Samstag, 6. August 2016

Wenn Frauen schwafeln

Auch bei Schietwetter gehe ich ins Freibad, weil es erstaunlich schön ist, im Regen zu schwimmen und weil ich hoffe, das Becken für mich zu haben. 

Kurz nach mir lassen sich zwei Frauen zu Wasser. Sie schwimmen nebeneinander und plappern in einer Tour. Sie sind genauso lahm wie ich und schwimmen ca 5 Meter hinter mir. Da es still ist bis auf die Regentropfen, die sanft auf's Wasser rieseln, muss ich jedes Wort mitanhören. Ich mache eine Kehrtwendung mitten in der Bahn, damit wir von nun an aufeinander zu schwimmen und ich nur einen kurzen Moment von diesem enervierenden Sprechdurchfall belästigt werde.

Es gibt einen Typus Frauen, den ich kaum ertragen kann. Scheinbar völlig aufeinander fokussiert, reden und reden und reden die und man weiß, sie belügen sich und ihr Gegenüber, denn vorrangig erzählen sie sich, was für einen Mann sie ihr eigen nennen und wie sie täglich scheitern an seiner halbwegs liebenswürdig dargestellten Blödigkeit. 

"Er will seit Jahren in das Alliierten Museum in der Clayallee. Jetzt sag ich ihm am Sonntag, lass uns hinfahren, es hat geöffnet. Und was sagt er? Keine Lust."
"Das kenne ich. Sag ihm einfach, dass du dir von ihm wünschst, dass er mit dir dahin geht. Dann macht er es bestimmt."


Kern-und Angelpunkt solcher Gespräche sind Eheprobleme, von denen aber nur die Spitze des Eisbergs geschildert wird. Kleine harmlose Sachen, die den Mann noch einigermaßen gut aussehen lassen, bzw. die Frau, bzw. die Ehe. Damit wird wird die unerträglich lieblose Hölle verschleiert, in der sie tatsächlich lebt.

Da wird verniedlicht und belächelt, aus dem Mann wird ein Spielzeug mit kleinen Defekten gemacht, die Freundin gibt Beziehungstipps, die sie in der Brigitte gelesen hat, beide reden aneinander vorbei und wissen das auch, die eine will nicht sagen, wie schlimm es wirklich ist und die andere will es nicht wissen. 

Meine Vermutung, dass es um diese Ehe viel besser stünde, wenn sie einfach nur aufhören würde, wie ein Wasserfall Nichtigkeiten von sich zu geben, behalte ich für mich, obwohl es auch um meinen Gemütszustand besser stünde, wenn die einfach mal die Klappe halten würden.

Denn alles wird übermäßig laut vorgetragen, mit schriller Stimme, damit auch jeder hört, dass ein Ehemann vorhanden hat, der so putzige Dinge macht, wie alle inner- und aushäusigen Aktivitäten rundherum abzulehnen. Es wird geschwafelt, um sich selbst zu beruhigen, weil sie ignorieren will, dass der nur leicht defizitär gezeichnete Ehemann in spätestens 20 Minuten drei Monaten endgültig seine Sachen packt. Womöglich wurden Trennungsmodalitäten bereits besprochen, was erst recht einen größeren Verdrängungs- und Leugnungsprozess nötig macht.

Denn solange der Mann noch zuhause lebt und schlechte Laune verbreitet, ist er ja immerhin noch da. Und das ist die Hauptsache. Es geht nicht um ihn und nicht um sie, es geht um den Status Quo, in dem sie sich geschützt fühlt, weil.... ja, warum eigentlich? 

"Sag ihm doch einfach, dass du dir mal einen Bummel mit ihm wünschst und wenn du dir das wünschst, dann kann er doch gar nicht anders, als dir das zu erfüllen. Wirklich, du musst ihm einfach nur sagen, dass du es dir wünschst."
"Ach, du kennst doch die Männer. Jetzt kommt Olympia, da krieg ich ihn gar nicht mehr vom Sofa runter."
"Weißt du, stell abends einfach mal ein paar Kerzen auf den Tisch und eine Flasche Rotwein und dann macht ihr euch einen romatischen Abend."

Schätze, auch ohne Olympia kriegt sie diesen Mann nicht mehr in ihre Richtung bewegt. Selbst ich, normalerweise eine loyale Schwester meiner Geschlechtsgenossinnen, die erst seit 20 Minuten zuhören muss, habe so starke Fluchttendenzen, dass ich mich weit vor Beendigung meines Pensums in die Dusche flüchte, weil ich sonst anfange zu schreien. 

Was mir nicht hilft, denn die zwei folgen mir drei Minuten später und verleiden mir das kontemplative duschen, das auf jede Stunde im Wasser folgt. Nach dem Duschen gehe ich sogar in eine Umkleidekabine, damit ich die beiden Desperados wenigstens nicht mehr sehen muss. Und immer wieder schrillt es aufmunternd "Du musst es dir einfach nur von ihm wünschen, dann macht er es bestimmt." 

