Freitag, 8. April 2016

Olli hat einen Plan

Über meinen Nachbarn Olli habe ich schon berichtet. 

Er ist an sich ein stiller Typ, den man die Wintermonate über praktisch nicht sieht. Sobald aber Frühling sein blaues Band (oder grünes Band?), egal, sobald die Sonne scheint, wird aus unserer lauschigen Straße ein Kriegsgebiet. Er kärchert, vertikutiert, fällt Bäume, saugt Laub, mäht jeden Tag den Rasen, auch im strömenden Regen, flammt mit einem Bunsenbrenner (o.s.ä.) das Unkraut aus seiner Garagenauffahrt und bestellt den Gärtner für Samstag früh um sieben, um die Hecke mit einer Kreissäge zu stutzen. 

Deshalb habe ich ihn auch schon mal angebrüllt, rasend vor Wut bin ich rübergerannt, hab ihn rausgeklingelt, da stand er dann im Schlafanzug (beige) vor mir und ich zeterte, weshalb er die Kreissäge nicht zu Dienstag bestellt. Und als an einem lauschigen Julimorgen morgens um sechs Handwerker Betonplatten krachend in so einen Stahldingens (boah, meine Wortfindungsstörungen erreichen eine neue, dings, Ebene), jedenfalls, als die Beton krachend auf Stahl fallen ließen, da habe ich erst die angebrüllt und dann gleich im Anschluss schon wieder Olli. (Um es mal so zu sagen, er fällt definitiv aus als anonymer Blumenbote).

Als ständiges Hintergrundgeräusch zwischen April und Oktober surrt der Rasenroboter zwischen Hecke und Rasenbegrenzung, vier Meter hin und vier Meter zurück. Wie oft saß ich auf meinem Balkon und schwor mir, rüberzugehen und dieses Scheißding in Klump und Asche zu treten.

Wenn OBI bald an die Börse geht, liegt das an Ollis unheilvoller Fokussierung auf alles, was mit Photosynthese zu tun hat. 

Nun freute ich mich auf ein paar freie Tage. Steht plötzlich ein Schild vor unserem Haus: Absolutes Halteverbot. Zeitraum des Parkverbots: exakt meine freien Tage. Ich wusste sofort Bescheid und zischte "Newman!"

Das konnte nur bedeuten, dass Olli ein neues Projekt hat. Etwas größeres, als den Zaun zu streichen. Irgendwas mit einem Kran, Baggern und Betonmischmaschinen, die nach Feierabend vor meinem Fenster geparkt werden. 

Als die Handwerker anrückten, verwickelte ich sie in ein Gespräch, als ich zum Auto ging. Was denn da geplant sei. "Ein Schacht". Wo denn? (Ich hoffte auf den Garten hinter dem Haus). "Hier im Vorgarten." (Natürlich, wo auch sonst?)

Ein Schacht, soso. 

Ein Schacht, wozu braucht man den eigentlich? Erdwärme hat er ja schon. Ob er sich einen Atombunker baut? Ist er der Südberliner Priklobil? Haust unter der Erde seine kinderreiche Familie, die er vor seiner Mutter geheimhalten muss? Wird es das neue Kinderzimmer? Wollen die Unglücklichen auch mal einen Blick auf die Straße werfen, nachts, wenn alles schläft? Haben die ihm gesagt, Hörmal Olli, alles hat seine Grenzen, es wird langsam etwas stickig hier unten, immer die gleichen Wände, die Kinder brauchen Abwechslung, bau uns was Neues, mal ganz woanders, nach vorne raus. Und dann hat er gleich die Bagger bestellt.

Mehrere Betonschachtteile (oder wie man das nennt) wurden angeliefert und mit einem kleinen Kran in den Vorgarten gehoben, zuvor hatten zwei kleine Bagger das Erdreich ausgehoben. 

Was geht da vor, wo ist der Sinn? Und weshalb jetzt?


In seiner schlamm-flieder-farbenen Unauffälligkeit ist Olli natürlich ein höchstverdächtiger Mann. Da kann der noch so betulich tun, mir macht keiner was vor. Das werde ich später der Polizei auch genau so sagen.

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