Samstag, 12. Dezember 2015

Who let the Dogs out?

Nochmal zurück zum Knie. Dem ging es schon wieder ganz gut. Nach all dem Hochgelege, Rumgeliege, der verordneten Schonhaltung. Ich konnte schon wieder aufstehen ohne Rollator, die Beine zwar nicht elegant aber immerhin übereinanderschlagen und gestern sogar eine Runde durch den Park.

Dachte ich mir: leihe ich mir heute mal den Hund, dann ist es weniger langweilig, durch den nebligen, nassen Wald zu latschen. Als ich ihn abhole, kriegt er sich kaum ein vor Begeisterung. Die Spiegelneuronen sorgen auch bei mir für Gemütsaufhellung. Ich denke an den maliziösen Bericht in der FAS, dass Hundebesitzer glückliche Menschen sind, weil die Ausschüttung von Oxytocin nicht nur nach der spätestens vierten Nacht mit einem Mann  für Verliebtheit sorgt, sondern auch durch ganz banales streicheln von Hunden veranlasst wird.

Es ist erstaunlich, wieviel Leute man kennenlernt, wenn man mit einem Hund unterwegs ist. Jedenfalls, wenn es ein großer Hund ist. Kleine Kläffer sind in der Hierarchie ganz unten und ihre Besitzerinnen meist ängstliche Ommas, die ihre Hunde wie englische Kronjuwelen bewachen.

Führt man einen großen Hund mit sich, ist man automatisch ein geschätzter Gesprächspartner. Es gibt ein stilles Agreement, dass man zum wertvolleren Menschenmaterial gehört, je größer das domestizierte Haustier ist.

Man hält im Park nicht Abstand voneinander, sondern läuft direkt aufeinander zu; bzw. erledigen das zunächst die Hunde, die immer auf der Suche nach Artgenossen sind, mit denen sie Geschwindigkeitsrekorde aufstellen können. Dann stehen die Besitzer nebeneinander, sehen den Tieren zu, wie sie wie eine Horde Affen durch's Unterholz rasen und dann wird gefachsimpelt. 

"Labrador?" Tja, keine Ahnung, es ist ein Hund. "Ich denke schon", erinnere ich mich dunkel.
"Wie alt?" Örgs, wie lange kenne ich ihn? Seit der Villa, das war im August. Da war er schon 12 Wochen alt. Ich rechne mühselig und behaupte "Ein Baby, kein halbes Jahr."

Das Baby spielt mit "Magic", dessen Besitzer ein frustrierter Lehrer ist, der in jeder Freistunde seine Promenadenmischung ausführt, denn sein Sohn, der ihm versprochen hat "Papa, ich kümmer mich, du hast nichts mit ihm zu tun", hat natürlich längst andere Prioritäten.

Dann kommt ein Ungetüm namens "Buster" angaloppiert, der meinen Leihhund fast zu Tode hetzt und dabei sehr grobmotorisch zu Werke geht. Ich denke gerade "Bis einer heult" und schon rasen sie auf mich zu und donnern mir ans Knie. Leihhund jault und sucht Schutz hinter und unter mir, ich bin bin mittendrin im Getümmel und erst jetzt setzt die sehr resolute Besitzerin in Barbour-Wachstuch dem Treiben ein Ende und pfeift Mike Tyson zurück. 

Mein Knie meldet sich mit Macht zurück und ich befürchte Komplikationen. Nein, so darf ich nicht denken, die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Ich werde es doch mit Quark versuchen.

Zuhause angekommen, legt sich der Hund nicht etwa schlafen, sondern fängt an zu fiepen. Herrje, er will heim. Oder will er pinkeln? Ich geh schnell mit ihm raus, ohne Mantel und vergesse den Schlüssel drin. Der Hund guckt mich interessiert an. Ich fiepe. Und schon denke ich, am Ende ist die kaputte Nasenscheidewand meines frisch operierten Nachbarn doch zu etwas gut: er ist zuhause und hat meinen Ersatzschlüssel. Noch mal gutgegangen. 

Wir gehen wieder rein, der Hund fiept weiter. Mein Knie tut Hölle weh. Ich will mich gesund schlafen. Der Hund will nach Hause. Oder will er nochmal pinkeln? Noch mal vor die Tür, den Schlüssel fest in der Hand. Ich geh mit ihm nach hinten in den Garten, da liegt ein Ball, mit dem spielt er selbstvergessen, ich schau ihm zu und denke: wann pinkelt er endlich und stehen kann ich jetzt auch nicht mehr. 

Wieder drin ziehe ich neue Methoden auf. Mit strenger Stimme befehle ich "Sitz" und "Platz" und dann lege ich mich hin und er legt sich auch hin und endlich ist Ruhe im Karton. Er schläft ein, ich schlafe ein. 

Dann guckt er mich wach. Er ist schon recht groß und es ist kein Spaß, wachzuwerden mit so einem schwarzen Fellgesicht direkt vor der Nase. Er fiept auch nicht dabei, sondern sieht mich ruhig an. Wie meine jüngste Schwester, die hat früher auch alle wachgekuckt. Wir sind auf einer Höhe, nicht dass er mich jetzt doch beißt, weil er einfach nicht zuhause sein darf. Schnell rappel ich mich auf. Jetzt bloß keine Angst zeigen, nachher kippt die Gesamtsituation und ich werde zerfleischt. Ich erkenne die Vorteile kleiner Hunde.

Später fahre ich ihn zurück und da verarscht er mich noch mal: ich lasse ihn zu Füßen des Beifahrersitz ins Auto und als ich meine Tür aufmache, hat er es sich schon auf dem Fahrersitz bequem gemacht. Wie kriegt man so eine Masse Hund da weg, ohne Gewalt anzuwenden? Gar nicht. Ich muss ihn schieben und schubsen und fürchte, jetzt werde ich doch noch zu Hackfleisch verarbeitet. Solche Grobheiten ist er von mir nicht gewohnt und wer weiß, wie niedrig seine Frustrationstoleranz ist. Meinem Knie gefällt diese Aktion auch nicht. 

Ich will jetzt doch keinen Hund mehr.

3 Kommentare:

  1. "Dann guckt er mich wach...", ich bin mal von einer Katze wachgeguckt worden, um halb drei Uhr nachts. Und als ich dann wach war, trollt sie sich lässig aus dem Raum, als wollte sie mir auf meine ungehörte Frage, warum sie das gemacht hat, sagen: "Weil ich es kann!".

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  2. hunde und kleine schwestern, die einen wachgucken, gehören tief in den schlaf gestarrt.

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