart geblieben, weil wir einfach rechts dran vorbei gegangen wären, mit einem kurzen Seitenblick nur und leisem Kopfschütteln? Baut eine erstklassige Kindheit vor? Kennen wir irgendeinen Mann oder Frau, die eine hatten oder haben wir wenigstens von jemandem gehört? Nein. 


Mir scheint, Kindheit ist (für viele) vor allem etwas, was man zu überleben hat. Den Rest der Zeit einfach das Beste draus machen.


2 Kommentare:

  1. Klingt nach bayerischer Postkartenidylle. Kleiner Trost vielleicht: Auch das feine München hat so seine Schmuddelstellen ... :-)

    Der letzte Satz ... ja, der triffts auf den Punkt!

    Lieben Gruß
    AnnJ

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