Dienstag, 26. Dezember 2017

Wir schenken uns nichts

Eindringlich, ernsthaft und mit aller Konsequenz beschlossen wir im September, uns dieses Jahr nichts zu schenken. Ausgenommen die Kinder. 

Ich weiß natürlich aus Erfahrung, wer sich an die innerfamiliäre Parole hält und wer nicht. 

Meiner niedersächsischen Schwester habe ich schon mal das Herz gebrochen, weil ich mich daran gehalten habe, also ist es völlig ausgeschlossen, ihr nichts zu schenken. Vor allem, weil sie und ihr Kind uns seit Jahren hochprofessionell benähen mit Kissen, Taschen, Socken und betrickten Wärmflaschen. Die beiden könnten ein Imperium damit aufbauen und in Saus und Braus leben, denn sie sind überaus begabt. 

Derlei bringe ich im Traum nicht zustande, ich kann auch nur Malen nach Zahlen. Weiterhin erschwert ist die Geschenkesuche, weil sie ein Händchen für Interieur hat. Mit wenigen Mitteln schafft sie stets eine Schöner-Wohnen-Atmosphäre und mein Highlight war im letzten Jahr, als ich ihr ein Foto von einem Sofa schickte, das sie umgehend bestellte. Seitdem habe ich an Selbstbewusstsein gewonnen und so erwarb ich zwei elegante Rumsteherchen plus ein bissel kleines aber feines. 

Ihr Kind ist Gottseidank leichter zu beschenken, denn sie ist seit Monaten im Einhorn-Fieber gefangen. Zu ihrem Geburtstag erwarb ich u.a. sogar vierlagiges Hakle-Einhorn-Klopapier, in der 24er Rolle. Sie hat ihre Mutter beauftragt, zwei Rollen bis zu ihrem 18. Lebensjahr aufzubewahren und ihr zum Auszug mitzugeben.

Meine berliner Schwester und deren Kind würden sich eisern an das Geschenkverbot halten, ebenso meine Mutter, da war ich auf der sicheren Seite.

Die Bescherung wurde partiell vorgezogen, denn neulich trafen wir uns alle zum Geburtstag meiner Mutter.

Meine niedersächsische Schwester kam wie vorausgesehen mit Päckchen über Päckchen beladen an und ihr Kind wollte sehen, wie wir uns freuen. Ich holte rasch meine Geschenke und sie, ihr Kind und ich packten aus. Die anderen schauten kariert aus der Wäsche und in Ermangelung von Gegengeschenken meinten sie, sie möchten lieber erst unterm Weihnachtsbaum auspacken. 

Nun ja, wir drei freuten uns. Meine Rumsteherchen trafen erneut den unbestechlichen Geschmack meiner niedersächsischen Schwester, weshalb ich verständlicherweise eine neue Karriere als Innenarchitektin anstrebe.

Zurück in Berlin wurden vom Kind meiner berliner Schwester hektisch Geschenke gekauft und in allerletzer Minute verschickt. Die Schwester selbst hielt sich eisern an die Direktive. Sie ging sogar soweit, sich über die Geschenke meiner niedersächsischen Schwester nicht so recht zu freuen und blaffte sie Heiligabend am Telefon an. 

"Wir haben doch gesagt, wir schenken uns nichts!"
"Seit wann halten wir uns denn daran?"

Ich besorgte noch rasch eine Kleinigkeit für meine Mutter und meine Berliner Nichte. Kurz bevor ich mich Heiligabend auf den Weg zur Grauen Eminenz machte und dabei einen kurzen Stopp bei meiner Nichte machte, um das Geschenk für ihr Kind vorbeizubringen, rief mich meine eiserne Schwester an. "Kannst du noch ein Tütchen bei uns abholen, für's Kind?"

Nichts leichter als das. 

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