Anstatt die sich in einem Café treffen und die eine sagt, ich halte es nicht mehr mit ihm aus, was soll ich nur tun? Und die andere sagt, erzähl, was ist passiert? Und die eine erzählt, was wirklich passiert ist und die andere sagt, das wird schwer, aber ich bin an deiner Seite.

17 Kommentare:

  1. Das erinnert mich stark an meinem letzten Besuch im Hallenbad. Zwei aquajoggende Damen jüngeren Alters blockierten, non stop schwätzend, im Duo nebeneinander herhampelnd, eine Bahn für sich. Die anderen mussten um sie herumschwimmen. Aaarggghh. Wenigstens hab ich den Inhalt ihres Gesprächs nicht mitbekommen ;)

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  2. Das Grauen einer durchschnittlichen bürgerlichen Beziehung treffend eingefangen. Danke. Ein Mann, der gerne in ein Alliierten Museum gehen möchte, nach ein paar Jahren aber die Lust verliert. Die Rettung naht in Form von ein paar Kerzen auf dem Esstisch ...

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    1. ...und Rotwein. Für's Setting unabdingbar.

      (Danke dir)

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  3. Hallo Annika,

    das würde aber voraussetzen, dass die eine sich endlich die Wahrheit eingesteht und die andere ein echtes Interesse an dieser Freundschaft hat.

    Manche Freundschaften und Beziehungen "funktionieren" nur, solange beide an der Oberfläche bleiben und kein größerer Aufwand als kluge Ratschläge zu geben, betrieben werden muss :)

    Liebe Grüsse
    Clara

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    1. Mir unbegreiflich. Das sind doch Gespräche, nach denen man sich erst recht die Kugel geben will.

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  4. Die beiden sind keine Freundinnen. Sie sind Konkurrentinnen, die sich insgeheim freuen, wenne es der anderen nicht gut geht. Das lässt das eigene häusliche Elend weniger schlimm und leichter aushaltbar erscheinen.

    Du hast einen so klugen Blick auf die Welt, finde ich.
    Toller Text!

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    1. Vielen Dank!

      Wahrscheinlich hast du Recht.

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    2. Dass Du wahrscheinlich Recht hast, bezog sich natürlich auf den ersten Satz.

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  5. Es ist ja leider so, dass diese Beobachtung zwar ganz besonders trefflich beschrieben ist, aber beileibe kein Einzelfall. Wer Augen und Ohren offen hält, freiwillig oder unfreiwillig, wird das immer wieder erleben.

    (Was bin ich froh, dass mir ein solches Schicksal erspart geblieben ist!)

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    1. Na ja, das hätte man ja eventuell in der Hand... also die Ausgestaltung einer Beziehung ;)

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  6. Vielleicht ist es aber auch der gewünschte Idealzustand aller beteiligten Parteien.
    Ich kenne einige Menschen, die sich in jeder Form von Unannehmlichkeit geradezu suhlen und dort aufblühen. Vattern auf dem Sofa trägt die "Irgendwann ins Museum"-Monstranz vor sich her, Muttern will tausend Tipps um sie konsequent zu ignorieren (von der Wirksamkeit romantikfördernder Kerzen nicht zu reden). Es geht allen prima! davon bin ich überzeugt. Es ist einfach eine andere Sorte Mensch. Problemorientiert eben. :)
    Dass sie damit ihrer anders gearteten Umgebung auf die Eierstöcke gehen bleibt unbenommen.

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    1. "Vielleicht ist es aber auch der gewünschte Idealzustand aller beteiligten Parteien"
      Mit Sicherheit ist er das, sonst würden sie ja anders miteinander sprechen. Es zwingt sie ja niemand, so einen bullshit von sich zu geben.
      Oder es ist einfach Unvermögen auf allen Ebenen.

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  7. Dass man Männern (oder Menschen) nur mitteilen muss, welche Dinge man sich wünscht, und schon werden sie simsalabim erfüllt, wäre mir neu. Ich zum Bsp. erfülle grundsätzlich keinen Wunsch. Wenn man einmal damit anfängt, kommt man aus der Nummer nicht mehr raus.

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    1. Verehrtester, ich hoffe, du übertreibst aus dramaturgischen Gründen, ja? Nein?
      ;))

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  8. Ja natürlich! in Wahrheit kennt man mich doch in Frauenkneipen nur als the gift (to the women of this world). (Au backe.. wenn ich jetzt nicht aufpasse,.. reite ich mich immer tiefer rein..)

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    1. Okay, demnächst teile ich dir meine Wünsche mit ;)

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